ftd.de, Di, 11.9.2001, 16:42, aktualisiert: Di, 11.9.2001, 21:38
Alarmstimmung in Deutschland
Der Bundessicherheitsrat hat am Dienstagabend für Deutschland Sofortmaßnahmen nach den Terroranschlägen auf die USA angeordnet. Die Sicherheitsvorkehrungen im ganzen Land wurden erheblich verschärft.
§
Nach Regierungsangaben beschloss der Sicherheits-Ausschuss des Bundeskabinetts, die Schutzmaßnahmen für Bundeseinrichtungen sowie für alle US-amerikanischen und israelischen Einrichtungen in Deutschland zu verstärken. Die deutschen Sicherheitsbehörden wurden angewiesen, ihre amerikanischen Kollegen bei der Aufklärung der Hintergründe der Anschläge zu unterstützen. Auch auf den deutschen Flughäfen würden strengere Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Krisenstäbe im Innen- und Außenministerium Damit reagierte die Bundesregierung auf den Anschlag mit gekaperten Flugzeugen auf das World Trade Center in New York und das US-Verteidigungsministerium in Washington. Nach Regierungsangaben wurden im Bundesinnenministerium und im Außenministerium Krisenstäbe eingerichtet. Das Lagezentrum des Bundeskanzleramtes wurde personell aufgestockt. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) werde durch das Lagezentrum ständig über die Ereignisse unterrichtet, teilte die Regierung weiter mit. Der Bundessicherheitsrat, dem neben Vertretern des Kanzleramtes auch Vertreter des Außen- und Verteidigungsministeriums sowie einiger anderer Ministerien angehören, sollte erneut am Mittwochmorgen zusammentreten. Eine Unterrichtung der Fraktions- und Parteivorsitzenden hatte am Dienstagabend begonnen. Frankfurter Hochhäuser geräumt Amerikanische und israelische Einrichtungen werden bundesweit verstärkt beschützt und von der Polizei teilweise hermetisch abgeriegelt. Auch die US-Streitkräfte erhöhten ihre Sicherheitsstufe. Die hessische Landesregierung empfahl am Dienstagabend, die größten Hochhäuser in Frankfurt am Main sofort zu räumen. Betroffen wären unter anderem die Gebäude der Messe, der Europäischen Zentralbank und der großen Geschäftsbanken. Auch am Mittwoch sollten Hochhäuser mit besonderem Symbolwert geschlossen bleiben. Ob die Automesse IAA in Frankfurt abgesagt werde, müsse noch geprüft werden, sagte der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU). Sie öffne erst am Freitag für das Publikum. Bis dahin sei noch Zeit, Klarheit über die Lage zu gewinnen. Die für Donnerstag geplante Eröffnungsfeier mit Kanzler Gerhard Schröder (SPD) ist bereits abgesagt worden. Zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen in Berlin Der Berliner Senat veranlasste zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen an Bundesbauten und ausländischen Vertretungen. Alle erforderlichen Maßnahmen für potenziell gefährdete Personen und Gebäude seien getroffen worden, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit. Für Berlin lägen aber keine Erkenntnisse über eine aktuelle Gefährdungslage vor. Besondere Schutzmaßnahmen wurden für die Botschaften der Vereinigten Staaten und Israels, aber auch für palästinensische Einrichtungen veranlasst. Der Katastrophenschutz in der Hauptstadt wurde zudem in Alarmbereitschaft versetzt und auch die Krankenhäuser Berlins befinden sich in Rufbereitschaft. Bundesnachrichtendienst bewertet Anschlag Ein Sprecher des Bundesnachrichtendiensts in Pullach sagte, derzeit sondierten alle verfügbaren Terrorexperten die Lage und bewerteten im Auftrag der Bundesregierung die Informationen. Wie ein Sprecher der US-Luftstreitkräfte im pfälzischen Ramstein berichtete, werden nun vor allem verschärfte Zugangskontrollen auf den Militärflugplätzen angestrengt. Der militärische Flugverkehr laufe dagegen normal weiter. Auch Ausgangssperren seien bisher noch nicht geplant. Auch die rheinland-pfälzische Polizei wurde in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, wie ein Sprecher des Innenministeriums sagte. Der Schutz erstrecke sich auch auf die Wohnsiedlungen amerikanischer Soldaten und ihrer Angehörigen, sagte der Sprecher. In Rheinland-Pfalz