Subventionssumpf Solarstrom – Wie die Ökoindustrie das Geld der Verbraucher abzocktAutor : Frank Brendel, Mike Lingenfelser
Sie treiben die Strompreise hoch – das Kartellamt hat dafür neue Belege. Die Energieriesen machen Riesen-Gewinne, die Politik ist hilflos, den Stromkunden reicht es endgültig.
report MÜNCHEN-Umfrage:
„Das ist ganz reine bittere Abzocke!“
„Das ist ungeheuerlich! Dass die Regierung da nichts machen kann, das ist ganz furchtbar.“
„Ich nehme an, dass alternative Energie, was auch immer das sein mag, Wind und Solar eine Perspektive ist.“
Perspektive Solarstrom. Er verspricht Unabhängigkeit von den Energiekonzernen, Klimaschutz und Arbeitsplätze. Doch auch das Erneuerbare Energiengesetz ermöglicht dank Subventionen zweifelhafte Millionenprofite – diesmal bei der Solarindustrie.
Manuel Frondel, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung: "Unter dem Deckmäntelchen des Klimaschutzes machen hier einige wenige Unternehmen Millionengewinne auf Kosten der Verbraucher – letztendlich wird damit ein auf Jahrzehnte angelegtes Milliarden-Subventionsgrab geschaufelt, ein Subventionsgrab das noch viel tiefer ist als das der heimischen Steinkohle."
Die Solar-Branche boomt jedenfalls. Der Anlagenhersteller Solarworld ist ein besonders schillerndes Beispiel. Solarworld-Chef Frank Asbeck ist ein reicher Mann. Er fährt einen Maserati mit 300 PS.
Frank Asbeck: "Der Mensch ist eben widersprüchlich. Ich fahre den Maserati ungeheuer gerne. Und irgendwer muss doch das restliche Öl aufbrauchen, damit die Solarindustrie nach vorne kommt."
Der Börsenstar hat auch ein Schlösschen in Bonn. Der Aktienkurs ist um mehrere tausend Prozent gestiegen, dreistelliger Millionengewinn im letzten Jahr inklusive. Neue Mitarbeiter bekommen schon mal einen Goldbarren geschenkt. Doch wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Es sind die Solarbefürworter selbst, die jetzt Alarm schlagen. Mit Pionierprojekten für subventionierten Sonnenstrom in Aachen hatten sie das Erneuerbare Energien Gesetz mit auf den Weg gebracht, jetzt ärgern sich die Vorreiter darüber, was daraus geworden ist.
Philippe Welter, Herausgeber Fachzeitschrift Photon: "Die Solarförderung war dazu gedacht, möglichst schnell, möglichst viel Solarstrom zu produzieren, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Derzeit ist es so, dass die Preise unnötig hoch sind, die Industrie verdient sehr viel Geld und der Verbraucher zahlt die Zeche."
Verkommt die saubere Energie zu einem sinnlosen Subventionswahnsinn? In Deutschland sind die Subventionen für Solarstrom extrem hoch: Wer sich heute eine Anlage aufs Dach setzt und damit Strom ins Netz einspeist, bekommt dafür rund 50 Cent pro Kilowattstunde „Einspeisevergütung“ bezahlt – acht mal so viel wie Strom aus einem herkömmlichen Kraftwerk kostet. Und das 20 Jahre lang garantiert. Die anderen Stromkunden müssen diese Kosten über entsprechend erhöhte Strompreise teuer bezahlen. Und diese Zusatzkosten geraten außer Kontrolle. Das renommierte Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung gibt uns exklusiv Einblick in seine neueste wissenschaftliche Studie: Demnach müssen Stromkunden allein für die bis Ende 2007 eingebauten Solaranlagen Zusatzkosten von 20 Milliarden Euro zahlen. In drei Jahren wären es bereits 28 Milliarden Euro. Ist es die gute Sache wert? Es sind 20 Milliarden Euro für bisher sehr wenig. Denn der Anteil des Solarstroms an der Gesamtstromerzeugung ist mit rund 0,5 Prozent so klein, dass wir ihn auf dieser Grafik kaum einzeichnen können. Und eben so klein ist deshalb auch der Klimaschutzbeitrag durch Solarstrom.
