Staatskonzern Rosneft droht sich an Yukos zu verschlucken
Klage auf 11 Milliarden Dollar gegen ehemaliges Yukos-Management - Hohe Schuldenbelastung - Havarien legen Produktion an 361 Bohrlöchern lahm
von Jens Hartmann
Moskau - Der russische staatliche Erdölkonzern Rosneft hat die Ölgesellschaft Yukos auf Schadenersatz in Höhe von elf Mrd. Dollar verklagt. Rosneft-Juristen werfen Yukos vor, ein "auf Ungesetzlichkeit und Gewissenlosigkeit gegründetes Schema zur Steuerhinterziehung" entwickelt zu haben.
Rosneft hatte im vergangenen Dezember nach einer Zwangsversteigerung die größte Tochter des Yukos-Konzerns, Yuganskneftegaz, für 9,35 Mrd. Dollar gekauft. Der Staatskonzern übernahm auch 5,1 Mrd. Dollar an Steuerschulden und Milliardenforderungen westlicher Gläubiger. Seitdem hat Rosneft Schulden von 20 Mrd. Dollar und ist selbst in finanzielle Schieflage geraten. Das Unternehmen steht jedoch unter dem Schutz von Präsident Wladimir Putin. Rosneft-Aufsichtsrat ist Kreml-Vizestabschef Igor Setschin. Die Rosneft-Juristen werfen dem Yukos-Management vor, die Fördertöchter Yuganskneftegaz ausgeplündert zu haben.
Während Rosneft den Schaden auf 11 Mrd. Dollar beziffert, nimmt der Druck der Gläubiger auf Rosneft selbst zu. So verlangt ein internationales Bankenkonsortium 540 Mio. Dollar. Der Haupt-Aktionär von Yukos, die Investmentgesellschaft Menatep Group, fordert 900 Mio. Dollar. Gläubigerverhandlungen sind für die kommende Woche angesetzt.
Yukos seinerseits schuldet dem Fiskus 27,5 Mrd. Dollar. Das Topmanagement arbeitet von London und Houston/Texas aus. Die Haupteigner von Yukos sitzen entweder, wie Ex-Vorstandschef Michail Chodorkowski, im Gefängnis oder werden polizeilich gesucht. Ölexporte sind gestoppt. Der Fall Yukos wird gemeinhin als Versuch Putins gesehen, seinen Erzfeind Chodorkowski zu entmachten und die Erdölindustrie dem Kreml zu unterstellen.
Auf der Habenseite hat Yukos noch die Ölgesellschaften Tomskneft, Samaraneftegaz und drei Großraffinerien. 2004 produzierte Yukos rund 86 Mio. Tonnen Erdöl. Der Löwenanteil, 51,8 Mio. Tonnen, entfiel auf Yuganskneftegaz. "Wir erwarten, daß Yukos letztendlich wegen der Steuerbescheide und der neuen Rosneft-Forderungen all seine Vermögenswerte verliert", so die Moskauer Investmentbank UFG in einer Analyse. Das Moskauer Arbitragegericht zögert aber mit der Aufnahme des Verfahrens. Rosneft ist die Gerichtsgebühr von 7300 Dollar schuldig geblieben und hat nicht nur Ärger mit seinen Schulden, sondern auch Probleme mit der Produktion. In der vergangenen Woche legten Havarien die Ölförderung an 361 Bohrlöchern lahm.
Der Kampf ums Öl rückt noch einen anderen Spieler in Rußland, den Erdgasmonopolisten Gazprom, ins Rampenlicht. Die Regierung entschied, daß Gazprom bis zur Hauptversammlung am 24. Juni Rosneft übernehmen soll. Gazprom wäre damit der größte Öl- und Gaskonzern der Welt. Die Aktienmehrheit läge beim Staat. Das Rosneft-Management hatte sich gegen die Übernahme gewehrt.
Von dieser Übernahme ist die Rosneft-Tochter Yuganskneftegaz nicht betroffen. Sie soll nicht unter das Dach von Gazprom kommen. Nun ist es möglich, daß der Kreml zwei staatliche Rohstoffgiganten formt: Den Öl- und Gasriesen Gazprom/Rosneft und den reinen Ölkonzern Yuganskneftegaz, dem noch das eine oder andere Yukos-Aktiv zufallen könnte.
