"Einschneidende Beschränkung der Persönlichkeitsrechte und hohe Kosten" / Stellungnahme des ZKA
hig. BERLIN, 14. Februar. Die Kreditwirtschaft wehrt sich heftig gegen die Überwachung der Konten von Bankkunden. Das geplante automatische Abrufsystem sei eine "einschneidende Beschränkung der Persönlichkeitsrechte der Kunden von Kreditinstituten", kritisiert der Zentrale Kreditausschuß in seiner Stellungnahme für die Bundestagsanhörung zum 4. Finanzmarktförderungsgesetz am kommenden Mittwoch. Zudem sollen die Banken sämtliche Konten auf Verdachtsmomente "screenen".
Über den Kontenabruf will Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) der geplanten Allfinanzaufsicht unmittelbaren Zugriff auf besondere Dateien der Banken geben, in denen sich Angaben über die mehr als 400 Millionen Konten und Depots aller Kunden, nicht aber Kontostände finden. Die Daten sollen helfen, Gelder, die der Finanzierung von Terroraktionen dienen, aufzuspüren und Geldwäsche zu verhindern. Diesen Weg hat Eichel gewählt, nachdem sein ursprünglicher Vorschlag, ein Konten-Zentralregister direkt bei der Aufsicht einzurichten, auf großen öffentlichen und politischen Widerstand gestoßen war.
Doch auch das nun im Gesetzentwurf vorgesehene Abrufsystem sollte "in dieser Form" nicht Gesetz werden, verlangt der Kreditausschuß, der für alle wichtigen Verbände der Kreditwirtschaft spricht. Es werde in nicht verhältnismäßiger Weise in Rechtspositionen der Kunden eingegriffen, vor allem in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Kontrollmechanismen seien nicht vorgesehen. Zu befürchten sei daher eine "tiefgreifende Verunsicherung mit vorhersehbaren Ausweichreaktionen". Dies könne negative Folgen für den Finanzplatz Deutschland haben, warnt der Verband.
Als "unverhältnismäßig" bezeichnet der Kreditausschuß auch die voraussichtlichen Kosten für die Einrichtung des automatisierten Kontenabrufs. Nach "ersten, konservativen" Schätzungen würden mit Kosten von mehr als 50 Millionen Euro allein für eine Großbank gerechnet, schreibt er. Für kleine und mittlere Banken seien bis zu 25 Millionen Euro zu erwarten. Das System werde außerdem erst nach einer mehrjährigen Anlaufphase zur Verfügung stehen. Die Einrichtung des automatisierten Abrufs in allen 2900 Kreditinstituten sei deshalb auch unter Kostengesichtspunkten nicht zu rechtfertigen. Der Kreditausschuß verweist auch auf eine Schätzung der Sparkassen-Finanzgruppe, nach der allein die Nacherhebung von Daten, die bisher nicht erfaßt werden mußten, die Sparkassen mit 1,2 Milliarden Euro belasten würde. Darunter falle die Ermittlung des Geburtsortes jedes Kontoinhabers und des Verfügungsberechtigten mit anschließender persönlicher Prüfung der Angaben.
Als Kompromiß schlägt der Spitzenverband vor, ein bereits bestehendes Verfahren zur Weiterleitung von Warn- und Suchmeldungen der Ermittlungsbehörden an die Banken auszubauen. Dieses Verfahren beruhe auf einer Vereinbarung mit dem Bundeskriminalamt. Es könne auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erweitert werden. Dieser Weg wäre schneller und preiswerter zu verwirklichen und würde die Datenprobleme des geplanten Systems minimieren.
Auch die übrigen von der Bundesregierung angegebenen Kosten, die sich aus dem Gesetzentwurf ergeben, hält der Verband für viel zu niedrig. Eichel erwarte eine Mehrbelastung der Wirtschaft mit einmalig 4 Millionen Euro sowie jährlich weiteren 5,1 Millionen Euro. Aus den geplanten Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes ergäben sich je nach Größe des Kreditinstituts jedoch Kosten von 5 bis 25 Millionen Euro. Hinzu kämen jährliche Mehrbelastungen von bis zu 2 Millionen Euro je Institut, befürchtet der Verband.
