Abstieg aus der Luxusliga

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Abstieg aus der Luxusliga

 
11.04.02 05:50
Europas Fußballvereinen geht das Geld aus. Die Spielergehälter werden sinken

Der Kaiser hat gesprochen. Franz Beckenbauer sieht nach der Kirch-Pleite nun "eine Chance, das ganze System zu überdenken". Das System - das sind die Gehälter und Transfergelder im Profifußball. Und die schossen in den vergangenen Jahren dank der üppigen Überweisungen des Münchner Medienkonzerns kräftig in die Höhe. Beckenbauer - Premiere-Kommentator und BILD-Kolumnist und damit auch auf der Kirchschen Lohnliste - plädiert jetzt für eine konzertierte Aktion zum Gehälterstopp.

Insgesamt 1,53 Milliarden Euro ließ sich Kirch-Media im Jahr 2000 den Vertrag mit dem Deutschen Fußballbund kosten, der für vier Jahre die TV-Übertragungen der Sender Premiere und Sat.1 sichern sollte. Nun schlägt die Insolvenz von Kirch auf die Kicker durch: Bleiben die Fernsehmilliarden aus, droht dem Profifußball eine Pleitewelle ("Ohne Kirch nur Kreisklasse", ZEIT Nr. 13/02). Denn die Vereine der Ersten und Zweiten Liga sind auf die Fernsehgelder angewiesen.

An die 60 Prozent der Etats der meisten Zweitligisten und auch einiger der Ersten Liga werden von den TV-Einnahmen gedeckt. Andere Quellen sind nur schwer aufzutun. Angesichts der Konjunkturschwäche halten sich die Sponsoren zurück. Ohnehin schieben die Vereine einen Schuldenberg von rund 500 Millionen Euro vor sich her. An diesem Donnerstag will die Deutsche Fußballliga, die alle Vereine der Ersten und Zweiten Liga vertritt, in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung die Lage erörtern. Mit welchen Summen für die kommende Spielzeit geplant werden muss, kann derzeit niemand beantworten.

Aus eigener Kraft bewältigen dürften die Kirch-Pleite nur die sechs umsatzstärksten Klubs der Liga: Bayern München, Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen, der 1. FC Kaiserslautern, der Hamburger SV und Schalke 04. Die anderen darben - und es wird sie kaum trösten, dass es den Vereinen in Spanien oder Italien noch schlechter geht.

Auch wenn der englische Topverein Manchester United seinem Star David Beckham unverändert einen neuen Vertrag anbietet, der ihm ein Wochensalär von 150 000 Euro verspricht: Die üppigsten Gehälter schüttet Italiens Serie A aus. Auf weit mehr als 700 Millionen Euro belaufen sich die Schulden der italienischen Erstligisten. Fast alle Gelder landen auf den Konten der Kicker, nahezu die Hälfte der Spieler wird mit mehr als einer halben Million Euro gelöhnt. Für die Vereine, die sich mit der Konkurrenz in Spanien und England um die teuersten Fußballer balgen, ein Teufelskreis.

Erste Signale zum Umdenken gibt es inzwischen. Beim AC Mailand, der zum Wirtschaftsimperium des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi zählt, will man die Gehälter der Arbeitnehmer auf dem Rasen neu aushandeln. Auch Lazio Rom plant, in der kommenden Saison die Gehälter um ein Drittel zu kürzen. "Keine der 18 Erstligamannschaften konnte einen Gewinn aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit ausweisen", analysierte das Handelsblatt. Dafür umso mehr aus dem Transfergeschäft. So kassierte Juventus Turin, das Fußballunternehmen der Fiat-Familie Agnelli, 77 Millionen Euro für den französischen Nationalspieler Zinedine Zidane. Käufer: Real Madrid.

Doch die Vereine der spanischen Primera Division müssen nun ebenfalls die Gehälter drücken. Immerhin steht ihnen auch noch das Finanzamt auf den Füßen: Allein für die Jahre 1996 bis 1999 soll die Erste Liga Steuerschulden von insgesamt 200 Millionen Euro angehäuft haben.

Für den europäischen Fußballverband Uefa allerhöchste Zeit, sich um mehr Seriosität zu kümmern. Von der Saison 2004/05 an soll es ein europaweites Lizenzierungsverfahren geben, so wie es der Deutsche Fußballbund für seine Clubs bereits heute vorschreibt. Nur wirtschaftlich solide Vereine dürften dann noch spielen. Allerdings: Wenn die Einnahmen wegbrechen, nützt auch ein Lizenzierungsverfahren nicht. Siehe Bundesliga.

zeit.de
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