Manuel Frondel, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung: "20 Milliarden Euro für so eine geringe Solarstromerzeugung – sie bewegt sich im Promillebereich der gesamten Stromerzeugung in Deutschland. Bei einem Alkoholiker würde man sagen: Das ist ein ziemlich teurer Rausch."
Wohin geht das ganze Geld? Wegen der extrem hohen Einspeisevergütung können Hersteller die Solarmodule zu sehr hohen Preisen verkaufen. Sie haben es nicht nötig, ihre sinkenden Herstellungskosten an die Käufer weiter zu geben, weil es sich für die Käufer dank hoher Einspeisevergütung auch noch rechnet. Rund viereinhalbtausend Euro muss man in Deutschland pro Kilowatt Leistung zahlen. Doch laut einer Studie der verbraucherorientierten Branchenexperten von Photon liegen die tatsächlichen Herstellungskosten bei nur rund 2.800 Euro. Liegt darin das Geheimnis der Rekord-Gewinne? In Berlin treffen wir den Cheflobbyisten der Solarwirtschaft. Wir wollen wissen, warum die Solarmodule in Deutschland teuerer sind als im Ausland.
Karsten Körnig, Bundesverband Solarwirtschaft: "Wir haben Rohstoffpreise, die wir nicht beeinflussen können. Aluminium, Kupfer, Stahl sind auf den weltweiten Rohstoffmärkten, teilweise haben sich die Preise hier in den letzten Jahren verdoppelt. Gleichzeitig sind die Finanzierungskonditionen härter geworden."
Manuell Frondel, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung: "Nicht die hohen Rohstoffkosten sind der wahre Grund für die hohen Preise, sondern die künstlich angeheizte Nachfrage sind der Grund dafür, dass die Preise hoch sind. Man müsste also nur die Einspeisevergütung senken, um diese künstliche Nachfrage zu senken und damit auch die Preise zu senken."
Genau deshalb plant Bundesumweltminister Gabriel, die Einspeisevergütung stärker abzusenken als bisher: Statt jährlich fünf Prozent sollen stufenweise sieben und später acht Prozent weniger Solar-Subventionen fließen, plus eine einmalige Kürzung von einem Cent pro Kilowattstunde. Doch das ist zu wenig und zu langsam, um Druck auf die Solarmodulhersteller auszuüben, warnen die Wissenschaftler vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung. Wir wollen Minister Gabriel mit dieser Forderung konfrontieren. Doch ein Interview-Termin mit report MÜNCHEN wird abgelehnt. Wir lassen nicht locker und versuchen ihn auf einer Vernissage im Berliner Hotel Adlon zu befragen.
report MÜNCHEN: "Wir haben Sie durch die Scheibe gesehen, dass Sie da sind. Mein Name ist Lingenfelser, report MÜNCHEN. Wir machen einen Film über Sie und Ihre neues Gesetz, Erneuerbare Energien Gesetz, die Novelle…"
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, SPD: "Wissen Sie, was Sie am besten machen: Das, was alle Journalisten machen: Zu einem Fachthema bei uns in der Pressestelle anrufen und sich einen Termin geben lassen."
report MÜNCHEN: "Habe ich versucht."
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, SPD: "Dann haben Sie wohl Pech gehabt."
Politiker und die Branche argumentieren gerne damit, dass die Solarsubventionen ja wenigstens deutsche Arbeitsplätze schaffen. Wir wollen wissen wo?
Manuell Frondel, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung: "Zunächst muss man sagen, dass diese Förderung ohnehin eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ist, auch in Deutschland. Darüber hinaus muss man noch sagen, dass wir vor allen Dingen Arbeitsplätze im Ausland subventionieren, weil wir nämlich die Mehrheit der Solaranlagen, die auf deutsche Dächer kommen, aus dem Ausland importieren, vor allen Dingen aus Japan und aus China."
Und prompt finden wir in China Solarmodulhersteller, die von den deutschen Subventionen profitieren: zum Beispiel die Firma Yingli-Solar, 3000 Arbeitsplätze sind bei Yingli bereits entstanden, 6000 sollen es in den nächsten drei Jahren werden. Hier freut man sich über den Stammkunden Deutschland. Solarstrom-Subventionen außer Kontrolle – neben den großen Stromgiganten hat nun auch die hoffnungsvolle Solarindustrie ein Imageproblem. Schade eigentlich.