sind immer noch Tausende US-Soldaten stationiert. Auch Hamburg, Sachsen, Bayern, Bremen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen erhöhten die Sicherheitsmaßnahmen für amerikanische und israelische Einrichtungen sowie Flughäfen deutlich. US-Firmen überprüfen Sicherheitsmaßnahmen Unterdessen überprüften US-Firmen in Deutschland eine Verschärfung der Sicherheit: "Wir überprüfen unsere Sicherheitsmaßnahmen und haben gerade mehrere Meetings deswegen", sagte eine Sprecherin von Hewlett-Packard Deutschland. Bis aber die Hintergründe und Einzelheiten bekannt seien, werde nichts entschieden. Die Deutsche Bahn kündigte an, ihre Sicherheitskräfte in den Bahnhöfen und technischen Einrichtungen zu verstärken. Das Unternehmen bot den Fluggästen an, unbürokratisch und kostenfrei die Bahn zu nutzen, damit Heimkehrer von Transatlantikflügen ihre Heimatorte erreichen können. Alle USA-Flüge gestoppt Auf Grund des totalen Startverbots im amerikanischen Luftraums waren alle Flüge von Deutschland mit Ziel USA gestoppt oder umgeleitet worden. Maschinen der Deutschen Lufthansa, die nach den USA unterwegs waren, wurden nach Deutschland zurückbeordert oder nach Kanada umgeleitet. Eine Sprecherin der Deutschen Flugsicherung sagte, die Maßnahme sei von der Bundesregierung angeordnet worden. Der Bundestag wird die Beratungen über den Bundeshaushalt nach Angaben der SPD für diese Woche komplett absagen. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Wilhelm Schmidt, sagte am Dienstagabend, diese Empfehlung aller parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktionen werde am Mittwoch beschlossen werden. Dann müsse der Bundestag nur einmal aus formalen Gründen zusammenkommen, damit der Etat später ordnungsgemäß beraten werden könne. Bundeskanzler Gerhard Schröder will am Mittwoch eine Regierungserklärung zur Lage nach den Anschlägen abgeben, eine Debatte dazu ist nicht geplant. Wann die Etatberatungen fortgesetzt werden sollen, ist noch nicht entschieden.
© 2001 Financial Times Deutschland
Alarmstimmung in Deutschland
Der Bundessicherheitsrat hat am Dienstagabend für Deutschland Sofortmaßnahmen nach den Terroranschlägen auf die USA angeordnet. Die Sicherheitsvorkehrungen im ganzen Land wurden erheblich verschärft.
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Nach Regierungsangaben beschloss der Sicherheits-Ausschuss des Bundeskabinetts, die Schutzmaßnahmen für Bundeseinrichtungen sowie für alle US-amerikanischen und israelischen Einrichtungen in Deutschland zu verstärken. Die deutschen Sicherheitsbehörden wurden angewiesen, ihre amerikanischen Kollegen bei der Aufklärung der Hintergründe der Anschläge zu unterstützen. Auch auf den deutschen Flughäfen würden strengere Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Krisenstäbe im Innen- und Außenministerium Damit reagierte die Bundesregierung auf den Anschlag mit gekaperten Flugzeugen auf das World Trade Center in New York und das US-Verteidigungsministerium in Washington. Nach Regierungsangaben wurden im Bundesinnenministerium und im Außenministerium Krisenstäbe eingerichtet. Das Lagezentrum des Bundeskanzleramtes wurde personell aufgestockt. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) werde durch das Lagezentrum ständig über die Ereignisse unterrichtet, teilte die Regierung weiter mit. Der Bundessicherheitsrat, dem neben Vertretern des Kanzleramtes auch Vertreter des Außen- und Verteidigungsministeriums sowie einiger anderer Ministerien angehören, sollte erneut am Mittwochmorgen zusammentreten. Eine Unterrichtung der Fraktions- und Parteivorsitzenden hatte am Dienstagabend begonnen. Frankfurter Hochhäuser geräumt Amerikanische und israelische Einrichtungen werden bundesweit verstärkt beschützt und von der Polizei teilweise hermetisch abgeriegelt. Auch die US-Streitkräfte erhöhten ihre Sicherheitsstufe. Die hessische Landesregierung empfahl am Dienstagabend, die größten Hochhäuser in Frankfurt am Main sofort zu räumen. Betroffen wären unter anderem die Gebäude der Messe, der Europäischen