Y2K-Problem / Euro-Umstellung: Unterschiede?!?

Beitrag: 1
Zugriffe: 263 / Heute: 1
Happy End:

Y2K-Problem / Euro-Umstellung: Unterschiede?!?

 
04.12.01 23:14
4. Dez. 2001 Erhebungen der Europäischen Kommission und anderer Institutionen belegen in regelmäßigen Abständen die schlechte Vorbereitung der Unternehmen auf den Euro. Im Frühjahr 2001 ergab eine Umfrage von PricewaterhouseCoopers, dass erst 38 Prozent der deutschen Unternehmen ihre Hauswährung auf den Euro umgestellt haben.

Auch der zweite Kommissionsbericht, den Pedro Solbes als EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung im Oktober dieses Jahres in Brüssel vorstellte, gab keine Entwarnung. Demnach ist besonders der Rückstand der kleinen und mittleren Unternehmen Besorgnis erregend: Nur ein Prozent dieser Firmen gehe davon aus, gut auf die Euro-Einführung vorbereitet zu sein, während nur eines von fünf Unternehmen meine, die Umstellung reibungslos abwickeln zu können.

In öffentlichen Diskussionen werden diese Zahlen jedoch als unnötiges Verbreiten von Panik bewertet. Verbandsvertreter des Einzelhandels werden nicht müde, die Kreativität des Mittelständlers zu beschwören, der die Bargeldumstellung mit einem einfachen Schuhkarton als zusätzliche Kasse bewältigen soll. Ein prägnantes Beispiel derartiger Verharmlosung ist die Vorbereitung der unternehmensintern verwendeten EDV auf die befürchteten Computerprobleme zum Jahreswechsel 1999/2000, auch als Y2K bezeichnet. Alle Experten hatten vor dem Chaos gewarnt. Alle Firmen hatten dazu spezielle Projekte aufgesetzt, und was ist passiert? Nichts! Sollte diese Erfahrung beruhigen oder nicht? Sind die Probleme Y2000 und Euro vergleichbar?

Rückblick: Umstellung auf das Jahr 2000

Das Problem bei der Umstellung auf das Jahr 2000 bestand darin, dass Programme und Systemsteuerungen zum Teil mit zweistelligen Jahresangaben arbeiteten. Werden mit diesen Daten logische Vergleiche durchgeführt, so entstehen falsche Ergebnisse, da die Zahlenkombination 00 kleiner als 99 ist. Ob ein derart unsinniges Resultat zur Fehlfunktion eines Programms führt, hängt von der Fehlerbehandlung im Programm ab. In Vorbereitung auf das Jahr 2000 wurde deshalb entweder die Software mit zweistelligen Jahresangaben vollständig ersetzt oder die Datumsfelder wurden auf vier Stellen erweitert. Zudem erfolgte eine Anpassung der Vergleichsroutinen.

Diese Y2000-Projekte schlossen viele Fehler im Vorfeld aus. Zum Teil sind Anwendungen jedoch nicht angepasst worden - mit viel Glück liefen sie problemlos weiter und konnten am ersten Januar 2000 wieder gestartet werden.

Das Y2000-Problem konzentrierte sich auf die Funktion von einzelnen Programmen, Programmpaketen und Systemsteuerungen. Daher konnten in der Kommunikation zwischen einzelnen Programmpaketen und in der Abwicklung von Prozessen in der Regel keine Schwierigkeiten auftreten.

Die Umstellung auf den Euro

Die Währungsumstellung auf den Euro unterscheidet sich von der Umstellung auf das Jahr 2000: Sie betrifft alle Funktionsbereiche und Systeme eines Unternehmens, da in allen Geschäftsprozessen monetär bewertete Informationen erstellt und verarbeitet werden. Die neue Währung stellt die Unternehmen vor die Herausforderung, die Wertabbildung in allen Prozessen und Datenverarbeitungssystemen auf eine neue Recheneinheit umzustellen.

