An: sharewiz, auch Herr Timm ist der Meinung, daß 37,4€ zuwenig sind:
Gerade erhielt ich von:
Christa Scholl
Berliner Effektengesellschaft AG
Kurfürstendamm 119 10711 Berlin
Tel. 030-896 06 469
Fax 030-896 06 468
E-mail cscholl@effektengesellschaft.de
per mail folgenden offenen Brief:
Berlin, den 30.5.2000
Offener Brief an die Aktionäre der Berliner Effektengesellschaft
Mit ad-hoc-Meldung vom 29.5.2000 hat die Berliner Effektengesellschaft bekanntgegeben, daß sie mit der CONSORS Discount Broker AG eine strategische Allianz eingehen wird und eine Mehrheitsübernahme durch Consors in Höhe von 53% erfolgen wird.
Das gesamte Vertragswerk ist sehr komplex und besteht aus mehreren Transaktionsschritten. Offenkundig ist bei unseren Aktionären eine allgemeine Verunsicherung eingetreten, da die Hintergründe nicht verstanden werden. Insbesondere ist wohl nicht hinreichend transparent geworden, wie positiv sich das gesamte Vertragswerk gerade für die freien Aktionäre der Berliner Effektengesellschaft auswirken wird.
Ich werde daher in dieser Stellungnahme versuchen, die Wogen zu glätten und die offenen Fragen zu beantworten.
Als Ausgangslage möchte ich zunächst darlegen, daß der Vorstand der BEG bereits seit mehreren Jahren strategisch darauf hingearbeitet hat, unserer Gesellschaft eine solche einmalige Allianz zu ermöglichen. Die Geschäftsfelder zur Errichtung einer Retail-Börse wurden rechtzeitig und schnell vorangetrieben (Einführung aller NASDAQ-Titel in Berlin, Tradegate e.t.c.) und frühzeitig darauf hingewiesen, daß die Zeit der unabhängigen kleinen Maklerfirmen in Deutschland schon bald zu Ende gehen wird. Wir erleben derzeit die Fusionen zwischen Banken, Finanzdienstleistern, Börsen, ECN´s auf den unterschiedlichsten Ebenen. Für unsere Gesellschaft war es von Anfang an keine strategische Option, uns auf die Übernahme bzw. Fusion mit anderen Maklergesellschaften zu fokussieren. Der langfristige Erfolg oder Mißerfolg unserer Gesellschaft wird davon bestimmt, ob es uns gelingen kann, maßgebliche Ordervolumen auf unsere Maklergesellschaft zu leiten. Insoweit waren andere Übernahmeangebote auch für 100% durch internationale Gesellschaften für uns nicht interessant, CONSORS als unser ohnehin größter Kunde dagegen unser absoluter Wunschpartner. Wir haben darüber hinaus gemeinsam mit CONSORS vereinbart, daß die neue Allianz offen für weitere wichtige strategische Partner sein soll und führen auch bereits Verhandlungen.
Als weiteres Phänomen waren wir mit der Tatsache konfrontiert, daß unsere Gesellschaft trotz erheblichen Gewinnwachstums und ausgezeichneter Ergebnisse einen unerfreulichen Kursverfall im vergangenen Jahr gesehen hat und derzeit im Verhältnis etwa zu den online-brokern eine sehr niedrige Bewertung im Markt erfährt.
Diese niedrige Marktbewertung auch anderer Finanzdienstleister ist nach unserer Auffassung im wesentlichen auf zwei Ursachen zurückzuführen:
1. Die weitere Zukunft der Maklergesellschaften wurde im Markt angesichts internationaler Handelsplattformen generell in Frage gestellt und der Öffentlichkeit konnte nicht klar gemacht werden, wodurch sich gerade unsere Gesellschaft von anderen Finanzdienstleistern unterscheidet.
2. Die BEG-Aktie hatte überhaupt kein research-coverage durch die maßgeblichen Investmentbanken und konnte daher auch keine wichtigen instittutionellen Investoren gewinnen.
