News - 28.12.08 18:17
Ausländer bauen Dax-Anteil aus
Trotz der düsteren Konjunkturaussichten und der dramatischen Kursentwicklung halten ausländische Investoren an ihren Beteiligungen an deutschen Großkonzernen fest. Nach Berechnungen des Handelsblatts haben sie ihren Anteil am Aktienbesitz der 30 Dax-Konzerne im abgelaufenen Jahr überraschend sogar noch leicht von 52,5 auf 53 Prozent ausgebaut. Deutsche Versicherer und Privatanleger dagegen kehren heimischen Aktien in Scharen den Rücken.
DÜSSELDORF. Besonders hoch ist der Anteil beim Pharmakonzern Bayer, dem Sportartikelhersteller Adidas und bei der Deutschen Börse, wo Ausländer inzwischen 80 und mehr Prozent halten. Innerhalb von nur fünf Jahren hat sich beispielsweise der Anteil amerikanischer Investoren an deutschen Aktien nach Studien der Investmentbank Dresdner Kleinwort auf 18 Prozent fast vervierfacht.
Doch seit Januar verlor der Dax 43 Prozent - und damit mehr als die anderen großen Börsenindizes. Das schürte den Verdacht, dass vor allem Ausländer in großer Zahl das Weite suchten.
Weit gefehlt: Zwar verkauften Hedge-Fonds aus aller Welt Aktien, um Liquiditätslöcher zu stopfen. Insgesamt zogen ausländische Investoren im schlechten Börsenjahr 2008 in den ersten drei Quartalen netto sogar 85,6 Mrd. Euro aus deutschen Aktien ab. Doch die Abflüsse aus dem Inland waren noch deutlich höher.
Insbesondere Langfristinvestoren nutzten die gesunkenen Kurse und bauten ihre Aktienpositionen weiter aus. So kaufte der 16,5 Mrd. Dollar schwere Templeton-Growth-Fund für knapp drei Mio. Dollar SAP-Aktien hinzu und stockte im schwachen Börsenmonat Oktober seine Anteile am Pharmaspezialisten Merck auf. Die US-Fondsgesellschaft Fidelity und die Bank of New York überschritten die meldepflichtige Drei-Prozent-Schwelle beim Sportartikelkonzern Adidas.
Ende November, also in der heißen Phase der Finanzkrise, verdoppelte der russische Milliardär und Industrielle Andrej Melnichenko seine Beteiligung am Düngemittelspezialisten K+S auf 15 Prozent, nachdem sich binnen weniger Wochen der Aktienkurs halbiert hatte. Dadurch ist jetzt auch der Dax-Neuling mehrheitlich in ausländischem Besitz. Die Beteiligungsgesellschaft Capital Group mit Sitz in Los Angeles beteiligt sich inzwischen an der Hälfte aller Dax-Firmen, darunter mit fünf Prozent an den beiden Versorgern Eon und RWE und mit zehn Prozent am Chemie- und Pharmakonzern Bayer.
Experten halten das für durchaus begründet: "Anders als beim Abschwung nach der Jahrtausendwende sprechen diesmal die niedrige Bewertung, der flexible Arbeitsmarkt und vor allem gesunde Firmenbilanzen durchaus für ein Engagement in deutsche Aktien", sagt Klaus Tanner, Leiter Institutionelle Anlageberatung bei Dresdner Kleinwort in New York.
Abgesehen von den Finanzinstituten überzeugt die Mehrheit der deutschen Industrieunternehmen mit deutlich niedrigeren Schulden und höheren Mittelzuflüssen als beim Abschwung 2001/02. Das nährt Hoffnungen, dass die Firmen ein mögliches Verlustjahr 2009 besser wegstecken. Zudem kosten die Unternehmen gemessen an ihrem Nettogewinn, aber auch dem Eigenkapital nicht einmal halb so viel wie in der vergangenen Rezession. Obendrein sind die Konzerne besser als noch vor sieben Jahren in der Lage, mit Arbeitszeitkonten, Teilzeit- und Kurzarbeit flexibler auf Auftragseinbrüche zu reagieren.
