Bilanzfälschungen beim Plüschtier Galileo

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Kicky:

Bilanzfälschungen beim Plüschtier Galileo

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18.05.06 23:14
Nie produziert, nie geliefert, die Käufer erfunden: Die insolvente Plüschtier-Firma Nici soll über Scheingeschäfte gestolpert sein.
Von Uwe Ritzer und Klaus Ott  Die Geschäfte mit dem WM-Maskottchen „Goleo“ sind offenkundig nicht die Ursache für die überraschende Pleite der oberfränkischen Nici AG. Wie die Süddeutsche Zeitung erfuhr, sind Wirtschaftsprüfer bei dem Plüschtier- und Geschenkartikelhersteller in großem Umfang auf Scheinrechnungen und manipulierte Lieferscheine gestoßen.
Es steht der konkrete Verdacht im Raum, dass diese für Nici-Produkte ausgestellt wurden, die überhaupt nicht produziert und verkauft wurden. Diese Scheinforderungen an erfundene Käufer wurden dem Vernehmen nach von Verantwortlichen des Unternehmens an Factoring-Gesellschaften von Banken verkauft.
Wohin das dabei eingenommene Geld geflossen ist, ist unklar. Der für Nici durch die bilanziellen Luftbuchungen entstandene Fehlbetrag könnte etliche zehn Millionen Euro betragen.
In Zusammenhang mit diesen Manipulationsvorwürfen durchsuchten Staatsanwälte und Polizei am Donnerstag sechs Objekte, darunter die Nici-Zentrale in Altenkunstadt und das Privathaus des geschassten Vorstandschefs Ottmar Pfaff.
Die Staatsanwaltschaft in Hof wollte die Durchsuchungen weder bestätigen noch dementieren und kündigte für diesen Freitag eine Erklärung an.

Der vorläufige Insolvenzverwalter Michael Jaffé sagte am Donnerstag, er arbeite zusammen mit seinem Team mit Hochdruck daran, die tatsächlichen Umsätze zu ermitteln und Nici zu sanieren, um die Firma zu retten.Nici hat 576 Beschäftigte. „Die Hausbanken unterstützen die Fortführung des Unternehmens, ebenso wie die Belegschaft und die Kunden und Lieferanten, mit denen wir bislang gesprochen haben.“

Bei ihm hätten sich bereits zahlreiche Investoren aus dem In- und Ausland gemeldet, die an Nici interessiert seien. Auch lasse sich jetzt schon sagen, dass die Insolvenz nichts mit dem WM-Maskottchen zu tun habe.

„Am verkauf von „Goleo“ liegt es überhaupt nicht. Die Lager sind voll und wir verkaufen Goleo mit Hochdruck, im In- und Ausland.“

Kein Kommentar war von der Nürnberger Gesellschaft Rödl & Partner zu erhalten, deren Wirtschaftsprüfer die fingierten und weiterverkauften Rechnungen nach SZ-Informationen bei der Überprüfung des Nici-Jahresabschlusses für 2005 entdeckt haben.

Sie konfrontierten damit Firmenchef Pfaff und den Aufsichtsrat der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft.Dieser enthob Pfaff sofort seines Amtes. Die möglicherweise geschädigten Banken kündigten Nici wegen der Vorgänge die Zusammenarbeit auf, woraufhin der „Goleo“-Hersteller zahlungsunfähig wurde und Insolvenzantrag stellen musste.

Unklar ist, ob Pfaff noch an der Nici AG beteiligt ist. Er hatte das Unternehmen 1986 mit seiner damaligen Frau Marina gegründet. Das Paar ist seit 1997 getrennt; Marina Pfaff gehört als Designchefin weiter dem Nici-Vorstand an.
Lizenzgebühr an Fifa
Nici scheint schon länger in Schieflage geraten zu sein. Mehrere Produktreihen, darunter eine Ferrari-Plüschkollektion und „Paule“, das Maskottchen des Deutschen Fußballbundes (DFB), sollen sich schlechter verkauft haben als erwartet.
Zum WM-Maskottchen „Goleo“ erklärte der Weltfußballverband Fifa, Nici habe mit dem WM-Löwen bereits „ein Mehrfaches der Lizenzgebühr“ als Umsatz erwirtschaftet. Wie die Fifa weiter erklärte, habe Nici nur zwei bis drei Millionen Euro Lizenzgebühr für das Maskottchen gezahlt.
Dabei handelt es sich offenbar aber nur um die fix vereinbarte Lizenzgebühr. Obendrauf kommt jedoch – je nach Umsatz – ein variabler Zuschlag. www.sueddeutsche.de/wirtschaft/
bobbycar:

Es gibt schon bemerkenswerte Aussagen in der

 
19.05.06 04:44
Unternehmswelt. Eine davon ist sicherlich diese:

