Dax-Ausblick: Tendenz unklar

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EinsamerSam.:

Dax-Ausblick: Tendenz unklar

 
23.01.06 07:30
Dax-Ausblick: Tendenz unklar

Nach einem Rekordstand – der Dax knackte die 5 500er-Marke – gaben die Aktienkurse in den zurückliegenden Tagen auf ganzer Linie nach. Ob die Abwärtsbewegung am deutschen Aktienmarkt auch in der kommenden Woche fortdauert, darüber ist sich die Expertenwelt uneins.

HB FRANKFURT. Der Markt könnte in der kommenden Woche von positiven Überraschungen der Dax-Berichtssaison profitieren und sich von seinen Verlusten wieder erholen, meinen die einen. Andere rechnen hingegen mit einer Fortsetzung der Korrektur. Einig sind sich die Anlageexperten indes in einem Punkt: Über das Wohl und Wehe an den Aktienmärkten entscheiden in der nächsten Zeit die Geschäftszahlen der Unternehmen aus Deutschland und auch den USA. Allein dort werden 129 Unternehmen aus dem S&P 500 ihre Zahlen vorlegen. Die kommende Woche stellt zumindest zahlenmäßig den Höhepunkt der laufenden Berichtssaison dar. Im Verlauf der vergangenen Woche hat der Deutsche Aktienindex etwas mehr als ein Prozent an Wert verloren. Zeitweise fiel der Leitindex bis auf rund 5360 Punkte.

„Ich bin optimistisch. Im Dax dürfte es in der kommenden Woche wieder in Richtung 5 500 Punkte gehen“, sagt Volker Borghoff, Aktienstratege bei HSBC Trinkaus & Burkhardt. Die Ausblicke der Unternehmen für 2006 sollten besser als erwartet ausfallen, was den Markt stützen könne. Auch wichtige Konjunkturdaten wie der am Mittwoch anstehende Ifo-Geschäftsklimaindex dürften nicht enttäuschten. Die Kursschwankungen der vergangenen Tage erklärt der Aktienstratege mit der Nervosität des Marktes vor der Berichtssaison.

Optimisten erwarten positive Überraschungen

Der Leiter der Kapitalmarktanalyse der Fondsgesellschaft Dit, Hans-Jörg Naumer, ist ebenfalls optimistisch für den Dax in der kommenden Woche. Auch er sieht die Marke von 5 500 Punkten in Reichweite. „Die Erwartungen an die Geschäftszahlen sind etwas heruntergeschraubt worden, daher dürften die Berichte eher für positive Überraschungen sorgen“, sagt er.

Doch sie könnten noch einmal – getreu dem Motto „sell on good news“ – für Verkaufsdruck sorgen, meinen die Aktienstrategen der Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP). Sie werten die aktuelle Bewegung als „überfällige“, letztlich „gesunde“ Konsolidierung, nachdem die internationalen Aktienmärkte über Monate nur die Aufwärtsrichtung gekannt hätten. „In der jüngsten Entwicklung dürfte sich aber noch keine generelle Trendwende zu nachhaltig fallenden Aktienkursen widerspiegeln“, vermuten die Beobachter.

Skeptischer Blick

„Anleger sind sicherlich nun gut beraten, die Aktienentwicklung etwas skeptischer zu betrachten“, meinen hingegen die Börsenspezialisten des Stuttgarter Bankhauses Ellwanger & Geiger. Vor allem der Dax verliere relativ zu anderen Märkten an Attraktivität. „Der Markt ist nicht mehr so billig.“ Von der kommenden Dividenden-Saison erhoffen sich die Analysten eine dürftige Stütze; sie „dürfte den Gesamtmarkt noch etwas seitwärts tendieren lassen.“ Doch grundsätzlich negativ sehen auch sie die Lage nicht: „Sollte es zu weiteren Kursrückschlägen kommen, sind insbesondere die Branchen Logistik (Deutsche Post, TNT), Chemie (Lonza, Solvay) und Rohstoffe (Anglo American, Rio Tinto und Eni) klare Käufe“ heißt es in der aktuellen „Marktmeinung aus Stuttgart“.

Auch Aktienstratege Günter Senftleben von der Bankgesellschaft Berlin äußert sich eher zurückhaltend, insbesondere im Blick auf die Geschäftszahlen der Firmen. „Insgesamt ist die Eröffnung der internationalen Bilanzsaison ja eher enttäuschend gewesen. Ich glaube, dass das Signalcharakter hat und wir auch noch eine Reihe Enttäuschungen sehen werden“, sagt er. „Die Erwartungen der in den vergangenen Quartalen verwöhnten Anleger sind inzwischen teilweise überzogen.“

Vor allem die Entwicklung an den Rohstoffmärkten macht Analysten Sorgen, sogar den Bullen unter ihnen. Zuletzt hat der Preis für ein Barrel Leichtöl wieder deutlich zugelegt und lag am Freitag über 67 Dollar. „Öl bleibt ein wenig der Angstgegner“, urteilt sogar Optimist Naumer.

Ernüchternde Unternehmenszahlen

Die ersten Unternehmenszahlen der Berichtssaison ermutigt Bären ebenfalls nicht, die Sichtweise zu wechseln. Die Geschäftszahlen des Chip-Riesen Intel hatten bereits enttäuscht; allerdings revidierte AMD den Eindruck gleich am folgenden. Den vermeintlichen Umsatzrückgang der gesamten Branche werten Beobachter nun als Verschiebung von Marktanteilen von Intel hin zu AMD. Dies und das „Beige Book“ der Federal Reserve habe für deutliche Entspannung gesorgt.

