Preisanstieg
Spekulanten treiben den Ölpreis
Von Judith Lembke
Hedge-Fonds bringen den Ölmarkt wieder in Schwung: Pumpe in Bahrein
12. Juni 2009 Der Anstieg des Ölpreises auf mehr als 70 Dollar und damit den höchsten Stand seit Ende Oktober 2008 hat auch die Benzinpreise nach oben getrieben. Laut einer Analyse des ADAC hat sich der Preis für Super seit der vergangenen Woche in Deutschland um durchschnittlich 3,3 Cent auf 1,331 Euro verteuert. Diesel stieg um 3,9 Cent auf 1,081 Euro.
„Wenn die Rohölpreise steigen, macht sich das mit einer kurzen Zeitverzögerung auch an der Tankstelle bemerkbar“, heißt es beim ADAC. Zusätzlich hätte es einen Aufschlag wegen des Fronleichnams-Wochenendes gegeben, das viele Autofahrer für eine Kurzreise genutzt haben. Nach Ansicht des deutschen Automobilclubs bestehe jedoch die Chance, dass sich Benzin in der kommenden Woche schon wieder etwas verbillige. „Die Kraftstoffpreise sind im Moment zu hoch“, heißt es.
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Der aktuelle Preis ist zu hoch
Die gleiche Einschätzung vertreten viele Analysten auch mit Blick auf die aktuellen Rohölpreise. Am Freitag kostete ein Barrel (159 Liter) der amerikanischen Leichtölsorte WTI mehr als 71 Dollar, nachdem es am Vortag auf sein Jahreshoch von 73,23 Dollar geklettert war. Die Nordseesorte Brent kostete 70,50 Dollar nach 72,27 Dollar am Vortag. „Gemessen an den Fundamentaldaten ist der aktuelle Preis zu hoch“, schreibt Gareth Lewis-Davies von Dresdner Kleinwort in einem Marktkommentar.
Auch die Rohstoffanalysten der Deka-Bank sind der Ansicht, das momentane Preisniveau berge ein deutliches Rückschlagpotential. „Wir erwarten eine technische Korrektur auf Preise unter 60 Dollar je Barrel“, sagt auch Christoph Eibl vom auf Rohstoffe spezialisierten Investmenthaus Tiberius.
Starke Nachfrage aus China
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Den Ölpreis hatte in dieser Woche vor allem ein am Donnerstag veröffentlichter Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) beflügelt. Die IEA erhöhte ihre Prognose für die Ölnachfrage im laufenden Jahr um 120.000 Barrel auf insgesamt 83,3 Millionen Fass täglich. Vor allem wegen der starken Nachfrage aus China werde der Ölverbrauch 2009 weniger stark fallen als erwartet, hieß es.
Auch wenn die Schätzungen nun noch immer 2,9 Prozent unter den Werten für 2008 liegen, stimmte die erste Anhebung der Nachfragevorhersage seit August 2008 den Markt optimistisch. Die beschwichtigenden Worte von David Fyfe, Leiter der Sektion Ölindustrie, man sei sich nicht sicher, ob man es mit einem belastbaren Signal wirtschaftlichen Aufschwungs oder einem Auffüllen der Lager zu tun hatte, ignorierte der Markt.
Kaufkontrakte mehr als verdreifacht
Analysten weisen hingegen immer wieder darauf hin, dass die Öllager aktuell äußerst voll seien, so dass selbst ein unerwarteter Anstieg der Nachfrage aus den Vorräten bestritten werden könnte. Zusätzlich zu den Reserven an Land lagern zusätzlich 100 Millionen Barrel auf See und auch die strategischen Reserven der Regierungen sind mit 1,6 Milliarden Barrel äußerst hoch.
Dagegen nimmt sich ein unerwartet starker Rückgang der Rohölvorräte in den Vereinigten Staaten in dieser Woche um 4,38 Millionen Barrel auf 361,6 Millionen Barrel wie ein Tropfen auf dem heißen Stein aus, zumal die Vorräte noch immer etwa 20 Prozent höher sind als im Vorjahr. Außerdem gehen Marktbeobachter davon aus, dass der steigende Ölpreis die Förderdisziplin der Erdöl exportierenden Länder (Opec) noch weiter untergrabe. Schon die Produktionszahlen für April hatten gezeigt, dass vor allem kleinere Opec-Staaten ihre Fördermenge entgegen der Abmachung erhöht hatten.
So liegt die Schlussfolgerung nicht besonders fern, dass der starke Preisanstieg der vergangenen Wochen zu einem großen Teil auf der Aktivität von Spekulanten beruht. „Seit Beginn des Quartals ist wieder viel Kapital in den Rohstoffsektor geflossen“, sagt Sven Streitmayer, Rohstoffanalyst der LBBW. Gegenüber dem Jahresbeginn hätten sich die von Großanlegern wie Hedge-Fonds gehaltenen Kaufkontrakte an den amerikanischen Rohstoffbörsen mehr als verdreifacht.