Kommentiert: zu den Spekulationen über BP
von Cindy Bach
"Läuft BP tatsächlich Gefahr, als Folge der größten Umweltkatastrophe in den USA zerschlagen zuwerden?
Muss sich die britische Industrieikone, die
innerhalb von zweieinhalb Monaten die Hälfte ihres
Börsenwerts verlor, mit einem strategischen Investor
verbünden, um dieses Schicksal abzuwenden?" Diese
Fragen stellt sich Carsten Steevens von der
"Börsen Zeitung" und versucht sie in seinem
brandaktuellen Kommentar zu beantworten. Viel
Spaß beim Lesen!
"Derzeit scheint kaum etwas undenkbar zu
sein, wie die hektischen Spekulationen der
vergangenen Tage über den Ölkonzern zeigen.
Sogar die britische Regierung soll nicht mehr
nur auf diplomatischem Wege unterwegs sein,
um Leute wie den US-Präsidenten davon
abzuhalten, den Marktwert von BP weiter in
den Keller zu reden. Von einem Notfallplan ist
die Rede, sollte das Unternehmen auch noch
zum Ziel unerbetener Übernahmeversuche von
Rivalen werden.
Zunächst: Dem Konzern muss es schleunigst
gelingen, den Ölfluss aus dem Bohrloch im
Golf von Mexiko zu stoppen. Solange an dieser
Stelle keine Ruhe einkehrt, gibt es keine
Grundlage für die Berechnung der
Belastungen, die auf BP noch zukommen
werden. Ob der Cash-flow und der Verkauf
einiger Vermögenswerte ausreichen, um die
Kosten stemmen zu können, ist fraglich. Die
Verbindung mit einem strategischen Investor,
einem Staatsfonds aus dem Mittleren oder
Fernen Osten etwa, wäre insofern in der
jetzigen Phase stabilisierend. Denn zum einen
böte sie Schutz vor einer Übernahme und
Filetierung, zum anderen behielte BP die
Kontrolle über die strategische Marschroute in
eigener Hand. Eine Kapitalerhöhung mit der
Folge verwässerter Anteile wird der Ölkonzern
seinen Altaktionären allerdings nicht zumuten
können. Denn die müssen sich neben nicht
realisierten Kursverlusten schon auf einen
Dividendenausfall in diesem Jahr einstellen.
Allein die Streichung der Dividende bis
Jahresende, die auf politischen Druck in den
USA zurückzuführen ist, schlägt ins Kontor -
was die britische Regierung auf den Plan rufen
muss. Denn BP steht mit
Gewinnausschüttungen von zuletzt 10,5 Mrd.
Dollar im Jahr für etwa ein Siebtel der Erträge,
die Pensionsfonds auf der Insel von den 100
größten britischen Unternehmen erhalten. Das
Modell der kapitalgedeckten Altersvorsorge,
für das sich Großbritannien anderswo feiern
lässt, hat mit dem Fall BP Kratzer erhalten. Die
Folgen werden sich bei kommenden Wahlen
zeigen. Vorher schon könnte es für die BP-
Führung ziemlich eng werden."