Hoffnungsträger
hig. Mancherlei Hoffnungen und Planspiele des von den rot-grünen Schröpfabsichten alarmierten Bürgers richten sich nun wieder auf die Union. Sie könnte, so das Kalkül, doch über ihre Mehrheit im Bundesrat das Schlimmste verhindern: die Eigenheimzulage retten, die Ausweitung der Spekulationssteuer abwenden, die Mehrwertsteuererhöhung für das Katzenfutter ebenso wie die fiskalische Verteuerung des Dienstwagens. Auch die kleine und große Unternehmen in der Substanz bedrohende Mindestbesteuerung könnte die Union derzeit leicht kippen. Aber will sie das überhaupt? Sie dürfte wenig Interesse daran haben, sich die nächsten vier Jahre dem heiklen Vorwurf auszusetzen, sie blockiere eine Politik, der doch gerade die Mehrheit der Bevölkerung ihre Stimme gegeben hat. "So war das nicht gemeint", murmelt es zwar allerorten im Wahlvolk. Auch der Vorwurf "Wahlbetrug" ist zur Hand. Aber kommen die Steuererhöhungen wirklich so überraschend? Kurz vor der Wahl noch hatten SPD und Grüne zur Steuer gegriffen, als die Flutfolgen finanziert werden mußten. Klar zeichneten sich im Bundesetat und in den Sozialversicherungen große Löcher ab. Die Union wird sich genau überlegen, was sie im Frühjahr im Bundesrat verhindert - zumal auch ihre Länder finanziell klamm sind. Und sie wird zuvor bei den Landtagswahlen vom Wähler ein klares Zeichen für ihre Politik fordern.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.10.2002, Nr. 242 / Seite 11