Galaktische Gemeinschaft Chaos Computer Club wird 20
Von Elke Ahlswede
Der Verein sei "eine galaktische Gemeinschaft von Lebewesen", heißt es auf der Internet-Site des Chaos Computer Club (CCC). "Kabelsalat ist gesund" lautet das Motto neben dem Logo in Computer-Form, aus dem ein hoffnungslos verknotetes Bündel von Leitungen hervorquillt. Ein "Sprachrohr für alle Hacker der Welt" will der CCC sein, der am Mittwoch seinen 20. Geburtstag feiert. Alles begann damit, dass sich eine paar Computer-Freaks den Weg in fremde Netze und damit einen Namen in der Branche verschafften. Inzwischen propagieren zu Medien-Stars avancierte CCC-Mitglieder zudem die Freiheit der Information im weltweiten Datennetz. Offiziell gegründet worden sei der CCC 1981 in Berlin in den Räumen der alternativen Tageszeitung "taz", lässt die per konventionellem Telefon kaum zu erreichende Hacker-Vereinigung Interessierte in E-Mail-Newslettern wissen. Seit 1986 sei der CCC ein eingetragener Verein mit Sitz in Hamburg. Doch bekannt sei der Hacker-Club geworden, weil seine Mitglieder "in mehr oder weniger spektakulären Aktionen EDV-Systeme in den Bereichen Datensicherheit und Datenschutz auf ihre Integrität prüften". Hinter der blumigen und fast bescheidenen Beschreibung verbergen sich Hacker-Coups, die den CCC auch über die Grenzen Deutschlands hinweg berühmt gemacht haben. So sollen CCC-Hacker 1984 über Videotext in das Computer-System einer Bank in Hamburg eingedrungen sein und das Institut um Zehntausende Mark ärmer gemacht haben. Sie sollen das Geld später zurückgegeben und sich mit der Publicity begnügt haben, die sie damals durch die weltweite Berichterstattung erlangten. Längst werden ehemalige Hacker als Sicherheitsexperten in der Industrie beschäftigt, während ihre noch unabhängigen Mitstreiter im sportlichen Ehrgeiz weiter die Verletzbarkeit vermeintlich sicherer Systeme anprangern. Längst ist der CCC eine Lobby-Gruppe geworden, die sich immer wieder unüberhörbar für grenzenlose Freiheit auf den Datenautobahnen einsetzt. Und längst ist mit Andy Müller-Maguhn ein Club-Mitglied in das mehr Aufsicht als nach Anarchie anstrebende Internet-Kontrollorgan ICANN gewählt worden, wo er aber gemäß CCC-Tradition trotzdem weiter gegen Kommerzialisierung und Kontrolle des Webs wettert. Der CCC versteht sich laut Satzung "als ein Forum der Hackerszene, eine Instanz zwischen Hackern, Systembetreibern und der Öffentlichkeit". Er setze sich grenzüberschreitend für die Informationsfreiheit ein und beschäftige sich mit den Auswirkungen von Technologien auf die Gesellschaft sowie das einzelne Lebewesen. Schließlich fördere er das Wissen um diese Entwicklung. Eine "Hacker-Fahrschule" zu sein, weist der Club aber weit von sich. Auf die Frage "Wie werde ich Hacker?" werden die Aspiranten zunächst aufgefordert, ihren Internetzugang über kommerzielle Anbieter zu kündigen, um in der Szene nicht schon deshalb als "Loser" (Verlierer) dazustehen. Doch danach wird es komplizierter, und der CCC erwartet von Cyber-Cracks mit Chance zur Aufnahme, dass sie eigentlich schon alles können, was man für den Weg in fremde Netze können muss. Nicht zuletzt wegen dieses durchaus elitären Anspruchs dürfte die Zahl der Mitglieder mit schätzungsweise unter 2000 überschaubar sein. Zu den jährlich im Dezember veranstalteten "Chaos-Communication-Congress" wurden allerdings im vergangenen Jahr rund 3000 Besucher erwartet. Der CCC gibt vierteljährlich die Zeitschrift "Datenschleuder" heraus und bestreitet eine monatliche Radiosendung auf dem Brandenburger Sender "Fritz". Zum Jubiläum zeigt der CCC eigenen Angaben zufolge von Mittwoch bis Sonntag in der Congress-Halle am Alexanderplatz in Berlin "eine Ausstellung über 20 Jahre Chaos, Diskord und Spaß am Gerät".