Bei der Valuierung von Cancom muss man zwischen dem klassischen IT-Systemhausgeschäft und den Cloud-Dienstleistungen unterscheiden. Cancom erzielt traditionell den weitaus größten Teil seiner Umsätze im Systemhausgeschäft. Auch heute ist das noch so. Allerdings machen Cloud-Services mittlerweile ein Drittel der Profite aus.
Der Systemhausmarkt ist, wie Du zurecht bemerkst, ein ziemlich schäbiger Markt:
- Margen im 5% Bereich (wenn's gut läuft)
- extrem fragmentierter Markt
- sehr hoher Konkurrenzdruck/Preisdruck auf der Kundenseite
- große Zulieferer mit ebenfalls hoher Nachfragemacht/Preisdruck auf der Einkaufsseite (Microsoft, Apple, HP,...)
- sehr zyklisch
- große Konkurrenten wie Bechtle, die Skalenvorteile haben und bessere Einkaufsbedingungen verhandeln können
Insgesamt also ein sehr undankbarer Markt und alles andere als "high tech". Allerdings hat Cancom sich in diesem schwierigen Marktumfeld dort gut entwickelt. Wie oft in schwierigen Märkten ist eine Konsolidierung in vollem Gange und Cancom kauft bereits seit Jahren kleinere Konkurrenten mit schwacher Marge auf, die dann integriert und mit den Größenvorteilen Cancoms profitabel gemacht werden.
Der Cloud-Markt ist ganz anders:
- hohe Kundenbindung da Servicegeschäft (niemand wechselt gerne seine IT-Infrastrukture)
- für die großen Cloud-Player sind die Zielkunden von Cancom oft zu klein
- im Vergleich zu kleineren Konkurrenten (z.B. andere Systemhäuser wie Bechtle) hat Cancom die bessere Technologie (schlüsselfertige Private Cloud), die sowohl auf Qualitäts- als auch auf Kostenseite Vorteile hat
- folgerichtig sind die Margen hier bei 20-30%
Für eine Valuierung von Cancom muss man Cloud und Systemhaus trennen, also einen entsprechenden Faktor für das KGV vom Systemhausteil und Cloudteil anwenden. Ich hatte sowas hier im Forum schonmal skizzenhaft berechnet. Damals ergab sich unter der Annahme eines KGV 15 für den Systemhausteil ein implizites KGV von etwa 50 für die Cloud. Weil mir das zu hoch wurd, habe ich Cancom damals bei 38 verkauft. Bin dann später bei knapp über 30 wieder eingestiegen, hab aber einige Monate danach ebenfalls bei 38 (aus den gleichen Valuierungsgründen) wieder verkauft.
Dem Muster nach müsste ich jetzt bei knapp über 30 wieder einsteigen. Mach ich aber vorerst nicht, da im Luafe der letzten Monate klar wurde, dass die Analystenschätzungen was den Impact der letzten Übernahmen angeht, wohl überzogen waren. Das von Hauck und Aufhäuser geschätzte EPS für 2014 wird Cancom anscheinend sehr klar verfehlen.
Ich denke trotzdem, dass Cancom mit der Private Cloud ein sehr starkes Produkt hat. Und mit der HP Kooperation und dem US-Geschäft sind auch potenzielle Wachstumstreiber da. Allerdings ist mir die Aktie bei momentanem Stand der Dinge dennoch etwas zu teuer um wieder reinzugehen.
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