Außerdem seien Teile des Gesetzentwurfs "unausgereift und nicht praxistauglich". Dazu gehöre die Verlängerung der Verjährungsfristen, die Bußgeldregelungen und die geplante Möglichkeit der Aufsicht, Leerverkäufe zu untersagen.
Bankgeheimnis ist löcherig wie Schweizer Käse
· Das Bankgeheimnis ist in der Abgabenordnung geregelt. Diese schreibt den Finanzbehörden vor, "auf das Vertrauensverhältnis zwischen den Kreditinstituten und deren Kunden besondere Rücksicht zu nehmen" (Paragraph 30 a).
· Der Fiskus darf nicht zur "allgemeinen Überwachung die einmalige oder periodische Mitteilung von Konten bestimmter Art oder bestimmter Höhe" verlangen.
· Betriebsprüfer dürfen Konto- und Depostände nicht systematisch abschreiben, um Kontrollmitteilungen an die Finanzämter der Kunden zu verschicken.
· Im weiteren Sinne gibt es auch im Zivilrecht ein Bankgeheimnis. Geldinstitute müssen Verschwiegenheit über ihre Kunden wahren - eine "Nebenpflicht" aus dem Bankvertrag.
· Die Finanzgerichte haben diese Schutzvorschriften aber stark gelockert. "Sammelauskunftsersuchen" sind erlaubt.
· Bei Verdachtsfällen darf die Steuerfahndung weitere Informationen verlangen - bis hin zu flächendeckenden Durchsuchungen bei Banken.
· Nach dem Geldwäschegesetz müssen Kreditinstitute größere Barein- zahlungen registrieren und jeglichen Verdachtsfall melden. (jja.)
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.02.2002, Nr. 39 / Seite 29
hig. BERLIN, 14. Februar. Die Kreditwirtschaft wehrt sich heftig gegen die Überwachung der Konten von Bankkunden. Das geplante automatische Abrufsystem sei eine "einschneidende Beschränkung der Persönlichkeitsrechte der Kunden von Kreditinstituten", kritisiert der Zentrale Kreditausschuß in seiner Stellungnahme für die Bundestagsanhörung zum 4. Finanzmarktförderungsgesetz am kommenden Mittwoch. Zudem sollen die Banken sämtliche Konten auf Verdachtsmomente "screenen".
Über den Kontenabruf will Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) der geplanten Allfinanzaufsicht unmittelbaren Zugriff auf besondere Dateien der Banken geben, in denen sich Angaben über die mehr als 400 Millionen Konten und Depots aller Kunden, nicht aber Kontostände finden. Die Daten sollen helfen, Gelder, die der Finanzierung von Terroraktionen dienen, aufzuspüren und Geldwäsche zu verhindern. Diesen Weg hat Eichel gewählt, nachdem sein ursprünglicher Vorschlag, ein Konten-Zentralregister direkt bei der Aufsicht einzurichten, auf großen öffentlichen und politischen Widerstand gestoßen war.
Doch auch das nun im Gesetzentwurf vorgesehene Abrufsystem sollte "in dieser Form" nicht Gesetz werden, verlangt der Kreditausschuß, der für alle wichtigen Verbände der Kreditwirtschaft spricht. Es werde in nicht verhältnismäßiger Weise in Rechtspositionen der Kunden eingegriffen, vor allem in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Kontrollmechanismen seien nicht vorgesehen. Zu befürchten sei daher eine "tiefgreifende Verunsicherung mit vorhersehbaren Ausweichreaktionen". Dies könne negative Folgen für den Finanzplatz Deutschland haben, warnt der Verband.