Während die ausländischen Investoren Durchhaltevermögen zeigen, ziehen sich deutsche Klein- und Großanleger von der Börse zurück. Nach Aktienquoten von einst über 20 Prozent beziffert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV die Quote aktuell noch auf acht Prozent. Das ist so wenig wie noch nie. Branchenprimus Allianz Leben fuhr die Quote binnen eines Jahres um fast die Hälfte auf zehn Prozent zurück. Debeka und Hannoversche Leben zogen sich nahezu vollständig aus Aktien zurück.
Noch dramatischer ist der Exodus privater Anleger. Nach Handelsblatt-Berechnungen sind die Dax-Titel nur noch zu 22 Prozent in der Hand von Kleinanlegern. Vor fünf Jahren war es noch rund ein Drittel. Adidas, Deutsche Börse und sogar die oft als Volksaktien bezeichneten Titel von Post und Telekom sind nur noch zu weniger als zwölf Prozent in privatem Streubesitz.
Insgesamt besitzen nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts (DAI) nur noch 3,5 Millionen Deutsche Aktien. Das sind weniger als fünf Prozent. Kein anderes Industrieland kommt auf solch eine niedrige Quote. Gegenüber dem Jahr 2000 hat sich die Aktionärszahl fast halbiert. "Ein Ende des Negativtrends ist nicht in Sicht", sagt Franz-Josef Leven vom DAI mit Blick auf die 25-prozentige Steuerbelastung auf langfristige Aktiengewinne ab 2009. Allein im Oktober flossen nach Angaben des deutschen Fondsverbandes BVI fünf Mrd. Euro aus Aktienfonds ab.
Schwächephasen gezielt genutzt
Turbulenzen
Der Dax verlor bis 2003 in nur drei Jahren drei Viertel seines Wertes. Er gewann bis 2007 wieder 270 Prozent hinzu. Danach gab er erneut um fast die Hälfte nach.
Einkaufstour
In dieser Zeit kauften sich ausländische Investoren im Dax kräftig ein. Sie übernahmen Aktien von Kleinanlegern, von Versicherern, die ihre Aktienquoten reduzierten, und von deutschen Großkonzernen. Diese lösten unter dem Druck der Finanzwelt ihre als "Deutschland AG" verspottetenVerflechtungen auf.
Quelle: Handelsblatt.com
Ausländer bauen Dax-Anteil aus
Trotz der düsteren Konjunkturaussichten und der dramatischen Kursentwicklung halten ausländische Investoren an ihren Beteiligungen an deutschen Großkonzernen fest. Nach Berechnungen des Handelsblatts haben sie ihren Anteil am Aktienbesitz der 30 Dax-Konzerne im abgelaufenen Jahr überraschend sogar noch leicht von 52,5 auf 53 Prozent ausgebaut. Deutsche Versicherer und Privatanleger dagegen kehren heimischen Aktien in Scharen den Rücken.
DÜSSELDORF. Besonders hoch ist der Anteil beim Pharmakonzern Bayer, dem Sportartikelhersteller Adidas und bei der Deutschen Börse, wo Ausländer inzwischen 80 und mehr Prozent halten. Innerhalb von nur fünf Jahren hat sich beispielsweise der Anteil amerikanischer Investoren an deutschen Aktien nach Studien der Investmentbank Dresdner Kleinwort auf 18 Prozent fast vervierfacht.
Doch seit Januar verlor der Dax 43 Prozent - und damit mehr als die anderen großen Börsenindizes. Das schürte den Verdacht, dass vor allem Ausländer in großer Zahl das Weite suchten.
Weit gefehlt: Zwar verkauften Hedge-Fonds aus aller Welt Aktien, um Liquiditätslöcher zu stopfen. Insgesamt zogen ausländische Investoren im schlechten Börsenjahr 2008 in den ersten drei Quartalen netto sogar 85,6 Mrd. Euro aus deutschen Aktien ab. Doch die Abflüsse aus dem Inland waren noch deutlich höher.
Insbesondere Langfristinvestoren nutzten die gesunkenen Kurse und bauten ihre Aktienpositionen weiter aus. So kaufte der 16,5 Mrd. Dollar schwere Templeton-Growth-Fund für knapp drei Mio. Dollar SAP-Aktien hinzu und stockte im schwachen Börsenmonat Oktober seine Anteile am Pharmaspezialisten Merck auf. Die US-Fondsgesellschaft Fidelity und die Bank of New York überschritten die meldepflichtige Drei-Prozent-Schwelle beim Sportartikelkonzern Adidas.