„Am verkauf von „Goleo“ liegt es überhaupt nicht. Die Lager sind voll und wir verkaufen Goleo mit Hochdruck, im In- und Ausland.“
Kicky:

und die Belegschaft ist angeschissen

 
20.05.06 23:55
„Niemand hat vorher etwas geahnt“, sagt der Bürgermeister von Altenkunstadt.Vermutlich hat sich niemand auch nur in kühnsten Träumen vorstellen können, dass in den Gebäuden der Nici AG am Ortsrand der knapp 6000 Einwohner großen Gemeinde nicht nur ein weltweit erfolgreicher Hersteller von Plüschtieren und Geschenkartikeln residiert, sondern auch eine bizarre Scheinwelt.
Die Staatsanwaltschaft in Hof verdächtigt das Unternehmen, seit dem Jahr 2000 Scheinrechnungen an Kunden über angebliche Lieferungen von Nici-Artikeln in Höhe von insgesamt 55,172 Millionen Euro geschrieben zu haben. Die Scheinrechnungen seien an so genannte Factoring-Gesellschaften weitergereicht worden, die sich vornehmlich im Besitz von Banken befinden.Solche Finanzfirmen kaufen in großem Stil Forderungen auf, um sie später einzutreiben. Die Finanzfirmen überwiesen, so erste Ermittlungsergebnisse, 40,485 Millionen Euro an Nici. Ob dieses Geld ins Unternehmen floss, um dort die Bilanzen zu schönen, oder ob es in privaten Kanälen versickerte, ist offen.

„Das ist, wie wenn man heiße Luft in Dosen füllt, Geschenkpapier drum herum wickelt und das dann mehrmals verkauft“, beschrieb der vorläufige Insolvenzverwalter Michael Jaffé den Hausbanken das System. Ein stattliches Aufgebot von Staatsanwälten und Polizeibeamten durchsuchte am Donnerstag bis in den späten Abend hinein sechs Objekte in Süddeutschland, darunter die Nici-Firmenzentrale sowie das Privathaus des Unternehmensgründers und langjährigen Vorstandschefs Ottmar Pfaff, den der Aufsichtsrat eine Woche vorher geschasst hatte.

Am Abend weilte der Spezialist für knifflige Fälle Jaffe bereits in Altenkunstadt, um den Betrieb aufrecht zu erhalten und die Belegschaft zu beruhigen. Bewegende Szenen spielten sich ab, eine langjährige Mitarbeiterin brach in Tränen aus, und immer wieder fragten Werksangehörige, was denn nun die Aktien noch wert seien.
Jaffé wunderte sich, warum die Beschäftigten beinahe mehr noch als um ihre Arbeitsplätze um die Aktien bangten, bis er nach und nach erfuhr, dass sich in der oberfränkischen Provinz eine ganz besondere Tragödie abspielt, die das Ausmaß anderer Pleiten weit übertrifft.
Die Belegschaft hat eigenes Geld in das Unternehmen gesteckt, manche Mitarbeiter haben Freunde und Verwandte überredet, das ebenfalls zu tun, und leitende Angestellte haben sich teilweise hoch verschuldet, als sie Aktien kauften. Sechs Millionen Euro flossen so in den Betrieb.
Die Beschäftigten investierten, offenbar auf Initiative von Vorstandschef Pfaff, ihren Jahresbonus; immerhin ein zusätzliches Monatsgehalt. 700.000 Euro kamen auf diese Weise für eine Wandelanleihe zusammen, die 2008 ausgezahlt werden sollte, je nach Wunsch entweder in bar oder in Form von Aktien.Bis zu 320.000 Euro gaben sie ihrer Firma
Die Anleihe war so gut verzinst, dass Mitarbeiter gemeinsam mit Angehörigen und Freunden weitere 2,3 Millionen Euro zeichneten. Am schlimmsten trifft es knapp 20 leitende Angestellte, die sich seit Ende 2002 mit insgesamt fünf Prozent an Nici beteiligten.
178 Euro kostete eine Aktie. Zwischen 64.000 und 320.000 Euro investierten die einzelnen Führungskräfte.
Sie hatten sich fast das ganze Geld zuvor bei Banken besorgt, viele von ihnen stehen nun vor dem Ruin. Die Aktien sind so gut wie nichts mehr wert.
Im Insolvenzfall werden normalerweise erst die Banken ausbezahlt. Anschließend folgen die übrigen Gläubiger, und was dann noch übrig bleibt, erhalten die Inhaber, also die Aktionäre. Meist bleibt nichts mehr übrig. 88 Prozent der Nici-Anteile hält der Pfaff-Clan, allein 26 Prozent der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft auf Familienbasis gehören dem schwer beschuldigten Ottmar Pfaff,der in den siebziger Jahren einmal dreieinhalb Jahre auf einer Basis der US-Luftstreitkräfte im texanischen El Paso Dienst tat.
sueddeutsche Zeitung
Bilanzfälschungen beim Plüschtier Galileo 41334
Kicky:

25 Leute wühlen in Aktenordnern

 
21.05.06 12:33
Altenkunstadt. Nachdem Jaffé am Dienstag dort eingetroffen war, suchte er mit Wirtschaftsprüfern, Anwälten, Steuerexperten und anderen Spezialisten aus seiner Kanzlei sogleich nach der Ursache für das Desaster, um Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Erst waren zehn Leute im Einsatz, jetzt sind es schon 25, die sich bis spät in die Nacht durch Hunderte von Dateien und Ordnern wühlen. Es ist die reinste Detektivarbeit; anders lässt sich nicht herausfinden, was der Plüschtier-Produzent in den vergangenen Jahren tatsächlich verkauft hat, und was nur auf dem Papier in den Handel ging.

