Autokonzerne am schlingern

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Autokonzerne am schlingern

 
04.06.03 21:51
US-Autotitel auf Schleuderkurs
Milliardenverlust bei Chrysler schockt Experten und Daimler-Aktionäre - Analysten reagieren mit Herabstufungen
von Jens Wiegmann

Berlin  -  Die amerikanischen Autofahrer lieben es komfortabel: an der Cruise-Control die Geschwindigkeit fest einstellen, Fuß vom Gas, und dann ganz entspannt über den Highway gleiten. Doch inzwischen scheint der gesamte US-Automarkt unaufhaltsam auf Autopilot zu laufen - und zwar bergab. Hoffnungen, die Situation könnte sich bald ein wenig bessern, wurden am Mittwoch zunichte gemacht: Die Gewinnwarnung von Daimler-Chrysler, die US-Sparte erwarte für das zweite Quartal einen Milliardenverlust, versetzte Experten und Aktionären einen Schock. Dass es zu einer Gewinnwarnung kommen würde, sei mit Blick auf die Marktverhältnisse zu erwarten gewesen, sagt Analyst Michael Raab von Sal. Oppenheim. "Aber die Höhe des Verlustes ist heftig, das hat die Finanzmärkte kalt erwischt."


Auch Tim Schuldt von der DZ Bank zeigte sich überrascht. "Das zweite Quartal ist normalerweise eines der stärksten." Die Ursachen für die roten Zahlen sind hohe Abschreibungen auf Händlerbestände und - da wegen des knallharten Preiswettbewerbs und der enormen Nachlässe auch die Gebrauchtwagenpreise sinken - Abschreibungen auf Leasing-Fahrzeuge. Die Gewinnwarnung beruhe also auf vergangenen Geschäften, so Schuldt, und sei damit nicht repräsentativ für das dritte und das vierte Quartal.


Entwarnung gibt der Analyst dennoch nicht - im Gegenteil. "Diese massiven Abschreibungen lassen vermuten, dass sich Chrysler längerfristig auf eine Strategie hoher Preisnachlässe einstellt." Raab geht davon aus, dass das Chrysler-Ergebnis auch im Gesamtjahr rot eingefärbt ist. "Die Formulierung des Unternehmens, man rechne mit einem "leicht positiven operativen Gewinn vor Restrukturierungskosten, lässt nichts Gutes ahnen." Denn Chrysler wird seinen Restrukturierungsaufwand voraussichtlich weiter erhöhen. Allerdings hat das Unternehmen einen Großteil des Umbaus bereits abgeschlossen, zusätzliche Einsparungen in Milliardenhöhe sind nicht zu erwarten. Das Chrysler-Management habe einen guten Job gemacht, findet Raab, gegen systematische Risiken sei es aber weitgehend machtlos: "Was Chrysler und der Gesamtkonzern brauchen, ist eine Verbesserung der Marktsituation."


Doch die ist auf Grund des anhaltenden ruinösen Preiskampfes nicht in Sicht. Da die gesamte Branche die gleiche Strategie fährt, verpuffen die Effekte von Nachlässen und massiven Werbekampagnen zumeist. Den Kunden kann das nur recht sein, sie haben sich an die hohen Rabatte auf breiter Front gewöhnt. Hintergrund ist ein strukturelles Problem der US-Autoindustrie, die unter Überkapazitäten und unflexibler Fertigung leidet. Im Gegensatz zur europäischen Konkurrenz, die nachfrageorientiert fertigt, drücken die amerikanischen Produzenten hohe Stückzahlen in den Markt, um den Anteil der Fix- an den gesamten Produktionskosten zu relativieren.


Betroffen sind neben Chrysler vor allem Ford und GM. "Mercedes Benz, Porsche, BMW und auch VW bewegen sich in den USA im Premium-Segment, wo der Preiswettbewerb deutlich schwächer ist", sagt Raab. Er belässt das Rating für Daimler-Chrysler auf "Underperform", der niedrigsten Einstufung bei Sal. Oppenheim. Schuldt bestätigte angesichts der Probleme bei Chrysler seine Verkaufs-Empfehlung für die Daimler-Chrysler-Aktie. Die US-Investmentbank J.P.Morgan stufte den Titel von "Overweight" auf "Neutral" herab.


Bei den deutschen Herstellern gibt sich Schuldt hingegen bullish. VW, BMW und Porsche stehen bei ihm auf "Kaufen", da sie vom US-Preiskampf kaum betroffen sind. Bei VW sei der starke Euro ein potenzielles Risiko, da die Wolfsburger sich nur kurzfristig über Termingeschäfte absichern. "Wenn der Euro aufhört zu steigen, würde Effekt aber langsam auslaufen, und die anderen Themen wie der Modellwechsel beim Golf in diesem Herbst würden mehr in den Vordergrund treten. Außerdem sei China inzwischen der zweitgrößte Absatzmarkt für VW nach Deutschland. BMW und Porsche hätten langfristig gehedged und seien deshalb von dem starken Euro derzeit kaum betroffen.


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