Als "unverhältnismäßig" bezeichnet der Kreditausschuß auch die voraussichtlichen Kosten für die Einrichtung des automatisierten Kontenabrufs. Nach "ersten, konservativen" Schätzungen würden mit Kosten von mehr als 50 Millionen Euro allein für eine Großbank gerechnet, schreibt er. Für kleine und mittlere Banken seien bis zu 25 Millionen Euro zu erwarten. Das System werde außerdem erst nach einer mehrjährigen Anlaufphase zur Verfügung stehen. Die Einrichtung des automatisierten Abrufs in allen 2900 Kreditinstituten sei deshalb auch unter Kostengesichtspunkten nicht zu rechtfertigen. Der Kreditausschuß verweist auch auf eine Schätzung der Sparkassen-Finanzgruppe, nach der allein die Nacherhebung von Daten, die bisher nicht erfaßt werden mußten, die Sparkassen mit 1,2 Milliarden Euro belasten würde. Darunter falle die Ermittlung des Geburtsortes jedes Kontoinhabers und des Verfügungsberechtigten mit anschließender persönlicher Prüfung der Angaben.
Als Kompromiß schlägt der Spitzenverband vor, ein bereits bestehendes Verfahren zur Weiterleitung von Warn- und Suchmeldungen der Ermittlungsbehörden an die Banken auszubauen. Dieses Verfahren beruhe auf einer Vereinbarung mit dem Bundeskriminalamt. Es könne auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erweitert werden. Dieser Weg wäre schneller und preiswerter zu verwirklichen und würde die Datenprobleme des geplanten Systems minimieren.
Auch die übrigen von der Bundesregierung angegebenen Kosten, die sich aus dem Gesetzentwurf ergeben, hält der Verband für viel zu niedrig. Eichel erwarte eine Mehrbelastung der Wirtschaft mit einmalig 4 Millionen Euro sowie jährlich weiteren 5,1 Millionen Euro. Aus den geplanten Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes ergäben sich je nach Größe des Kreditinstituts jedoch Kosten von 5 bis 25 Millionen Euro. Hinzu kämen jährliche Mehrbelastungen von bis zu 2 Millionen Euro je Institut, befürchtet der Verband.
Außerdem seien Teile des Gesetzentwurfs "unausgereift und nicht praxistauglich". Dazu gehöre die Verlängerung der Verjährungsfristen, die Bußgeldregelungen und die geplante Möglichkeit der Aufsicht, Leerverkäufe zu untersagen.
Bankgeheimnis ist löcherig wie Schweizer Käse
· Das Bankgeheimnis ist in der Abgabenordnung geregelt. Diese schreibt den Finanzbehörden vor, "auf das Vertrauensverhältnis zwischen den Kreditinstituten und deren Kunden besondere Rücksicht zu nehmen" (Paragraph 30 a).
· Der Fiskus darf nicht zur "allgemeinen Überwachung die einmalige oder periodische Mitteilung von Konten bestimmter Art oder bestimmter Höhe" verlangen.
· Betriebsprüfer dürfen Konto- und Depostände nicht systematisch abschreiben, um Kontrollmitteilungen an die Finanzämter der Kunden zu verschicken.
· Im weiteren Sinne gibt es auch im Zivilrecht ein Bankgeheimnis. Geldinstitute müssen Verschwiegenheit über ihre Kunden wahren - eine "Nebenpflicht" aus dem Bankvertrag.
· Die Finanzgerichte haben diese Schutzvorschriften aber stark gelockert. "Sammelauskunftsersuchen" sind erlaubt.
· Bei Verdachtsfällen darf die Steuerfahndung weitere Informationen verlangen - bis hin zu flächendeckenden Durchsuchungen bei Banken.
· Nach dem Geldwäschegesetz müssen Kreditinstitute größere Barein- zahlungen registrieren und jeglichen Verdachtsfall melden. (jja.)
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.02.2002, Nr. 39 / Seite 29