Das Anlegermagazin „Barron’s" laeutete in dieser Woche den neuen
Bullenmarkt ein: „Die Bullen sind zurueck“ lautete die klare Botschaft.
Das Ende der dreijaehrigen Baisse basiert nach Ansicht der Redaktion
auf den Ergebnissen einer aktuellen Umfrage unter den „Big Boys“ des
Aktiemarktes. Fondsmanager und Vermoegensverwalter sind so euphorisch
wie lange nicht mehr.
Das ist doch endlich einmal eine gute Nachricht.
Und es kommt noch besser: 60 Prozent der Befragten sind "optimistisch"
bis "sehr optimistisch" was die weitere Entwicklung in 2003 insbesondere
am US- Aktienmarkt angeht. Im Schnitt erwarten die Geldmanager bei den US-
Titeln bis Jahresende einen Kursanstieg von zehn Prozent. Die Marke von
9500 Zaehlern kaeme damit beim Dow Jones ins Visier. Einige Profis sind
noch weit zuversichtlicher und prophezeien Kursanstiege bis nahe der
Allzeithochs. Beim Dow waeren das fast 12.000 Zaehler, eine Kletterpartie
von rund 40 Prozent.
Der Aufbruch zu neuen Ufern wird nach Meinung der Geldverwalter von sehr
gewichtigen Gruenden vorangetrieben: Einmal wuerden die Firmenbosse nach
den Erfahrungen mit Enron und Worldcom ihre Bilanzen jetzt in Ordnung
bringen. Das Konsumentenvertrauen sei im Aufwind, die Ergebnisse des
ersten Quartals seien ueberraschend gut ausgefallen.
Mit Verlaub: Eigentlich sind das lauter alte Huete, die seit Monaten,
wenn nicht Jahren herumgereicht werden.
Auch die Boersengeschichte wird bemueht, um den Aufschwung zu beschwoeren:
Von den professionellen Anlegern kann sich offenbar kaum jemand vorstellen,
dass die Aktienkurse im dritten Jahr einer US-Praesidentschaft sinken
koennten. Zumindest in der Vergangenheit war dies nur selten der Fall.
Im Schnitt legten die US-Boersen im Jahr vor der Wahl sowie im Wahljahr
selbst um rund elf Prozent zu. 2004 endet die Amtszeit von George W. Bush.
Wer an den Aktienmaerkten antizyklisch vorgeht, der wird bei solchen
Prognosen hellhoerig. Insbesondere die Tatsache, dass rund zwei Drittel
der Boersenprofis auf steigende Kurse setzen, ist ein zuverlaessiges Indiz
dafuer, dass es anders kommen duerfte. Wer positiv gestimmt ist,
der hat in der Regel bereits gekauft; die Zahl derer, die noch auf
den Bullenzug aufspringen koennte, ist also entsprechend gering.
Bekanntlich ist eine fundamentale Unterbewertung, sowohl bei einzelnen
Aktien wie auch bei ganzen Maerkten, ein zuverlaessiges Indiz fuer demnaechst
steigende Kurse. An dieser Stelle war schon davon die Rede, dass die
US-Maerkte insgesamt recht teuer sind. Wie teuer sie tatsaechlich sind, ist
vielen Anlegern allerdings nicht bewusst.
Im langjaehrigen Durchschnitt liegt die Bewertung des S&P 500 bei
einem Kurs-Gewinn-Verhaeltnis (KGV) von etwa 15. Dies gilt im uebrigen
auch dann, wenn man sehr weit in die Vergangenheit zurueckblickt:
Das KGV von US-Aktien liegt seit 1872 im Schnitt bei 14,5.
Die Schlussfolgerung lautet: Etwas mehr als 420 Punkte waeren beim
S&P 500 im historischen Vergleich immer noch fair. Am Freitag ging
das Marktbarometer mit 944 Zaehlern aus dem Handel.
Allzu einseitig sollte man die Angelegenheit allerdings nicht betrachten.
Theoretisch besteht immerhin die Moeglichkeit, dass hoehere KGVs kuenftig
nicht die Ausnahme sind, sondern zur Regel werden. Beispielsweise
koennte man einwenden, dass die technologische Entwicklung seit 1970 dazu
beigetragen hat, dass Investoren einen umfassenderen und schnelleren
Zugriff auf Informationen haben, bessere Kommunikations- und
Transaktionswege zur Verfuegung stehen und die Vertragssicherheit
gesteigert wurde. Hinzu kommen verbesserte Moeglichkeiten der
Risikostreuung. Diese Entwicklungen haben den Informationsstand der
Marktakteure zweifellos verbessert und Unsicherheiten abgebaut.
