SPIEGEL ONLINE - 09. Januar 2003, 8:43
URL: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,229899,00.html
Wirtschaftsexperten
Eichel wird erneut Defizitgrenze brechen
Während Bundesfinanzminister Hans Eichel stur an seinen optimistischen Wachstumsprognosen für dieses Jahr festhält, fahren ihm führenden Ökonomen in die Parade. Sie halten es für unmöglich, dass er das Haushaltsdefizit 2003 noch unter die Defizitgrenze des europäischen Stabilitätspakts drücken kann.
REUTERS
Finanzminister Eichel: Ökonomen haben den Glauben an seine Politik verloren
Berlin - "Das Defizit-Ziel kann Deutschland auch 2003 nicht erreichen", sagte der Präsident des Hamburger HWWA-Instituts, Thomas Straubhaar, der "Berliner Zeitung". Er erwartet eine Defizit-Quote von 3,2 Prozent. Selbst für 2004 bleibe es ein ambitioniertes Ziel, und der EU-Vorgabe von 3,0 Prozent Defizit zu bleiben. Die Daten zur Konjunktur und zur Arbeitslosigkeit seien derzeit zu schlecht, um einen stärkeren Abbau des Defizits erwarten zu können, so Straubhaar.
Ähnlich skeptisch äußerte sich der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter. Er sieht "keine Chance", dass das Defizit 2003 den Stabilitätskriterien entsprechend gesenkt werden könne. Zum einen sei die Wirtschaft international zu schwach, als dass Deutschland hieraus Impulse erhielte. Zum anderen tue die Regierung mit ihrer Steuerpolitik ein Übriges, um das Wirtschaftsklima zu verschlechtern, sagte Walter dem Blatt. Während die Bundesregierung weiter von einem Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent in diesem Jahr ausgeht, was als Mindestvoraussetzung für den Defizitabbau gilt, hält Walter eine "schwarze Null" für wahrscheinlich.
Der Chefvolkswirt der Investmentbank Goldman Sachs in Deutschland, Dirk Schumacher, erwartet 2003 sogar ein Haushaltsdefizit von 3,5 Prozent. Hauptgrund ist seiner Meinung nach das zu geringe Wirtschaftswachstum.
Bundesfinanzminister Hans Eichel rechnet für 2003 unbeirrt mit eine Senkung der deutschen Defizitquote auf 2,75 Prozent, und setzt dafür voraus, dass die Wirtschaft im laufenden Jahr um 1,5 Prozent wächst. Damit steht er mittlerweile ziemlich alleine da. Alle führenden Wirtschaftsinstitute haben ihre Konjunkturprognose für 2003 mittlerweile auf deutlich unter ein Prozent Wachstum gesenkt.
Im abgelaufenen Jahr hat Deutschland auch nach Regierungsangaben die Defizitgrenze mit rund 3,75 Prozent klar verfehlt. Die EU-Kommission hatte Deutschland deshalb am Mittwoch zum schnellen Abbau seines Staatsdefizits in diesem Jahr gedrängt und dafür ein Ultimatum gesetzt. Bis zum 21. Mai sollten geeignete Schritte vorgenommen werden, die notfalls über die von der Bundesregierung angekündigten Pläne hinausgehen müssten. EU-Währungskommissar Pedro Solbes nannte die Annahmen der Bundesregierung, unter denen das deutsche Defizit in den kommenden Jahren deutlich sinken soll, optimistisch, aber nicht unrealistisch.
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© SPIEGEL ONLINE 2003
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Eichel wird erneut Defizitgrenze brechen
Während Bundesfinanzminister Hans Eichel stur an seinen optimistischen Wachstumsprognosen für dieses Jahr festhält, fahren ihm führenden Ökonomen in die Parade. Sie halten es für unmöglich, dass er das Haushaltsdefizit 2003 noch unter die Defizitgrenze des europäischen Stabilitätspakts drücken kann.
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Finanzminister Eichel: Ökonomen haben den Glauben an seine Politik verloren
Berlin - "Das Defizit-Ziel kann Deutschland auch 2003 nicht erreichen", sagte der Präsident des Hamburger HWWA-Instituts, Thomas Straubhaar, der "Berliner Zeitung". Er erwartet eine Defizit-Quote von 3,2 Prozent. Selbst für 2004 bleibe es ein ambitioniertes Ziel, und der EU-Vorgabe von 3,0 Prozent Defizit zu bleiben. Die Daten zur Konjunktur und zur Arbeitslosigkeit seien derzeit zu schlecht, um einen stärkeren Abbau des Defizits erwarten zu können, so Straubhaar.
Ähnlich skeptisch äußerte sich der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter. Er sieht "keine Chance", dass das Defizit 2003 den Stabilitätskriterien entsprechend gesenkt werden könne. Zum einen sei die Wirtschaft international zu schwach, als dass Deutschland hieraus Impulse erhielte. Zum anderen tue die Regierung mit ihrer Steuerpolitik ein Übriges, um das Wirtschaftsklima zu verschlechtern, sagte Walter dem Blatt. Während die Bundesregierung weiter von einem Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent in diesem Jahr ausgeht, was als Mindestvoraussetzung für den Defizitabbau gilt, hält Walter eine "schwarze Null" für wahrscheinlich.
Der Chefvolkswirt der Investmentbank Goldman Sachs in Deutschland, Dirk Schumacher, erwartet 2003 sogar ein Haushaltsdefizit von 3,5 Prozent. Hauptgrund ist seiner Meinung nach das zu geringe Wirtschaftswachstum.
Bundesfinanzminister Hans Eichel rechnet für 2003 unbeirrt mit eine Senkung der deutschen Defizitquote auf 2,75 Prozent, und setzt dafür voraus, dass die Wirtschaft im laufenden Jahr um 1,5 Prozent wächst. Damit steht er mittlerweile ziemlich alleine da. Alle führenden Wirtschaftsinstitute haben ihre Konjunkturprognose für 2003 mittlerweile auf deutlich unter ein Prozent Wachstum gesenkt.
Im abgelaufenen Jahr hat Deutschland auch nach Regierungsangaben die Defizitgrenze mit rund 3,75 Prozent klar verfehlt. Die EU-Kommission hatte Deutschland deshalb am Mittwoch zum schnellen Abbau seines Staatsdefizits in diesem Jahr gedrängt und dafür ein Ultimatum gesetzt. Bis zum 21. Mai sollten geeignete Schritte vorgenommen werden, die notfalls über die von der Bundesregierung angekündigten Pläne hinausgehen müssten. EU-Währungskommissar Pedro Solbes nannte die Annahmen der Bundesregierung, unter denen das deutsche Defizit in den kommenden Jahren deutlich sinken soll, optimistisch, aber nicht unrealistisch.
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