Artikel erschienen am Do, 17. März 2005
Klage auf 11 Milliarden Dollar gegen ehemaliges Yukos-Management - Hohe Schuldenbelastung - Havarien legen Produktion an 361 Bohrlöchern lahm
von Jens Hartmann
Moskau - Der russische staatliche Erdölkonzern Rosneft hat die Ölgesellschaft Yukos auf Schadenersatz in Höhe von elf Mrd. Dollar verklagt. Rosneft-Juristen werfen Yukos vor, ein "auf Ungesetzlichkeit und Gewissenlosigkeit gegründetes Schema zur Steuerhinterziehung" entwickelt zu haben.
Rosneft hatte im vergangenen Dezember nach einer Zwangsversteigerung die größte Tochter des Yukos-Konzerns, Yuganskneftegaz, für 9,35 Mrd. Dollar gekauft. Der Staatskonzern übernahm auch 5,1 Mrd. Dollar an Steuerschulden und Milliardenforderungen westlicher Gläubiger. Seitdem hat Rosneft Schulden von 20 Mrd. Dollar und ist selbst in finanzielle Schieflage geraten. Das Unternehmen steht jedoch unter dem Schutz von Präsident Wladimir Putin. Rosneft-Aufsichtsrat ist Kreml-Vizestabschef Igor Setschin. Die Rosneft-Juristen werfen dem Yukos-Management vor, die Fördertöchter Yuganskneftegaz ausgeplündert zu haben.
Während Rosneft den Schaden auf 11 Mrd. Dollar beziffert, nimmt der Druck der Gläubiger auf Rosneft selbst zu. So verlangt ein internationales Bankenkonsortium 540 Mio. Dollar. Der Haupt-Aktionär von Yukos, die Investmentgesellschaft Menatep Group, fordert 900 Mio. Dollar. Gläubigerverhandlungen sind für die kommende Woche angesetzt.
Yukos seinerseits schuldet dem Fiskus 27,5 Mrd. Dollar. Das Topmanagement arbeitet von London und Houston/Texas aus. Die Haupteigner von Yukos sitzen entweder, wie Ex-Vorstandschef Michail Chodorkowski, im Gefängnis oder werden polizeilich gesucht. Ölexporte sind gestoppt. Der Fall Yukos wird gemeinhin als Versuch Putins gesehen, seinen Erzfeind Chodorkowski zu entmachten und die Erdölindustrie dem Kreml zu unterstellen.
Auf der Habenseite hat Yukos noch die Ölgesellschaften Tomskneft, Samaraneftegaz und drei Großraffinerien. 2004 produzierte Yukos rund 86 Mio. Tonnen Erdöl. Der Löwenanteil, 51,8 Mio. Tonnen, entfiel auf Yuganskneftegaz. "Wir erwarten, daß Yukos letztendlich wegen der Steuerbescheide und der neuen Rosneft-Forderungen all seine Vermögenswerte verliert", so die Moskauer Investmentbank UFG in einer Analyse. Das Moskauer Arbitragegericht zögert aber mit der Aufnahme des Verfahrens. Rosneft ist die Gerichtsgebühr von 7300 Dollar schuldig geblieben und hat nicht nur Ärger mit seinen Schulden, sondern auch Probleme mit der Produktion. In der vergangenen Woche legten Havarien die Ölförderung an 361 Bohrlöchern lahm.
Der Kampf ums Öl rückt noch einen anderen Spieler in Rußland, den Erdgasmonopolisten Gazprom, ins Rampenlicht. Die Regierung entschied, daß Gazprom bis zur Hauptversammlung am 24. Juni Rosneft übernehmen soll. Gazprom wäre damit der größte Öl- und Gaskonzern der Welt. Die Aktienmehrheit läge beim Staat. Das Rosneft-Management hatte sich gegen die Übernahme gewehrt.
Von dieser Übernahme ist die Rosneft-Tochter Yuganskneftegaz nicht betroffen. Sie soll nicht unter das Dach von Gazprom kommen. Nun ist es möglich, daß der Kreml zwei staatliche Rohstoffgiganten formt: Den Öl- und Gasriesen Gazprom/Rosneft und den reinen Ölkonzern Yuganskneftegaz, dem noch das eine oder andere Yukos-Aktiv zufallen könnte.
Artikel erschienen am Do, 17. März 2005