Während in den USA die Ängste vor weiteren Firmen- Pleiten wachsen, schaut Deutschland gespannt auf die Ergebnisse großer Dax-Konzerne
Frankfurt fhs/hö - Die Konjunkturdaten waren überwiegend positiv, doch die Börse ließ die Vorlage ungenutzt: Der Dow Jones Index der 30 größten US-amerikanischen Standardwerte schloss am Freitag mit einem Minus von zwölf Punkten bei schließlich 9907 Zählern. Im Wochenvergleich blieb immerhin ein Plus von rund 70 Punkten. "Der Markt braucht Unterstützung durch die Unternehmensgewinne, doch das dauert noch ein paar Quartale", sagt Jeffrey Kleintop, Anlageberater bei PNC Advisors.
"Vor allem die Angst vor weiteren Pleiten belastet zurzeit die Marktpsychologie", sagt John Maloney, Chef von M&R Capital. Die Sorgen schlugen sich vor allem in den Kursen der Banken nieder: Citigroup, JP Morgan und American Express gehörten mit Verlusten von fünf bis sieben Prozent zu den Wochenverlierern.
Dem Markt lagen am Freitag eine Reihe von Konjunkturdaten vor. So stieg der Einkaufsmanagerindex stärker als erwartet, während das Verbrauchervertrauen sich schlechter als von den Analysten erwartet entwickelt hatte. Dem überraschenden Rückgang der Arbeitslosenquote stand ein ebenso unerwartet starker Stellenabbau gegenüber.
Anfang der Woche war zunächst Euphorie aufgekeimt. Die volkswirtschaftlichen Daten diesseits und jenseits des Atlantiks waren durchweg positiv. In den USA gab das Handelsministerium bekannt, dass das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2001 überraschend gestiegen ist. Fast alle Analysten hatten mit einem Rückgang gerechnet. In Deutschland war der Ifo- Geschäftsklimaindex stärker gestiegen als erwartet.
Doch zu früh gefreut. Diese "harten Fakten" konnten eine neue Nervosität nicht verhindern, die Mitte der Woche in den USA um sich griff. Nach der spektakulären Pleite des Energiekonzerns Enron und der Zahlungsunfähigkeit beim Einzelhändler Kmart sowie dem High-Tech-Konzern Global Crossing befürchten viele Marktteilnehmer nun weitere Insolvenzfälle. "Bedenken dieser Natur scheinen keineswegs abwegig", glaubt Michael Pohn von der DZ-Bank. "Immerhin dürften sich zahlreiche Konzerne neben Enron ähnlich aggressiver Bilanzierungspraktiken bedient und dadurch ihre Vermögens- und Ertragslage zu vorteilhaft dargestellt haben."
Es wurde daher heftig spekuliert, welche Unternehmen noch tickende Zeitbomben in ihren Bilanzen versteckt haben könnten. Verdächtige wie die Mischkonzerne Tyco und Cendant sowie der Energiehändler William Companies wurden prompt an der Börse abgestraft. Auch America Online und Worldcom Group litten unter der Angst der Anleger vor weiteren Abschreibungen.
Selbst auf Deutschland griff die Angst zeitweise über. Einerseits gerieten die Finanztitel unter Druck, da sie nach Aussagen von Marktteilnehmern von überraschenden Zahlungsausfällen oder Insolvenzen belastet würden. Andererseits wurden hoch verschuldete Unternehmen verstärkt ins Visier genommen, beispielsweise die Deutsche Telekom, die gerne "bereinigte" Ergebnisse ausweist. Hier kam allerdings auch das mögliche Scheitern des Kabelnetzverkaufs an Liberty Media als weitere Belastung hinzu.
In der kommenden Woche dürfte das Bild eines Wirtschaftsaufschwungs zunehmend klarer werden. In Deutschland werden Zahlen zu Produktion und Auftragseingängen im Dezember erwartet. Die Deutsche Bank geht davon aus, dass die Produktion im Dezember zum vierten Mal in Folge gesunken ist. Die Auftragseingänge könnten dagegen leicht zugelegt haben.
An den Rentenmärkten ist damit die Rezession endgültig kein Thema mehr. Im Gegenteil: Inzwischen dominiert die Frage, wie schnell die Notenbanken wieder zu einer Zinserhöhung umschwenken könnten. Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn die US-Regierung trotz der anziehenden Wirtschaft noch ein Konjunkturpaket verabschiedet. "Nach Auffassung vieler Investoren könnte das Wachstum auf Grund des zusätzlichen Stimulus über die Trendrate von rund drei Prozent steigen, die für die Fed bei dem gegenwärtigen Zinsniveau tolerierbar wäre", meint Cary Leahey von der Deutschen Bank und rechnet daher mit einer Zinsanhebung im zweiten Halbjahr.
Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen stieg inzwischen über 4,9 Prozent, und auch im kurzfristigen Bereich wurden die Tiefstände verlassen, da nicht mit einer weiteren Zinssenkung durch die EZB in der kommenden Woche gerechnet wird. EZB- Präsident Duisenberg wird bei der Begründung wohl auf die gestiegene Inflation im Januar verweisen. Außerdem könnte er aber auch auf die Gefahr zu hoher Lohnsteigerungen bei den bevorstehenden Tarifverhandlungen verweisen.
Diese Gefahr lastet auch auf dem deutschen Aktienmarkt. Im Zentrum dürften hier in der kommenden Woche jedoch Unternehmensergebnisse stehen. Nachdem in den USA die Berichtssaison fast abgeschlossen ist, geht sie hier erst richtig los. Mit der Commerzbank (4.2.), Schering (5.2.), Daimler- Chrysler (6.2.), Adidas-Salomon und Allianz (jeweils 7.2.) werden allein fünf Dax-Unternehmen vorläufige Ergebnisse für das abgelaufene Geschäftsjahr vorlegen.
In den USA werden in der nächsten Woche noch einmal 55 Unternehmen aus dem marktbreiten S&P-500-Index Zahlen präsentieren. Damit haben dann aber rund 80 Prozent der Unternehmen aus dem Index berichtet. Damit ist klar, dass die Gewinne im Schnitt um 20 bis 22 Prozent eingebrochen sind - wie vom Markt erwartet. Es wird daher vermutlich weder eine Rally noch dramatische Einbrüche geben. Eine Fortsetzung der Seitwärtsbewegung bleibt vielmehr am wahrscheinlichsten. Auch der Dax dürfte daher in der kommenden Woche keine großen Sprünge nach oben machen.
Gruß Kostolmoney