Jede Menge „Luftbuchungen“ hat Jaffé entdeckt, mit denen der Umsatz künstlich aufgebauscht wurde; aber auch viel Substanz, mit der sich das Unternehmen retten lasse. Das ist ja das verwunderliche an Nici.
Der Scheinrechnungen hätte es gar nicht bedurft, der Goleo-Fabrikant hätte auch so überleben können, wenn nur solide gewirtschaftet worden wäre, glaubt der Insolvenzverwalter. Über die Gründe für das möglicherweise kriminelle Treiben rätselt auch er noch.

Am Donnerstag hat Jaffé in München den Hausbanken von Nici seine ersten Erkenntnisse vorgetragen, fünf Stunden lang. Am Ende waren auch gestandene Banker, die schon viel erlebt haben, zum Beispiel die Pleite bei Kirch, bass erstaunt über die Schattenwirtschaft in Altenkunstadt.

Auch die Hypo fiel auf sie herein

„So etwas haben wir noch nicht erlebt“, sagten hinterher einige der gut 40 Teilnehmer an dieser Runde, die in einer Filiale der Deutschen Industriebank getagt hatte.

Nici-Vorstandschef Pfaff habe eine Art „zweites Universum“ geschaffen, ein künstliches Weltall, offenbar mindestens halb so groß wie die reale Existenz des Plüschtier-Fabrikanten. Auch die HypoVereinsbank soll auf Pfaff hereingefallen sein; sie zahlte Nici erst kürzlich fünf Millionen Euro für offenkundige Scheinforderungen aus angeblichen Warenverkäufen.

155 Millionen Euro Umsatz hatte Pfaff für das vergangene Jahr gemeldet; ob es bei den bislang entdeckten Scheinrechnungen bleibt, ist offen. Jaffé hofft derweil, die tatsächlich existierenden Geschäfte der Firma fortführen zu können.

Auch der Fiskus soll seinen Teil dazu beitragen. Womöglich kann der Insolvenzverwalter sieben, acht oder gar neun Millionen Euro vom Finanzamt zurückholen, die auf die Scheinumsätze an Steuern gezahlt worden waren. Das würde helfen, das Unternehmen zu retten.
sueddeutsche.de
Kicky:

Japanisches Fernsehen kommt nach Altenkunstadt

 
21.05.06 13:20
In Asien gibt es sogar Fanklubs von Nici und Goleo. Als die Nachricht von der Insolvenz im fernen Osten ankam, herrschte vor allem in Japan Entsetzen. Das dortige Fernsehen hat sich in Altenkunstadt angesagt, um die Zuschauer daheim, die um ihre geliebten Plüschtiere fürchten, auf dem Laufenden zu halten.
Bilanzfälschungen beim Plüschtier Galileo 41350
Kicky:

Betrug in besonders schwerem Fall

 
23.05.06 00:20
Pfaff gab zu, Banken mit Scheingeschäften betrogen zu haben. Er habe vergeblich versucht, Nici mit dem WM-Maskottchen Goleo zu retten.Pfaffs Verteidiger Wolfgang Dingfelder sagte, sein Mandant habe in einer umfangreichen Vernehmung am vergangenen Freitag ein Geständnis abgelegt. Am Sonnabend sei der Haftbefehl ergangen. Dingfelder sagte, er werde keine Beschwerde gegen den Haftbefehl für Pfaff einlegen. "Jetzt hat er zunächst einmal die Gelegenheit, zur Besinnung zu kommen", sagte der Anwalt. Das Geld hatte Pfaff nach Angaben von Dingfelder in das Unternehmen investiert. Der Jurist rechnet mit einer zügigen Anklageerhebung. Das Geständnis habe schließlich die Arbeit der Staatsanwaltschaft erleichtert.

Sein Mandant habe gehofft, eine Finanzlücke durch den Verkauf des WM-Maskottchens Goleo schließen zu können. Für die europaweite Vermarktung dieser von der amerikanischen Jim Henson Company entworfenen Plüschfigur habe er 3,5 Mio. Euro Lizenzgebühr an den Fußball-Weltverband FIFA bezahlt. Statt 35 Mio. Euro habe Nici damit lediglich Erlöse in Höhe von 14 Mio. Euro erzielt. dpa Morgenpost
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