Arme Amerikaner

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tom68:

Arme Amerikaner

 
12.08.01 20:35
Arme Amerikaner

Von Carsten Volkery, New York / DPA
Der US-Wirtschaft muss es richtig dreckig gehen. Oder warum rennen alle zu Wal-Mart?

New York - Der Amerikaner ist in diesen Tagen gleich doppelt arm dran. Da ist diese Hitzewelle, die das Land in eine Hölle verwandelt. Und da ist diese Rezessionsstimmung, die ihn davon abhält, in den eisgekühlten Shopping-Malls Zuflucht zu suchen und sein Geld auszugeben.  
Die US-Einzelhändler haben am Donnerstag ihre Zahlen für das zweite Quartal vorgelegt, und das Ergebnis ist alarmierend: Die Amerikaner kaufen ihre Klimaanlagen anscheinend nur noch billig bei Wal-Mart. Warum das alarmierend ist? Weil es in den Augen der Börsianer bedeutet, dass die US-Wirtschaft auf dem Weg in die Rezession ist. Wenn der Verbraucher spart, kann es nur schlimmer werden.  

Die Zahlen zeigen einen Trend: Während die Umsätze bei Wal-Mart, Kmart und anderen Discountern wachsen, sinken sie bei den Herrschern der Malls, darunter Sears, Gap, Bloomingdale's und Macy's. Ähnlich schlimm sieht es bei Luxus-Anbietern wie Saks aus.  

Die Verbraucher kaufen nur noch, wenn es Rabatt gibt - das bestätigt auch das "Beige Book", das die Federal Reserve am Mittwoch veröffentlichte. Der wichtige Pulsmesser der US-Wirtschaft gab den Pessimisten reichlich Nahrung. Das herstellende Gewerbe befindet sich demnach in einer tiefen Krise, die auch auf andere Bereiche überzuspringen droht. Besonders Einzelhandel und Versandhandel darben. Dieser Sektor hatte die Wirtschaft bisher noch am Laufen gehalten. Jetzt droht der Wachstumsmotor auszufallen.  

Die Märkte reagierten vorhersehbar: Der Nasdaq-Composite gab diese Woche jeden Tag weiter nach, insgesamt verlor er 5,3 Prozent. Der Dow Jones beendete die Woche um 0,9 Prozent schwächer.  

Auch die Gurus bleiben skeptisch. Auf dem jährlichen Analystentreffen hoch über der Wall Street, im 44. Stock des World Trade Centers, war die Stimmung am Dienstag ähnlich drückend wie draußen die Hitze. Die New Yorker Analystenvereinigung hatte zur Mittsommer-Prognose gebeten. Und die fiel harsch aus: Die Aktienmärkte werden sich auf absehbare Zeit nicht erholen.  

"Wir werden die gleiche Diskussion in einem Jahr haben", prophezeite Ralph Acampora, der Star von Prudential Securities. "Ich kann niemanden überzeugen zu kaufen", sagte er schulterzuckend. "Niemand ist optimistisch."  

David Dreman, Gründer des mehrfach ausgezeichneten Dreman Value Management Fonds, warnte: "Die Blase kann gar nicht überschätzt werden. Der Crash hat fünf Billionen Dollar vernichtet. Dieser Schock wird das Anlageverhalten noch lange beeinflussen."  

Arme Amerikaner. Einen Trost allerdings gibt es: Die Inflation bleibt nahe Null. Die Großhandelspreise fielen im Juli um 0,9 Prozent. Damit kann Alan Greenspan ohne Sorgen die siebte Zinssenkung des Jahres bei dem Fed-Treffen in wenigen Tagen ankündigen.

hjw2:

Wo sind die Hühner?

 
13.08.01 02:03
putputputputput
woody w:

.. und wie hoch ist die Arbeitslosenqute?????

 
13.08.01 08:07
In Deutschland = ...  %

In den USA = ... %
Speculator:

@Tom68, gefällt mir sehr gut...

 
13.08.01 09:22
...im Prinzip finde ich, dass sich meine Befürchtungen bestätigen. Ich warnte schon seit längeren, dass der noch nicht eingebrochene Konsumenten vertrauen ein weiteres Risiko für den Aktienmarkt darstellt. Nämlich wenn dieser dann schließlich doch zusammen bricht. Muss nicht sein aber man sollte diese Möglichkeit in Erwägung ziehen!

Auch der nachfolgende Artikel deutet auf diese Gefahr hin.


mfG: Speculator

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Wachsende Zweifel an Greenspans Künsten

Der Bericht vom internationalen Finanzmarkt / Von Holger Steltzner


FRANKFURT, 12. August. Die wirtschaftliche Talfahrt in Amerika, Europa und Japan beschleunigt sich - und mit ihr der Kursrutsch an den Weltbörsen. Selbst die Hoffnungen auf weitere Zinssenkungen der amerikanischen Notenbank Fed am 21. August und der Europäischen Zentralbank (EZB) im September stützen die Kurse an den Aktienbörsen kaum mehr. Zu düster ist der konjunkturelle Ausblick, zu stark der Druck auf die Unternehmensgewinne. Selbst die großen Liquiditätsspritzen der Fed durch kräftige Geldmengenausweitung und aggressive Zinssenkungen wirken kaum. Da Amerikas Notenbankpräsident Alan Greenspan durch seine erratischen Zinsmanöver maßgeblich zum Entstehen spekulativer Blasen an den Finanzmärkten und deren Platzen beigetragen hat, ist es kein Wunder, daß seine handgesteuerte Geldpolitik nun auch in Amerika zunehmend kritisch hinterfragt wird. Bemerkenswert ist hierbei auch, daß zwar am Dollar-Geldmarkt die Zinsen seit Jahresbeginn kräftig gesunken sind, gleichzeitig aber die für Investitionen von Unternehmen wesentlichen langfristen Renditen an den Kapitalmärkten heute über den Zinssätzen zum Jahreswechsel liegen.