Beide Ursachen sind mit der bekanntgegebenen Transaktion schlagartig beseitigt. An der nunmehr sogar ungleich besseren Zukunftsperspektive unserer Gesellschaft kann kein Zweifel mehr bestehen und die Investmentbanken werden uns nun covern müssen allein schon deshalb, weil unser Ergebnis künftig auch in der CONSORS-Konzernbilanz konsolidiert wird.
Ausgehend von dieser strategischen Betrachtung wurde nunmehr ein Vertragswerk mit CONSORS ausgehandelt, daß sich an den Interessen unserer Gesellschaft und natürlich auch ihrer freien Aktionäre orientiert.
Schritt 1: Consors garantiert eine Kapitalerhöhung in Höhe von 5% und übt auch alle verfügbaren Optionsscheine zum ersten Ausübungszeitraum aus (weitere Kapitalerhöhung in Höhe von 5%). Damit werden der Gesellschaft Barmittel von rund 40 Mio € zufließen, die ein komfortables Polster für unsere Zukunftsinvestitionen bilden.
Zwischenanmerkung: Nur auf Grund der uns bekannten Tatsache, daß wir vor einem solchen Vertragsabschluß stehen haben wir für das vergangenen Jahr eine Vollausschüttung im Sinne der bisherigen Aktionäre beschlossen. Neu auszugebende Aktien an Consors bzw. andere neue Aktionäre sind natürlich nicht dividendenberechtigt.
Schritt 2 : Es wird ein Aktientausch zwischen BEG und CONSORS aus genehmigten Kapital unter Ausschluß des Bezugsrechtes stattfinden. Diesen Aktientausch wollten wir auf keinen Fall zu groß ausfallen lassen, um eine zu große Verwässerung der freien Aktionäre zu vermeiden und um unser KGV nicht in die Höhe zu treiben. Das Tauschverhältnis zwischen den Gesellschaften können wir uns nicht aussuchen, sondern es muß für beide Gesellschaften durch Wertgutachten unterlegt sein, wird sich daher an Durchschnittskursen beider Aktien orientieren.
Schritt 3 : Um die oben genannte Verwässerung möglichst klein zu halten, habe ich mich als Großaktionär bereit erklärt, entsprechend viele Aktien in Consors-Aktien zu tauschen, um auf die Zielgröße von 53% für Consors zu kommen. Ich habe langjährige Haltevereinbarungen für Aktien beider Gesellschaften und habe mich auch verpflichtet, langjährig als Vorstand in unseren Konzerngesellschaften zur Verfügung zu stehen. Dadurch, daß Consors die Mehrheit erwirbt, kann ich den Tausch zunächst steuerneutral durchführen und muß keine Aktien verkaufen, um anfallende Steuern zu bezahlen. Mein Tauschverhältnis ist ein weit ungünstigers, was für mich angesichts der hervorragenden Perspektiven beider Gesellschaften und meiner sehr langfristigen Halteabsicht keine Rolle spielt.
Mit diesen drei Schritten wäre die Transaktion zunächst abgeschlossen und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß irgend jemand behaupten könnte, dies sei aus Sicht unserer Interessenlage nicht nachvollziehbar. Da CONSORS aber den Übernahmekodex des Neuen Marktes unterschrieben hat, muß auch an die freien Aktionäre ein Tauschangebot gemacht werden. Dieses muß weiterhin auf Basis unseres Höchstkurses der letzten drei Monate (37,4€) erfolgen. Das Tauschverhältnis kann natürlich erst zum Zeitpunkt des Angebotes festlegt werden. Ich bin zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses offen gestanden überhaupt nicht auf die Idee gekommen, daß irgendein freier Aktionär überhaupt nur in Erwägung ziehen könnte, dieses Angebot anzunehmen. Letztlich muß unser Kurs zunächst mit 37,4 € nach unten abgesichert sein und normalerweise müßte sich im Markt immer ein besseres Verhältnis als durch das offizielle Angebot ergeben. Ich werde an dieser Stelle daher auch grundsätzlich nicht anraten, das Tauschangebot anzunehmen obwohl ich von beiden Gesellschaften langfristig überzeugt bin. Ein (Teil-)tausch kommt allenfalls für sehr große Aktionäre in Frage, die eine Risikostreuung vornehmen möchten und deren Positionen liquiditätsmäßig nicht im Markt zu tauschen sind. Ich weise auch auf folgenden Umstand hin: CONSORS hat nicht die Absicht weitere Anteile über die 53% hinaus zu erwerben. Wir bleiben also eine selbständige und börsennotierte Gesellschaft, die nach menschlichen Ermessen in Zukunft im Markt endlich eine faire Bewertung erfahren sollte. Soweit freie Aktionäre das Angebot annehmen, muß ich im letzten Schritt weniger Aktien tauschen und mein Anteil an der BEG bleibt höher. Der Anteil von CONSORS bleibt immer bei der Zielgröße von 53%.