Dies koennte sich letztendlich in der Bereitschaft niederschlagen,
hoehere Bewertungen langfristig zu tolerieren. Ein Aspekt, ueber den
insbesondere die Super-Pessimisten unter den Baeren einmal nachdenken
koennten.
Auch muss man verstehen, dass Maerkte staendigen Veraenderungen unterliegen.
Es gibt Zeiten, da Investoren akribisch auf Bewertungskennzahlen achten.
Dann wieder gibt es Phasen, in denen solche Daten bei Anlageentscheidungen
ueberhaupt keine Rolle spielen. Derzeit sieht es allerdings so aus,
als wuerde Bewertungskennziffern tendenziell wieder eine hohe
Bedeutung zukommen. Fuer eine bevorstehende Aktienhausse
spricht das nicht.
Sieht man sich beispielsweise das durchschnittliche Kurs-Buchwert-
Verhaeltnis der im S&P 500 gelisteten Unternehmen seit 1928 an,
so faellt auf, dass auch hier noch betraechtliches Korrekturpotential
steckt. Die Behauptung, US-Aktien seien auf einem guenstigen Niveau
angekommen ist, unter Buchwert-Aspekten betrachtet, reichlich
vermessen: Das gegenwaertige Kurs-Buchwert-Verhaeltnis ist deutlich
hoeher als vor dem Crash von 1929, hoeher als waehrend der Aktienhausse
der 60er Jahre und auch merklich hoeher als unmittelbar vor dem
Einbruch 1987.
Da wundert es nicht, dass die Aktienkaeufe von Unternehmensinsidern
in den USA im April 2003 den niedrigsten Wert seit acht Jahren
aufweisen. Offenbar trauen die Firmenlenker selbst der frommen
Wallstreet-Propaganda am allerwenigsten. Die Herren im Nadelstreif
wissen natuerlich, dass ein KGV von 32 beim S&P 500 mehr als
ambitioniert ist.
Wer 32 US-Dollar fuer jeden Dollar Gewinn bezahlt, den ein
Unternehmen aus dem S&P 500 in diesem Jahr erwirtschaftet,
der muss schon eine Menge Gottvertrauen besitzen.
Vermutlich phantasieren viele Anlegern, die jetzt den neuen
Bullenmarkt ausrufen, immer noch von der Super-Hausse der
spaeten 90er Jahre und koennen sich selbst nach drei Jahren
Baisse eine mehrjaehrige Durstrecke nicht vorstellen. Kein Wunder,
immerhin hatte der Aufschwung von 1982 bis 2000 fuer eine
inflationsbereinigte Rendite von 12,8 Prozent pro Jahr gesorgt.
Man hatte sich daran gewoehnt, dass man jedes Jahr ein gutes Stueck
reicher wurde.
In den rund 180 Jahren davor mussten sich Anleger an den Aktienmaerkten
im Schnitt allerdings mit 7,5 Prozent Rendite pro Jahr begnuegen.
Und auch die Zeiten sehr kleiner Broetchen liegen noch nicht allzu weit
zurueck: In den 15 Jahren von 1966 bis 1981 notierte die Realrendite
von US-Aktien jaehrlich bei minus 0,4 Prozentpunkten.
Womoeglich steht uns der schwierigste Teil des Baerenmarktes erst
noch bevor. Nachdem technisch orientierte Anleger seit mehr als
zwei Jahren leichtes Spiel hatten – ein Blick auf die gleitenden
Durchschnitte genuegte beinahe schon – koennte es jetzt ganz anders
werden. Aus technischer Sicht haben die wichtigsten US-Indizes
kuerzlich klare Kaufsignale geliefert: Die gleitenden 200-Tage-
Durchschnittslinien wurden deutlich ueberwunden, der Trendfolger
MACD sieht ebenfalls konstruktiv aus.
Diese Tatsache mit den geschilderten fundamentalen Fakten auf
einen Nenner zu bringen, erfordert erheblich mehr Geschick als
bislang noetig war, um erfolgreich durch die Baisse zu manoevrieren.
