Computer im Aktienhandel - Gefahr für die Händler

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Computer im Aktienhandel - Gefahr für die Händler

 
26.08.06 19:21
Von Rolf Benders

Erst hat der Einsatz von Computern an der Börse den Parketthandel nahezu verdrängt, nun droht er den Händlern bei den Banken den Arbeitsplatz streitig zu machen. Doch die internationalen Börsen profitieren vom wachsenden Einsatz von Computern im Aktienhandel.

FRANKFURT. Allein im elektronischen Handelssystem Xetra der Deutschen Börse stieg der Anteil der Orders, die autonom von Rechnern generiert wurden, zuletzt auf 30 Prozent. 2003 waren es nur knapp 15 Prozent. Bis Ende 2007 sollen Expertenschätzungen zufolge mehr als 40 Prozent des weltweiten Aktienhandels von Computern bestimmt werden. Ein Trend, der im Fachjargon wegen des Einsatzes mathematischer Algorithmen „Algo Trading“ genannt wird.

„Algo Trading wird in Zukunft einen immer größeren Anteil der Börsengeschäfte ausmachen und die Umsätze der Börsenkonzerne langfristig steigen lassen“, sagte Heiko Frantzen, Analyst beim Bankhaus Sal. Oppenheim. Da die Programme sowohl in steigenden als auch in fallenden Märkten nach über- oder unterbewerteten Aktien, Bonds, Devisen und Rohstoffen suchten, sei ein klarer Trend zu einem langfristigen Wachstum der Börsenumsätze abzusehen. Getrieben wurde dieser Trend zunächst von klassischen Vermögensverwaltern, mittlerweile sind vor allem Hedge-Fonds für das Wachstum beim computergestützten Börsengeschäft verantwortlich.

Hinter dem Handel durch in Software gegossene Algorithmen steckt im Grunde eine simple Idee: Die An- und Verkaufsgebote an der Börse werden vom Rechner laufend anhand mathematischer Modelle auf Unter- oder Überbewertung überprüft. Entdeckt das Programm – ein so genannter Sniper (engl. für Heckenschütze) – eine solche Order, „schießt“ es seinerseits einen Gegenauftrag ins Handelssystem der Börse.

Zu Beginn des „Algo Tradings“ Ende der 90er-Jahre war ein solches System ein Garant für Erfolg. Heute, da viele solcher Maschinen entsprechende Gewinnchancen suchen, gilt eine „Trefferquote“ von 15 bis 20 Prozent als ausgezeichnet. „Die Geschwindigkeit der Ausführung ist sehr wichtig und bringt große Vorteile“, sagt Manny Santayana, zuständiger US-Manager vom Marktführer Credit Suisse.

Tatsächlich geht es um Millisekunden. Der Grund: Obwohl sich Informationen in den Glasfasernetzen mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten, benötigt eine Order für 100 Kilometer Kabel ungefähr eine Millisekunde. Der Computer, der also am schnellsten rechnet und die schnellste Datenleitung zur Börse nutzt, kommt als erster zum Ziel. „Mittlerweile befinden sich bestimmte Kundengruppen in einem High-Tech-Rennen um die besten Algorithmen, die schnellsten Leitungen und die besten Rechner“, sagt Gerhard Leßmann, Vorstand beim Systemhaus der Deutschen Börse.

Deshalb bietet die Börse seit kurzem Banken und Brokern an, ihre Server direkt ins hauseigene Rechenzentrum zu stellen. Dort haben sie die schnellste Verbindung ins Handelssystem, müssen aber dafür auch extra zahlen.

Banken setzen „Algo Trading“ zunehmend auch als Angebot für ihre Kunden und zur Kostensenkung ein. „Die Nachfrage nach computergestützter Abwicklung der Orders durch unsere Kunden wächst“, sagte Christin Himmler, Leiter des Kundenhandels bei der Deutschen Bank. Früher nutzen große institutionelle Anleger einen Händler, den so genannten „Execution Trader“, einer Bank, um eine Order so unbemerkt wie möglich am Markt zu platzieren. Diese Aufgabe übernehmen nun zum Teil die Algorithmen im Computer, dem zum Beispiel ein Fondsmanager via Datenleitung eine Order schickt.

Der Rechner übernimmt dann die Arbeit, diese mit möglichst wenig Auswirkungen auf den Kurs im Markt zu platzieren. Während Himmler und Santayana dadurch keine Gefährdung von Arbeitsplätzen sehen, weil sich die Händler auf die Beratung der Kunden konzentrieren können, sehen das andere kritischer. „Die Einführung der Maschinen hat über die Jahre 20 bis 30 Prozent der Stellen im reinen Execution Trading gekostet“, sagte der Vorstand einer großen internationalen Investmentbank.


HANDELSBLATT, Samstag, 26. August 2006, 18:51 Uhr
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