Zwar ist inzwischen aus der Spekulationsblase an den Technologiebörsen eine Menge Luft entwichen. Doch wer glaubt, daß es nach Kursstürzen seit März 2000 um durchschnittlich 50 bis 80 Prozent nicht mehr weiter nach unten gehen kann, sieht sich getäuscht. Da noch kein Ende der Rezession der Gewinne der Unternehmen absehbar ist, streichen immer mehr Gesellschaften ihre Investitionspläne zusammen. Der Einbruch der Investitionen zusammen mit prall gefüllten Lagern und einer Kapazitätsauslastung auf Rezessionsniveau in Höhe von nur noch 77 Prozent in Amerika drücken das Wachstum der mit Abstand größten Volkswirtschaft der Welt. Gleichzeitig offenbaren die jüngsten Korrekturen an der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, daß das amerikanische Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1998 bis 2000 kleiner ausgefallen ist als ursprünglich angenommen. Die Absenkung des Produktivitätswachstums werde eine Debatte darüber anheizen, ob die technische Revolution der New Economy wirklich so bedeutsam war, wie mancherorts behauptet wird, meint Dresdner Kleinwort Wasserstein. Die durchschnittliche Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität von 1996 bis 2000 wurde von 2,8 auf 2,5 Prozent revidiert. Somit könnte das Trendwachstum des BIP bei Vollbeschäftigung eher bei 3 bis 3,5 Prozent liegen - und nicht bei 3,5 bis 4 Prozent.

Durch den Crash an den Technologiebörsen sei erst eine von drei Spekulationsblasen in Amerika geplatzt, meint Barton Biggs von Morgan Stanley Dean Witter. Er sieht erste Anzeichen dafür, daß nun auch noch die in den neunziger Jahren aufgeblähten Konsumausgaben in den Vereinigten Staaten kollabieren und etwas später auch aus der "Dollar-Blase" die Luft entweichen könnte. Während in den neunziger Jahren die Nettovermögen amerikanischer Haushalte auf ungeahnte Höhen kletterten, fiel die Sparquote auf Null. Seit dem Rekordhoch bei 43 Billionen Dollar im Jahr 1999 ist das Nettovermögen auf 39 Billionen Dollar im Frühjahr 2001 gefallen. Gleichzeitig ist die Sparquote leicht angestiegen. Wenn sich diese Entwicklung fortsetzen sollte, dann müssen große Fragezeichen hinter die Erwartung weiterhin robuster Konsumausgaben amerikanischer Verbraucher gemacht werden, die immerhin zwei Drittel zum BIP beisteuern. Fraglich ist auch, ob die Steuererstattungen in Höhe von rund 40 Milliarden Dollar im Zuge der geplanten Steuerreform in Amerika größtenteils in den Kosum fließen werden. Befragungen haben ergeben, daß die meisten Amerikaner mit den Steuererstattungen offene Rechnungen bezahlen oder sparen wollen.

Als wichtigsten Grund, warum die Geldpolitik der Fed nicht wie früher den gewünschten Erfolg bringt, nennt die Landesbank Hessen-Thüringen die hohe Verschuldung amerikanischer Haushalte und Unternehmen. Weil deswegen die Kreditvergabe amerikanischer Banken restriktiv ist, kann die expansive Geldpolitik in der realen Wirtschaft kaum Akzente setzen, sondern führt lediglich zu Überbewertungen an den Aktienmärkten, die durch die Gewinnentwicklung der Unternehmen nicht gedeckt sind. Das erklärt, warum trotz der schmerzhaften Kursverluste seit März 2000 das Kurs-Gewinn-Verhältnis für den Standard & Poor's mit aktuell 23 über dem Durchschnitt von 17 der vergangenen 15 Jahre liegt. Noch größer ist die Diskrepanz an der Technologiebörse Nasdaq, wo das derzeitige Bewertungsniveau mit 29 immer noch weit über dem historischen Schnitt von 18 liegt.

Mit den jüngsten Kursgewinnen des Euro gegenüber Dollar und Yen rücken an den Devisenmärkten wieder manche fundamentale Argumente in den Vordergrund, die in Zeiten der Dollar-Stärke kaum eine Rolle für die Erklärung von Wechselkursentwicklungen gespielt haben. Das sind neben den strukturellen Defiziten der Vereinigten Staaten wie der hohen Verschuldung und des riesigen Leistungsbilanzdefizits auch die zunehmenden Zweifel an den vermeintlichen Produktivitätsfortschritten Amerikas. Interessant ist außerdem, daß plötzlich auch wieder auf die Zinsdifferenzen zwischen Euro und Dollar geschaut wird. An den Geldmärkten lockt Europas Gemeinschaftswährung wegen der konsequenten Antiinflationspolitik der EZB mit deutlich höheren Zinsen als der Dollar. Und an den Kapitalmärkten ist der ursprüngliche Zinsvorsprung des Dollar in Höhe von rund 100 Basispunkten bei der Einführung des Euro auf inzwischen nur noch rund 20 Punkte zusammengeschmolzen. Unterstützt wird die neue Stärke des Euro, der sich an den Devisenmärkten anschickt, die wichtige Marke von 0,90 Dollar zu überspringen, von den sich drehenden Kapitalströmen internationaler Großanleger und Unternehmen, die zunehmend ihre Gelder von Amerika in Richtung Europa umleiten.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.08.2001, Nr. 186 / Seite 31
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