Gleiches in der Pharma-Branche: Während Novartis enttäuschte, überraschte Pfizer positiv. Per Saldo sprechen Marktteilnehmer von bislang „durchwachsenen“ Ergebnissen. Sie taugten weder als Grund für Käufe noch für Verkäufe. Gepaart mit den politischen Spannungen um den Iran, der sich ausbreitenden Vogelgrippe und dem steigenden Ölpreis münde dies in einer vorsichtigen und abwartenden Haltung der Investoren.

Technische Analyse

„Der Dax hat durch seinen Rückfall den Aufwärtstrend verlassen“, erklären die Strategen des Stuttgarter Bankhauses Ellwanger & Geiger in ihrem Wochenausblick. Momentan halte noch die Unterstützungslinie von 5 350 Punkten. Wenn sie fällt, sehen sie die nächste Unterstützungslinie bei 5 160 Punkten. Andere Techniker verweisen auch die 5 310er-Marke. Wenn sie hält, sei ein neuer Aufschwung bis 5 480 möglich. Erst nach Überwinden dieses Widerstands werde das Bild wieder deutlich positiver.

Die Experten von Ellwanger & Geiger machen allerdings auch in anderen Börsen Abwärtstrends aus. „Der Stoxx 50 hat bereits seine Unterstützungslinie von 3 380 Punkten unterschritten“, merken sie an. Sie erachten die nächsten Tage als entscheidend dafür, ob das Kursbarometer zu der alten Unterstützungslinie zurückkehren kann. Der Dow Jones Index habe seine alte Wiederstandsmarke von 11 000 Punkten nur kurzfristig überschritten. Er sei nun wieder in den Seitwärtskanal vom Oktober letzten Jahres mit der alten Unterstützungslinie von 10 660 Punkten zurückgekehrt.

Internationaler Kontext

Den Blick auf die internationalen Zusammenhänge lenken auch die LRP-Strategen. Den jüngsten Kurseinbruch in Japan erklären sie mit „einer extrem überhitzten Marktphase“. Nur in einer solchen hätte der als Begründung herangezogene Skandal um den Internetwert Livedoor eine derartige Wirkung entfalten können.

Auf Jahressicht bleiben die Landesbank-Strategen optimistisch. Die Perspektiven der internationalen Aktienmärkte und insbesondere der heimischen Börse würden sich unverändert positiv darstellen. „Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis ist der deutsche Leitindex trotz der Kursgewinne 2005 weiterhin niedrig bewertet, da es zeitgleich zu einem signifikanten Anstieg der Unternehmensgewinne kam“, sagen die Analysten. Die Kurszuwächse des vergangenen Jahres seien nur zu einem kleinen Teil von einer höheren Bewertung getragen gewesen.

Chancen am Markt

Doch wie läuft die Entwicklung in den nächsten Tagen? Index-Investments werden nur noch wenig abwerfen“, meinen manche Börsianer. Stock-Picking sei ab jetzt angesagt. Vertreter dieser Ansicht verweisen auf die extrem hohe Volatilität der Einzeltitel in Dax, TecDax und MDax in den vergangenen Tagen. Während sich die Indizes nur moderat veränderten, zeigten Einzelwerte Tagesschwankungen von vier, fünf oder gar sieben Prozent – darin nicht eingerechnet die haussierenden Solarwerte.

Als aussichtsreiche Aktien werden von Analysten Siemens, Pfleiderer, Douglas und IKB genannt. Bei Adidas wäre nach Überschreiten des alten Allzeithochs bei rund 169 Euro der Weg frei nach oben. Commerzbank gilt bei einigen Beobachtern als angeschlagen, die Kursentwicklung der Papiere der Deutschen Börse als ausgereizt.

Termine der kommenden Woche

In der kommenden Woche präsentiert am Mittwoch SAP seine Geschäftsergebnisse. Umsatzzahlen hatte der Softwarekonzern kürzlich bereits veröffentlicht. Am Mittwoch stehen zudem Umsatzzahlen des Pharma- und Spezialchemiekonzerns Altana an. Am Donnerstag wird schließlich der Quartalsbericht des Dax-Schwergewichtes Siemens erwartet.

In den USA geht die Berichtssaison in der kommenden Woche in die heiße Phase unter anderem mit Zahlen der Autobauer Ford (Montag) und General Motors (Donnerstag) sowie des Computerkonzerns Microsoft (Donnerstag). Gespannt dürfte der Markt am Donnerstag auch auf die Jahreszahlen des finnischen Handyherstellers Nokia blicken.

Die Technologiebranche dominiert die kommende Woche: Am Montag steht Philips auf der Agenda, am Dienstag folgen ST Microelectronics, Sun Micro, Infineon sowie Wincor Nixdorf. Am Donnerstag werden Anleger auch den Bericht von IDS Scheer mit Interesse zur Kenntnis nehmen. Auch Air Liquide und Fiat berichten. Die Woche beschließen am Freitag ThyssenKrupp und Porsche sowie die englische BOC. Sie wirkt als Vergleichsunternehmen auf Linde.

Bei den Konjunkturdaten dominieren der ifo- Geschäftsklimaindex und der Chicago-Fed-National-Activity-Index am Mittwoch. Am Donnerstag folgen die US-Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter und am Freitag das Bruttoinlandsprodukt der USA für das vierte Quartal.

Quelle: HANDELSBLATT, Samstag, 21. Januar 2006, 19:51 Uhr

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