Betroffen sind davon die Buchhaltung, aber auch die Bereiche Personal, Beschaffung, Lagerhaltung, Produktion und Vertrieb. Denn sowohl in der Lohn- und Gehaltsabrechnung, einer Bestellung, der Bewertung von Lagerbeständen, der Kalkulation von Eigenerzeugnissen und der Erstellung von Kundenrechnungen finden sich in Belegen, Erfassungsmasken sowie Auswertungslisten D-Mark-Werte, die ab dem ersten Januar 2002 auf Euro-Werte umzustellen sind.

Die drei wesentlichen Bereiche bei der Euro-Umstellung sind:

· Bargeld
· Euro-Korrespondenzfähigkeit
· Hauswährungsumstellung.

Die Verteilung des Bargeldes ist eine logistische Herausforderung, die die Banken bereits zu einem großen Teil bewältigt haben. Der Euro liegt in Bunkern und Safes bereit. Das Bargeld lässt sich zur Not einfach mit einer zweiten Kasse austauschen. Das Bargeldproblem ist zwar das bekannteste aber das kleinste Euro-Problem.

Spätestens ab dem ersten Januar 2002 muss zudem die Euro-Korrespondenzfähigkeit mit allen Geschäftspartnern gewährleistet sein. Im Umgang mit den Lieferanten ist es erforderlich, Bestellungen in Euro erzeugen und Eingangsrechnungen in Euro bezahlen zu können. Für den Kunden heißt das, dass Preislisten Euro-Beträge ausweisen, Angebote in Euro erstellt werden und die Fakturierung in Euro erfolgen kann.

Die größte Herausforderung stellt die Umstellung der internen Abwicklung und der Datenverarbeitungssysteme auf den Euro - die Hauswährungsumstellung - dar. In der Regel sind dazu die Datenbestände aller internen Systeme von Mark auf Euro umzurechnen.

Entweder stellen Softwarelieferanten die Umrechnungsprogramme dazu bereit oder die Anwender entwickeln diese selbst. Bevor die Umrechnungsprogramme mit der Datenkonvertierung starten können sind ein Testsystem zu installieren, die Konsistenz der Datenbestände zu prüfen und die Altdaten zu archivieren. Projekte zur Umstellung der Hauswährung benötigen Zeit: Vom Einspielen der Umrechnungsprogramme bis zu den Testläufen und der Dokumentation brauchen größere Unternehmen erfahrungsgemäß zwischen drei und zwölf Monaten.

Der derzeitige Stand der Vorbereitung in puncto Korrespondenzfähigkeit und Hauswährungsumstellung ist noch unzureichend. Die Steuerberater-Genossenschaft Datev zeigt sich über die Euro-Abstinenz der kleinen und mittleren Firmen besorgt. Die 38.000 der Genossenschaft angeschlossenen Steuerberater und Rechtsanwälte erledigen die Buchführung von mehr als zwei Millionen Firmen.

Insgesamt gibt es in Deutschland 2,9 Millionen umsatzsteuerpflichtigen Betriebe. Nach Aussage des Datev-Sprechers Thomas Keller im Oktober dieses Jahres, haben erst fünf Prozent dieser vorwiegend kleinen Betriebe ihre Systeme bereits auf den Euro umgestellt. Die meisten Firmen hätten es auf die lange Bank geschoben und seien der Meinung, dass es ausreicht, wenn der Steuerberater zum ersten Januar 2001 den Hebel umlegt.

Ist Nichtstun eine Option bei der Vorbereitung auf den Euro?

Die Antwort lautet: Nein. Denn ab dem ersten Januar 2002 ist eine Reihe von Anpassungen zwingend erforderlich, die nicht ohne Eingriffe in die Organisation und Datenverarbeitungssysteme zu gewährleisten sind. Das Herstellen der Euro-Korrespondenzfähigkeit mit Kunden und Lieferanten, die Umstellung der Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie die Hauswährungsumstellung der Systeme und Buchführung auf Euro sind keine Aufgaben, die sich mit einem Schuhkarton als zusätzliche Kasse lösen lassen.

Gruß
Happy End    
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--