Ein weiterer Punkt ist mir wichtig und muß erläutert werden. Wir haben eine sehr ertragsstarke Gesellschaft. Der Vorstand ist in der Verantwortung gegenüber allen Aktionären einschließlich CONSORS, daß dies auch so bleibt. Es wird also keine Gewinnverlagerungen von BEG an CONSORS geben. Ich glaube das ist selbstverständlich. Unser Gewinn wird von CONSORS ja ohnehin in der Konzernbilanz konsolidiert. Wenn wir von Kostenvorteilen für Privatkunden an der geplanten Online-Börse sprechen sind das selbstverständliche und normale geschäftspolitische Erwägungen, die im internationalen Wettbewerb unumgänglich sind. Sinkende Gewinnmargen können aber am ehesten von uns durch entsprechend hoffentlich überproportionale Umsatzzuwächse kompensiert werden.
Ich bin der festen Überzeugung, daß der Vertragsabschluß mit CONSORS ein großer und wichtiger Meilenstein in der Geschichte unserer Gesellschaft ist und den Impuls für viele kundenorientierte Produktinnovationen geben wird. Dies wird hoffentlich schnell sichtbar werden und von allen Aktionären nachvollzogen werden können. Im Übrigen ist es uns gelungen, mit der Berliner Effektenbank einen weiteren Konzernbereich in unserem Interesse sinnvoll in die Verträge einzubinden. Auch der Berliner Effektenbank werden erhebliche Barmittel zufließen und erschließen sich weit bessere Perspektiven.
Kurz zusammengefaßt darf ich sagen: der "Lotse" geht nicht von Bord, sondern bleibt weiter unternehmerisch tätig, ich habe nicht verkauft oder in irgendeiner Form "Kasse gemacht", unsere Gesellschaft bleibt selbständig bestehen aber mit deutlich verbesserten Zukunftsaussichten, die freien Aktionäre sind in keiner Weise benachteiligt worden, sondern ihre Interessenlage ist bezüglich Gewinnausschüttung und Kursphantasie mit höchster Priorität berücksichtigt worden und wir sind all unseren langjährigen Visionen ein gehöriges Stück näher gekommen.
Ich bin bekanntermaßen durchaus immer für angebrachte Kritik empfänglich aber muß in diesem Fall wirklich eine sachliche und objektive Beurteilung der getroffenen Vereinbarungen anmahnen. Wenn CONSORS gleichlautende Verträge mit einer anderen Maklergesellschaft bzw. in einer anderen Konstellation eine Allianz abgeschlossen hätte wäre für unsere Aktionäre ganz sicher Selters statt Sekt angebracht gewesen. Insoweit stellt sich die Frage nach Zukunftsperspektiven jetzt für andere. Vor uns liegen dagegen erhebliche Herausforderungen, die wir mit bekanntem Schwung, Mut und Zuversicht angehen werden.
Bis zu unserer hoffentlich gut besuchten Hauptversammlung verbleibe ich
Ihr Holger Timm
Vorstandsvorsitzender der Berliner Effektengesellschaft
Haiopeis.