So long,
Calexa
www.investorweb.de
Bullenmarkt ein: „Die Bullen sind zurueck“ lautete die klare Botschaft.
Das Ende der dreijaehrigen Baisse basiert nach Ansicht der Redaktion
auf den Ergebnissen einer aktuellen Umfrage unter den „Big Boys“ des
Aktiemarktes. Fondsmanager und Vermoegensverwalter sind so euphorisch
wie lange nicht mehr.
Das ist doch endlich einmal eine gute Nachricht.
Und es kommt noch besser: 60 Prozent der Befragten sind "optimistisch"
bis "sehr optimistisch" was die weitere Entwicklung in 2003 insbesondere
am US- Aktienmarkt angeht. Im Schnitt erwarten die Geldmanager bei den US-
Titeln bis Jahresende einen Kursanstieg von zehn Prozent. Die Marke von
9500 Zaehlern kaeme damit beim Dow Jones ins Visier. Einige Profis sind
noch weit zuversichtlicher und prophezeien Kursanstiege bis nahe der
Allzeithochs. Beim Dow waeren das fast 12.000 Zaehler, eine Kletterpartie
von rund 40 Prozent.
Der Aufbruch zu neuen Ufern wird nach Meinung der Geldverwalter von sehr
gewichtigen Gruenden vorangetrieben: Einmal wuerden die Firmenbosse nach
den Erfahrungen mit Enron und Worldcom ihre Bilanzen jetzt in Ordnung
bringen. Das Konsumentenvertrauen sei im Aufwind, die Ergebnisse des
ersten Quartals seien ueberraschend gut ausgefallen.
Mit Verlaub: Eigentlich sind das lauter alte Huete, die seit Monaten,
wenn nicht Jahren herumgereicht werden.
Auch die Boersengeschichte wird bemueht, um den Aufschwung zu beschwoeren:
Von den professionellen Anlegern kann sich offenbar kaum jemand vorstellen,
dass die Aktienkurse im dritten Jahr einer US-Praesidentschaft sinken
koennten. Zumindest in der Vergangenheit war dies nur selten der Fall.
Im Schnitt legten die US-Boersen im Jahr vor der Wahl sowie im Wahljahr
selbst um rund elf Prozent zu. 2004 endet die Amtszeit von George W. Bush.
Wer an den Aktienmaerkten antizyklisch vorgeht, der wird bei solchen
Prognosen hellhoerig. Insbesondere die Tatsache, dass rund zwei Drittel
der Boersenprofis auf steigende Kurse setzen, ist ein zuverlaessiges Indiz
dafuer, dass es anders kommen duerfte. Wer positiv gestimmt ist,
der hat in der Regel bereits gekauft; die Zahl derer, die noch auf
den Bullenzug aufspringen koennte, ist also entsprechend gering.
Bekanntlich ist eine fundamentale Unterbewertung, sowohl bei einzelnen
Aktien wie auch bei ganzen Maerkten, ein zuverlaessiges Indiz fuer demnaechst
steigende Kurse. An dieser Stelle war schon davon die Rede, dass die
US-Maerkte insgesamt recht teuer sind. Wie teuer sie tatsaechlich sind, ist
vielen Anlegern allerdings nicht bewusst.
Im langjaehrigen Durchschnitt liegt die Bewertung des S&P 500 bei
einem Kurs-Gewinn-Verhaeltnis (KGV) von etwa 15. Dies gilt im uebrigen
auch dann, wenn man sehr weit in die Vergangenheit zurueckblickt:
Das KGV von US-Aktien liegt seit 1872 im Schnitt bei 14,5.
Die Schlussfolgerung lautet: Etwas mehr als 420 Punkte waeren beim
S&P 500 im historischen Vergleich immer noch fair. Am Freitag ging
das Marktbarometer mit 944 Zaehlern aus dem Handel.
Allzu einseitig sollte man die Angelegenheit allerdings nicht betrachten.
Theoretisch besteht immerhin die Moeglichkeit, dass hoehere KGVs kuenftig
nicht die Ausnahme sind, sondern zur Regel werden. Beispielsweise
koennte man einwenden, dass die technologische Entwicklung seit 1970 dazu
beigetragen hat, dass Investoren einen umfassenderen und schnelleren
Zugriff auf Informationen haben, bessere Kommunikations- und
Transaktionswege zur Verfuegung stehen und die Vertragssicherheit
gesteigert wurde. Hinzu kommen verbesserte Moeglichkeiten der
Risikostreuung. Diese Entwicklungen haben den Informationsstand der
Marktakteure zweifellos verbessert und Unsicherheiten abgebaut.
