Der Urlaub war wie es ja auch in den meisten Fällen so ist, sehr schön. Sonne satt, Strand und Meer. Keine Sorgen keinen Kummer.
Mein Depot habe ich vorher komplett glatt gestellt und große Sorgen, daß ich was verpassen könnte habe ich mir ehrlich gesagt auch nicht gemacht.
Das einzige was mich mit der Börse verband war ein Taschenbuch von André Kostolany was ich vor zwei Jahren zum Geburtstag geschenkt bekommen habe und bisher nur überflogen hatte. Ich habe mich köstlich amüsiert, nicht weil ich den andauernden Kursrutsch so schön finde, sondern weil der alte, gute Kosto am Ende meistens recht bekommt.
Kostolany ist in meinen Augen nie einer gewesen der behauptet hätte die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben, auch er hat mehr oder weniger klein angefangen und einige Fehler gemacht.
In seinem Buch erzählt er unter der Überschrift: „Auch ich fing klein an“ wie es bei ihm anfing:
“Ich habe gewiß ein sehr schlechtes Gedächtnis, besonders für Ziffern und Namen, aber an meine ersten Börsengeschäfte werde ich mich, wie Don Juan an sein erstes Abenteuer, immer erinnern.
Ende der zwanziger Jahre hatte ich in Paris mein erstes Börsenerlebnis. Der Tip kam vom Bürodiener unserer Firma. Die erste Riesenaktion: Barkauf von zwei Aktien der französischen Eisenerzgesellschaft Laurium zu rund 400 Franc und der Kreditkauf von 25 Aktien der englisch-portugisischen Minengesellschaft Mocambique zu 30 Franc das Stück.
Die Tendenz war ganz auf Hausse gerichtet. Es war eine Einbahnstraße, wie hätte es auch anders sein können im Rausch der Inflation. Man mußte nur heute kaufen und morgen verkaufen oder morgen kaufen und übermorgen verkaufen. Leicht konnte ich mit den beiden Aktien mein Stammkapital verdoppeln.
Nur Ideen muß man haben, dachte ich und war der festen Überzeugung, die Börse sei die größte Erfindung der Welt.... ....Mit meinem verdoppelten Kapital kaufte ich wieder auf den Rat des Dieners 25 Maltzoff- und 25 Lianosoff-Aktien, die trotz des Kommunismus in Rußland noch immer an der Börse in Paris notiert wurden. Sie waren eigentlich wertlos, aber in der Euphorie war es gleichgültig, ob eine Aktie wertlos war oder nicht, Hauptsache man konnte darin spielen. Natürlich stiegen die Nonvaleurs wie auch alles übrige. Mein Geld verdoppelte sich wieder, und ich war plötzlich ein Minikapitalist mit einer Barschaft von sage und schreibe 200 Dollar, deren Kaufkraft heute 30000 Mark entsprechen würde.
Da mein Erfolg moralisch und materiell vollkommen war, wollte ich den Ort des Geschehens aufsuchen. Einer meiner Kollegen übernahm die ehrenvolle Pflicht, mich mit meiner neuen Liebe, der Börse, in physischen Kontakt zu bringen. Es kam ihm ungefähr so vor, als führe er einen jüngeren Freund zum ersten Mal ins ‚Maison de Joie‘.
Doch meine damaligen Eindrücke waren nicht besonders gut. Alles kam mir spanisch vor. Es wurde ein unverständlicher Jargon gesprochen, komische Worte, mysteriöse Ziffern. Hunderte von Menschen, greise und junge, rasten von einer Telefonzelle in die andere, flüsterten vertrauliche Informationen in die Ohren der Männer, die am Telefon hingen.
Sie sprachen mit London, Amsterdam oder Mailand. In einer Stadt kauften sie Aktien in der andern verkauften sie sie wieder. Sie spekulierten nicht auf Kursverschiebungen in der Zeit, sondern auf Preisdifferenzen im Raum, zum Beispiel zwischen Paris und London. Ich verstand nichts von diesem Tohuwabohu, nur eins hörte ich ganz klar heraus: Das jeder den besten Tip besaß, daß jeder ein Prophet war oder mindestens ein Genie.
An diesen Tagen war ich ein Wickelkind an der Börse, aber etwas gefiel mir nicht. Ich hatte den Eindruck, alles sei Bluff. Die zerfahrenen Erklärungen der Tips schienen mir kindisch, primitiv und ohne jede Logik und Überlegung. Mein Entschluß war gefaßt. Wenn alle á la Hausse spekulieren, dann muß ich haargenau das Gegenteil machen.... ....Dieser erste Börsenentschluß entschied mein Schicksal für die nächsten Jahre. Ob es Spürsinn war oder einfach nur Glück, eine erfolgreiche Periode meines Lebens hatte begonnen. Die Jahre die nun kamen, waren die finstersten Zeiten der Wirtschaftsgeschichte..."
Man muß nur an 1998 und 1999 zurück denken um die Parallelen zu erkennen. Auch damals mußte man im Prinzip nur heute kaufen und morgen verkaufen oder morgen kaufen und übermorgen verkaufen und was kommt jetzt???
Erst sprach man von einem möglichen V-förmigen Verlauf aus (wieder steigende Kurse in der zweiten Jahreshälfte 2001), jetzt geht man mehr von einem U-Förmigen Verlauf aus (erst Anfang 2002 wieder steigende Kurse) und ich meine, daß die Kursverluste zu hoch sind für einen schnellen Trendwechsel.
mfG: Speculator