Furcht vor Deflation lähmt deutsche Wirtschaft
Politiker, Banker und Gewerkschafter warnen. Scharfe Kritik kommt von der EZB. Finanzminister Eichel wiegelt ab
Berlin - Führende Politiker, Banker und Gewerkschafter haben gestern eindringlich vor einer drohenden Deflation in Deutschland gewarnt. Es sei zu befürchten, dass Angstsparen und fallende Preise die Wirtschaft noch weiter lähmten. Yves Mersch, Mitglied im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), sagte: "Es kann durchaus sein, dass Deutschland in den kommenden zwölf Monaten eine Deflation bekommt." Herbe Kritik übte der luxemburgische Notenbankpräsident daran, dass Deutschland die europäischen Stabilitätskriterien verfehle. Als größte Volkswirtschaft im Euro-Raum müsse Deutschland "das einhalten, was man versprochen hat. Und das nicht erst, wenn die Karre im Dreck sitzt."
Die Gefahr einer "schleichenden Deflation" sei "außerordentlich ernst zu nehmen", betonte Verdi-Chef Frank Bsirske. Wenn jetzt auch der Internationale Währungsfonds auf das Deflationsrisiko hinweise, "dann gibt es allen Grund, gegenzusteuern". Dabei komme der EZB herausragende Bedeutung zu. Bsirske: "Es kann kein Zufall sein, dass Länder wie Großbritannien und Schweden, die nicht in den Stabilitätspakt eingebunden sind, deutlich bessere ökonomische Daten vorweisen als die Staaten in Euroland."
Das Hin und Her um immer neue Vorschläge müsse aufhören, forderte die Vorsitzende des Bundestags-Finanzauschusses, Christine Scheel (Grüne). Der Kanzler stehe im Wort, "dass jetzt Strukturreformen kommen. Dann fassen die Menschen wieder Vertrauen, das Angstsparen hört auf, und es wird wieder mehr gekauft. Dann wird niemand mehr über eine Deflationsgefahr reden."
Ihr Stellvertreter im Vorsitz, Carl-Lugwig Thiele (FDP), sieht Deutschland schon "in einer Deflation". Die Wirtschaftsleistung sei in den ersten drei Monaten um 0, 2 Protent gesunken: "Das ist die zweite Rezession in zwei Jahren, weil Rot-Grün die Steuern erhöht, und Arbeit verteuert." Das Gegenteil sei nötig, um die Deflation zu überwinden. Hohe Arbeitslosigkeit, Angstsparen und Konsumverweigerung führten "zu einem ruinösen Wettbewerb", mahnte der Vorsitzende der Mittelstandsunion, Hans Michelbach (CSU): "Das alles sind deutliche Zeichen einer Deflation."
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) spielte die Gefahr herunter. Spekulationen über Deflation seien "unverantwortliches Gerede". Deflation gebe es nur, wenn die Preise "auf breiter Front" fielen: "Das ist nicht der Fall."
Internationale Rating-Agenturen haben der Bundesregierung mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit gedroht. "Wenn die ins Auge gefassten Reformen nicht so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden, erhöht das den Druck auf das Rating weiter", warnt Kreditanalyst Kai Stukenbrock von der Rating-Agentur Standard & Poor's.
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann fordert die schnelle Umsetzung der von der Bundesregierung angekündigten Reformen. "Wir sind in einer sehr schwierigen Phase, in der die ganze Welt auf Deutschland schaut. Ich kann nur hoffen, dass der Kanzler mit den Reformen, die lediglich erste Schritte sein können, Erfolg hat. Gelingt die Umsetzung der angekündigten Reformen nicht, wäre das für Deutschland extrem negativ und würde in der Welt nicht verstanden", sagte Ackermann. cos/fwm/-ng
Politiker, Banker und Gewerkschafter warnen. Scharfe Kritik kommt von der EZB. Finanzminister Eichel wiegelt ab
Berlin - Führende Politiker, Banker und Gewerkschafter haben gestern eindringlich vor einer drohenden Deflation in Deutschland gewarnt. Es sei zu befürchten, dass Angstsparen und fallende Preise die Wirtschaft noch weiter lähmten. Yves Mersch, Mitglied im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), sagte: "Es kann durchaus sein, dass Deutschland in den kommenden zwölf Monaten eine Deflation bekommt." Herbe Kritik übte der luxemburgische Notenbankpräsident daran, dass Deutschland die europäischen Stabilitätskriterien verfehle. Als größte Volkswirtschaft im Euro-Raum müsse Deutschland "das einhalten, was man versprochen hat. Und das nicht erst, wenn die Karre im Dreck sitzt."
Die Gefahr einer "schleichenden Deflation" sei "außerordentlich ernst zu nehmen", betonte Verdi-Chef Frank Bsirske. Wenn jetzt auch der Internationale Währungsfonds auf das Deflationsrisiko hinweise, "dann gibt es allen Grund, gegenzusteuern". Dabei komme der EZB herausragende Bedeutung zu. Bsirske: "Es kann kein Zufall sein, dass Länder wie Großbritannien und Schweden, die nicht in den Stabilitätspakt eingebunden sind, deutlich bessere ökonomische Daten vorweisen als die Staaten in Euroland."
Das Hin und Her um immer neue Vorschläge müsse aufhören, forderte die Vorsitzende des Bundestags-Finanzauschusses, Christine Scheel (Grüne). Der Kanzler stehe im Wort, "dass jetzt Strukturreformen kommen. Dann fassen die Menschen wieder Vertrauen, das Angstsparen hört auf, und es wird wieder mehr gekauft. Dann wird niemand mehr über eine Deflationsgefahr reden."
Ihr Stellvertreter im Vorsitz, Carl-Lugwig Thiele (FDP), sieht Deutschland schon "in einer Deflation". Die Wirtschaftsleistung sei in den ersten drei Monaten um 0, 2 Protent gesunken: "Das ist die zweite Rezession in zwei Jahren, weil Rot-Grün die Steuern erhöht, und Arbeit verteuert." Das Gegenteil sei nötig, um die Deflation zu überwinden. Hohe Arbeitslosigkeit, Angstsparen und Konsumverweigerung führten "zu einem ruinösen Wettbewerb", mahnte der Vorsitzende der Mittelstandsunion, Hans Michelbach (CSU): "Das alles sind deutliche Zeichen einer Deflation."
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) spielte die Gefahr herunter. Spekulationen über Deflation seien "unverantwortliches Gerede". Deflation gebe es nur, wenn die Preise "auf breiter Front" fielen: "Das ist nicht der Fall."
Internationale Rating-Agenturen haben der Bundesregierung mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit gedroht. "Wenn die ins Auge gefassten Reformen nicht so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden, erhöht das den Druck auf das Rating weiter", warnt Kreditanalyst Kai Stukenbrock von der Rating-Agentur Standard & Poor's.
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann fordert die schnelle Umsetzung der von der Bundesregierung angekündigten Reformen. "Wir sind in einer sehr schwierigen Phase, in der die ganze Welt auf Deutschland schaut. Ich kann nur hoffen, dass der Kanzler mit den Reformen, die lediglich erste Schritte sein können, Erfolg hat. Gelingt die Umsetzung der angekündigten Reformen nicht, wäre das für Deutschland extrem negativ und würde in der Welt nicht verstanden", sagte Ackermann. cos/fwm/-ng