Dies koennte sich letztendlich in der Bereitschaft niederschlagen,
hoehere Bewertungen langfristig zu tolerieren. Ein Aspekt, ueber den
insbesondere die Super-Pessimisten unter den Baeren einmal nachdenken
koennten.
Auch muss man verstehen, dass Maerkte staendigen Veraenderungen unterliegen.
Es gibt Zeiten, da Investoren akribisch auf Bewertungskennzahlen achten.
Dann wieder gibt es Phasen, in denen solche Daten bei Anlageentscheidungen
ueberhaupt keine Rolle spielen. Derzeit sieht es allerdings so aus,
als wuerde Bewertungskennziffern tendenziell wieder eine hohe
Bedeutung zukommen. Fuer eine bevorstehende Aktienhausse
spricht das nicht.
Sieht man sich beispielsweise das durchschnittliche Kurs-Buchwert-
Verhaeltnis der im S&P 500 gelisteten Unternehmen seit 1928 an,
so faellt auf, dass auch hier noch betraechtliches Korrekturpotential
steckt. Die Behauptung, US-Aktien seien auf einem guenstigen Niveau
angekommen ist, unter Buchwert-Aspekten betrachtet, reichlich
vermessen: Das gegenwaertige Kurs-Buchwert-Verhaeltnis ist deutlich
hoeher als vor dem Crash von 1929, hoeher als waehrend der Aktienhausse
der 60er Jahre und auch merklich hoeher als unmittelbar vor dem
Einbruch 1987.
Da wundert es nicht, dass die Aktienkaeufe von Unternehmensinsidern
in den USA im April 2003 den niedrigsten Wert seit acht Jahren
aufweisen. Offenbar trauen die Firmenlenker selbst der frommen
Wallstreet-Propaganda am allerwenigsten. Die Herren im Nadelstreif
wissen natuerlich, dass ein KGV von 32 beim S&P 500 mehr als
ambitioniert ist.
Wer 32 US-Dollar fuer jeden Dollar Gewinn bezahlt, den ein
Unternehmen aus dem S&P 500 in diesem Jahr erwirtschaftet,
der muss schon eine Menge Gottvertrauen besitzen.
Vermutlich phantasieren viele Anlegern, die jetzt den neuen
Bullenmarkt ausrufen, immer noch von der Super-Hausse der
spaeten 90er Jahre und koennen sich selbst nach drei Jahren
Baisse eine mehrjaehrige Durstrecke nicht vorstellen. Kein Wunder,
immerhin hatte der Aufschwung von 1982 bis 2000 fuer eine
inflationsbereinigte Rendite von 12,8 Prozent pro Jahr gesorgt.
Man hatte sich daran gewoehnt, dass man jedes Jahr ein gutes Stueck
reicher wurde.
In den rund 180 Jahren davor mussten sich Anleger an den Aktienmaerkten
im Schnitt allerdings mit 7,5 Prozent Rendite pro Jahr begnuegen.
Und auch die Zeiten sehr kleiner Broetchen liegen noch nicht allzu weit
zurueck: In den 15 Jahren von 1966 bis 1981 notierte die Realrendite
von US-Aktien jaehrlich bei minus 0,4 Prozentpunkten.
Womoeglich steht uns der schwierigste Teil des Baerenmarktes erst
noch bevor. Nachdem technisch orientierte Anleger seit mehr als
zwei Jahren leichtes Spiel hatten – ein Blick auf die gleitenden
Durchschnitte genuegte beinahe schon – koennte es jetzt ganz anders
werden. Aus technischer Sicht haben die wichtigsten US-Indizes
kuerzlich klare Kaufsignale geliefert: Die gleitenden 200-Tage-
Durchschnittslinien wurden deutlich ueberwunden, der Trendfolger
MACD sieht ebenfalls konstruktiv aus.
Diese Tatsache mit den geschilderten fundamentalen Fakten auf
einen Nenner zu bringen, erfordert erheblich mehr Geschick als
bislang noetig war, um erfolgreich durch die Baisse zu manoevrieren.
So long,
Calexa
www.investorweb.de