Liebe Leserinnen und Leser,
MARKTSENTIMENT & KONJUNKTUR Das erste Erholungsmomentum ist vorbei. Letzte Woche ging an der
Wall Street eine fuenfwoechige Rallye zu Ende. Nun nimmt die Un-
sicherheit, vor allem auch auf geopolitischer Ebene, wieder deut-
lich zu.
Die verschaerfte UN-Resolution gegenueber dem Irak birgt nach
Einschaetzung vieler Marktteilnehmer eine erhoehte Kriegsgefahr,
was den Oelpreis wieder in die Hoehe treibt, was wiederum die
Konjunktur, die sich ohnehin schon von ihrer schwachen Seite
zeigt, zusaetzlich belastet.
Dass sich Hussein peinlich genau an den Anforderungskatalog der
17. UN-Resolution halten wird (die letzten 16 hat er gebrochen),
ist fraglich, was in Verbindung mit der offensichtlichen Vermu-
tung, dass die USA ohnehin einen Machtwechsel im Irak anstreben,
die Kriegsgefahr bis Beginn des kommenden Jahres deutlich stei-
gen laesst.
Dieses Mal ist, im Gegensatz zum letzten Golfkrieg, zu befuerch-
ten, dass Hussein umfangreiche Vorkehrungen trifft (Zeit hat er
dieses Mal ja genug), soviel Oelressourcen und Explorationsan-
lagen seines Landes und seiner Nachbarstaaten zu zerstoeren, wie
ihm moeglich sein wird.
Ob dies tatsaechlich so eintreten wird, kann niemand sagen. Auch
werden die restlichen OPEC-Staaten die Oelversorgung aufrecht
erhalten, denn sie koennen das Oel schliesslich nicht aufessen,
sondern muessen es am Weltmarkt platzieren. Doch ist es vor
allem die Angst, welche den Oelpreis ansteigen laesst und damit
die Weltkonjunktur abwuergt.
Was wir nun also sehen, ist die Angst vor der Angst. Vor diesem
Hintergrund erscheint das Aufwaertspotential bis Jahresende doch
tendenziell eher limitiert zu sein. Gleiches gilt im Hinblick
auf die weltweit weiterhin zunehmenden Rezessions- und Defla-
tionstendenzen.
MITTEL-/LANGFRISTIGER AUSBLICK
Als sehr problematisch sehen wir vor allem die konjunkturelle
Entwicklung in den USA als weltweitem Impulsgeber an, denn die
FED hat ihr Pulver komplett verschossen. Das Hauptproblem ist
folgendes: Lange Jahre konnte die FED die Konjunktur steuern,
indem sie die Zinsen stets soweit senkte, um Konsum und Unter-
nehmensinvestitionen durch verbilligte Kreditausgaben zu stimu-
lieren.
Nun jedoch steigt die Sparquote in den USA ungeachtet des nie-
drigen Zinsniveaus, da die Menschen langfristig um ihren Ar-
beitsplatz fuerchten muessen - das ist sehr, sehr gefaehrlich
fuer die Konjunktur. Zieht die Konjunktur nun nicht langsam
wieder an, hat die FED ein Riesenproblem, denn sie hat keine
Reserve mehr, den Privatkonsum, der immerhin zwei Drittel des
US-BIP ausmacht, zu subventionieren.
Parallel dazu ist die Verschuldung der Privathaushalte jedoch
deutlich angestiegen, US-Buerger muessen inzwischen weit mehr
als 10% ihres Haushaltseinkommens zur Schuldentilgung verwenden,
auch vor diesem Hintergrund ist fraglich, wo eine Wirtschafts-
erholung kurz- und mittelfristig herkommen soll.
Aber auch bei den Unternehmensinvestitionen ist noch kein Hoff-
nungsschimmer in Sicht, denn die niedrigen Zinsen verpuffen zum
einen teilweise durch die zunehmend restriktive Kreditvergabe
der Banken, die sich selbst genuegend Problemen ausgesetzt se-
hen, ferner verteuert sich derzeit fuer die meisten Unternehmen
die Refinanzierung ganz erheblich, da die Bonitaetsratings fuer
die meist hochverschuldeten Unternehmen sinken, von den Schief-
lagen der Pensionsfonds, die im S&P in 2003 mindestens 6% der
Unternehmensgewinne auffressen werden, ganz zu schweigen.
Das naechste Problem, das sich ankuendigt, ist die Deflation
(das Gegenteil von Inflation). Wenn die Leitzinsen auf dem nie-
drigsten Niveau seit mehr als 40 Jahren notieren und kaum Wirt-
schaftswachstum zu verzeichnen ist, rueckt das Japan-Syndrom
bedenklich nahe. Deflation ist toedlich fuer die Konjunktur,
denn Konsum- und Investitionsausgaben werden aufgeschoben, da
"in Zukunft alles billiger wird".
Auch die demografischen Parameter, wie der langsame Eintritt der
Baby-Boomer-Generation in die Sparphase (in Richtung Rentenal-
ter) und der auslaufende Technologiezyklus (Wandel des Erstbe-
schaffungsmarktes im Bereich PC & Telecom in einen Ersatzwett-
bewerb) lassen fuer die naechsten Jahre keinen neuen Wirt-
schaftsboom erwarten.
In makrooekonomischer Hinsicht sehen wir keinerlei Anlass zur
Euphorie, allerdings sehen wir auch kein gewaltiges Abwaertspo-
tential mehr, da das rezessive Wirstchaftsszenario in den Kursen
bereits weitgehend enthalten ist, so dass wir die Aktienmaerkte
in den naechsten 3-5 Jahren in einer definierten Tradingrange
erwarten. Diese kann zwar von hoher Volatilitaet gekennzeichnet
sein, wir glauben aber nicht, dass die Core-Indizes in den
naechsten Jahren anualisierte Performance-Veraenderungen von
mehr als 10-12% aufweisen werden.
IN EIGENER SACHE: Unserer Meinung nach befinden wir uns in den
naechsten Jahren in einem ausgepraegten Trading-Markt. Aktien
muessen also GEHANDELT werden und nicht gehalten. Die Buy-and-
Hold-Strategie wird sich auch in den kommenden 2-4 Jahren als
verlustbringend erweisen. Grundsaetzlich ist in Tradingmaerkten
die Charttechnik extrem wichtig. Wir verweisen in diesem Zusam-
menhang auf unseren neuen Boersenbrief (www.dercharttrader.de),
von dem wir glauben, dass er Anlegern helfen wird, die Heraus-
forderungen des Marktes in den naechsten Jahren erfolgreich zu
meistern.
Herzlichst,
Ihre Aktienservice.de-Redaktion