Zentralbank und der großen Geschäftsbanken. Auch am Mittwoch sollten Hochhäuser mit besonderem Symbolwert geschlossen bleiben. Ob die Automesse IAA in Frankfurt abgesagt werde, müsse noch geprüft werden, sagte der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU). Sie öffne erst am Freitag für das Publikum. Bis dahin sei noch Zeit, Klarheit über die Lage zu gewinnen. Die für Donnerstag geplante Eröffnungsfeier mit Kanzler Gerhard Schröder (SPD) ist bereits abgesagt worden. Zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen in Berlin Der Berliner Senat veranlasste zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen an Bundesbauten und ausländischen Vertretungen. Alle erforderlichen Maßnahmen für potenziell gefährdete Personen und Gebäude seien getroffen worden, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit. Für Berlin lägen aber keine Erkenntnisse über eine aktuelle Gefährdungslage vor. Besondere Schutzmaßnahmen wurden für die Botschaften der Vereinigten Staaten und Israels, aber auch für palästinensische Einrichtungen veranlasst. Der Katastrophenschutz in der Hauptstadt wurde zudem in Alarmbereitschaft versetzt und auch die Krankenhäuser Berlins befinden sich in Rufbereitschaft. Bundesnachrichtendienst bewertet Anschlag Ein Sprecher des Bundesnachrichtendiensts in Pullach sagte, derzeit sondierten alle verfügbaren Terrorexperten die Lage und bewerteten im Auftrag der Bundesregierung die Informationen. Wie ein Sprecher der US-Luftstreitkräfte im pfälzischen Ramstein berichtete, werden nun vor allem verschärfte Zugangskontrollen auf den Militärflugplätzen angestrengt. Der militärische Flugverkehr laufe dagegen normal weiter. Auch Ausgangssperren seien bisher noch nicht geplant. Auch die rheinland-pfälzische Polizei wurde in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, wie ein Sprecher des Innenministeriums sagte. Der Schutz erstrecke sich auch auf die Wohnsiedlungen amerikanischer Soldaten und ihrer Angehörigen, sagte der Sprecher. In Rheinland-Pfalz sind immer noch Tausende US-Soldaten stationiert. Auch Hamburg, Sachsen, Bayern, Bremen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen erhöhten die Sicherheitsmaßnahmen für amerikanische und israelische Einrichtungen sowie Flughäfen deutlich. US-Firmen überprüfen Sicherheitsmaßnahmen Unterdessen überprüften US-Firmen in Deutschland eine Verschärfung der Sicherheit: "Wir überprüfen unsere Sicherheitsmaßnahmen und haben gerade mehrere Meetings deswegen", sagte eine Sprecherin von Hewlett-Packard Deutschland. Bis aber die Hintergründe und Einzelheiten bekannt seien, werde nichts entschieden. Die Deutsche Bahn kündigte an, ihre Sicherheitskräfte in den Bahnhöfen und technischen Einrichtungen zu verstärken. Das Unternehmen bot den Fluggästen an, unbürokratisch und kostenfrei die Bahn zu nutzen, damit Heimkehrer von Transatlantikflügen ihre Heimatorte erreichen können. Alle USA-Flüge gestoppt Auf Grund des totalen Startverbots im amerikanischen Luftraums waren alle Flüge von Deutschland mit Ziel USA gestoppt oder umgeleitet worden. Maschinen der Deutschen Lufthansa, die nach den USA unterwegs waren, wurden nach Deutschland zurückbeordert oder nach Kanada umgeleitet. Eine Sprecherin der Deutschen Flugsicherung sagte, die Maßnahme sei von der Bundesregierung angeordnet worden. Der Bundestag wird die Beratungen über den Bundeshaushalt nach Angaben der SPD für diese Woche komplett absagen. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Wilhelm Schmidt, sagte am Dienstagabend, diese Empfehlung aller parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktionen werde am Mittwoch beschlossen werden. Dann müsse der Bundestag nur einmal aus formalen Gründen zusammenkommen, damit der Etat später ordnungsgemäß beraten werden könne. Bundeskanzler Gerhard Schröder will am Mittwoch eine Regierungserklärung zur Lage nach den Anschlägen abgeben, eine Debatte dazu ist nicht geplant. Wann die Etatberatungen fortgesetzt werden sollen, ist noch nicht entschieden.
© 2001 Financial Times Deutschland