Ende November, also in der heißen Phase der Finanzkrise, verdoppelte der russische Milliardär und Industrielle Andrej Melnichenko seine Beteiligung am Düngemittelspezialisten K+S auf 15 Prozent, nachdem sich binnen weniger Wochen der Aktienkurs halbiert hatte. Dadurch ist jetzt auch der Dax-Neuling mehrheitlich in ausländischem Besitz. Die Beteiligungsgesellschaft Capital Group mit Sitz in Los Angeles beteiligt sich inzwischen an der Hälfte aller Dax-Firmen, darunter mit fünf Prozent an den beiden Versorgern Eon und RWE und mit zehn Prozent am Chemie- und Pharmakonzern Bayer.
Experten halten das für durchaus begründet: "Anders als beim Abschwung nach der Jahrtausendwende sprechen diesmal die niedrige Bewertung, der flexible Arbeitsmarkt und vor allem gesunde Firmenbilanzen durchaus für ein Engagement in deutsche Aktien", sagt Klaus Tanner, Leiter Institutionelle Anlageberatung bei Dresdner Kleinwort in New York.
Abgesehen von den Finanzinstituten überzeugt die Mehrheit der deutschen Industrieunternehmen mit deutlich niedrigeren Schulden und höheren Mittelzuflüssen als beim Abschwung 2001/02. Das nährt Hoffnungen, dass die Firmen ein mögliches Verlustjahr 2009 besser wegstecken. Zudem kosten die Unternehmen gemessen an ihrem Nettogewinn, aber auch dem Eigenkapital nicht einmal halb so viel wie in der vergangenen Rezession. Obendrein sind die Konzerne besser als noch vor sieben Jahren in der Lage, mit Arbeitszeitkonten, Teilzeit- und Kurzarbeit flexibler auf Auftragseinbrüche zu reagieren.
Während die ausländischen Investoren Durchhaltevermögen zeigen, ziehen sich deutsche Klein- und Großanleger von der Börse zurück. Nach Aktienquoten von einst über 20 Prozent beziffert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV die Quote aktuell noch auf acht Prozent. Das ist so wenig wie noch nie. Branchenprimus Allianz Leben fuhr die Quote binnen eines Jahres um fast die Hälfte auf zehn Prozent zurück. Debeka und Hannoversche Leben zogen sich nahezu vollständig aus Aktien zurück.
Noch dramatischer ist der Exodus privater Anleger. Nach Handelsblatt-Berechnungen sind die Dax-Titel nur noch zu 22 Prozent in der Hand von Kleinanlegern. Vor fünf Jahren war es noch rund ein Drittel. Adidas, Deutsche Börse und sogar die oft als Volksaktien bezeichneten Titel von Post und Telekom sind nur noch zu weniger als zwölf Prozent in privatem Streubesitz.
Insgesamt besitzen nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts (DAI) nur noch 3,5 Millionen Deutsche Aktien. Das sind weniger als fünf Prozent. Kein anderes Industrieland kommt auf solch eine niedrige Quote. Gegenüber dem Jahr 2000 hat sich die Aktionärszahl fast halbiert. "Ein Ende des Negativtrends ist nicht in Sicht", sagt Franz-Josef Leven vom DAI mit Blick auf die 25-prozentige Steuerbelastung auf langfristige Aktiengewinne ab 2009. Allein im Oktober flossen nach Angaben des deutschen Fondsverbandes BVI fünf Mrd. Euro aus Aktienfonds ab.
Schwächephasen gezielt genutzt
Turbulenzen
Der Dax verlor bis 2003 in nur drei Jahren drei Viertel seines Wertes. Er gewann bis 2007 wieder 270 Prozent hinzu. Danach gab er erneut um fast die Hälfte nach.
Einkaufstour
In dieser Zeit kauften sich ausländische Investoren im Dax kräftig ein. Sie übernahmen Aktien von Kleinanlegern, von Versicherern, die ihre Aktienquoten reduzierten, und von deutschen Großkonzernen. Diese lösten unter dem Druck der Finanzwelt ihre als "Deutschland AG" verspottetenVerflechtungen auf.
Quelle: Handelsblatt.com