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13.07.2008 14:20
Wie viele bittere Pillen kommen noch?
Anleger müssen im Moment Nerven wie Drahtseile haben. Die Aktienkurse schwankten in der vergangenen Woche heftig, und das dürfte auch in der kommenden Woche so bleiben. Die Angst vor einer Angst vor einem Kollaps weiterer Banken geht um.
Eine bittere Pille gab es bereits am Freitagabend: Nach Börsenschluss wurde bekannt, dass der US-Hypothekenfinanzierer IndyMac zusammengebrochen ist, womit die Kreditkrise einen neuen Tiefpunkt erreichte. Der größte unabhängige börsennotierte Baufinanzierer wurde vom Staat übernommen, nachdem das Institut in massive Kapitalnöte geraten war. Es ist eine der größten Bankenpleiten in der US-Geschichte überhaupt und bereits der fünfte Zusammenbruch eines Instituts in diesem Jahr. Von den Börsen verdaut wird die bittere Pille erst am Montag - keine guten Aussichten also für den Wochenstart.
In der vergangenen Woche hatten Freddie Mac und Fannie Mae die Börsenwelt in Atem gehalten, denen ebenfalls der Kollaps droht. Die staatliche Übernahme von IndyMac fachte allerdings Spekulationen an, dass auch die angeschlagenen Hypothekenfinanzierer auf einen ähnlichen Rettungsanker vom Staat hoffen könnten. So erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus verschiedenen Kreisen, dass US-Notenbankchef Ben Bernanke eine Notfall-Finanzspritze für Freddie und Fannie plane. Eine Sprecherin der US-Notenbank sagte dagegen, es seien keine Diskussionen mit den beiden Konzernen über Zugang zum Diskontfenster der Notenbank geführt worden.
Angst vor der totalen Explosion
Unsicherheit bleibt also das dominierende Gefühl. Schwarzseher sprechen schon von der totalen Explosion des gesamten Finanzsystems oder von einer Kernschmelze. Kein Wunder, schließlich sind schon etliche Banken ins Schleudern geraten: J. P. Morgan, Lehman Brothers, Bear Stearns, Wachovia, UBS, Credit Suiss.
Die Angst vor einem Kollaps von Banken dominiert die Grundstimmung, weshalb Anleger im gerade begonnenen Bilanzreigen vor allem auf die Quartalsbilanzen der Banken Acht geben werden. In der kommenden Wochen präsentieren JP Morgan, Merrill Lynch und Citigroup als US-Schwergewichte der Branche ihre Bilanzzahlen.
Darüber hinaus kommen Ergebnisse zahlreicher anderer Konzerne: Unter anderem berichten Intel und Johnson & Johnson am Dienstag, Ebay am Mittwoch. Microsoft, Google und IBM folgen am Donnerstag. Aus Europa stehen vor allem Zahlen von Philips am Montag, Rio Tinto am Mittwoch und Nokia und Novartis am Donnerstag im Vordergrund.
Die Konjunkturdaten der Woche
Konjunkturzahlen stehen ebenfalls an. Allerdings machen Experten keine große Hoffnung, dass diese dem Dax zu Kursgewinnen verhelfen. "So langsam wird es immer offensichtlicher, dass sich die Wirtschaftslage verschlechtert", sagt Chefvolkswirt Carsten Klude von MM Warburg. Der am Dienstag bevorstehende ZEW-Index dürfte deswegen keine positiven Impulse geben: Von Reuters befragte Experten rechnen damit, dass der Index, der die Erwartungen von Börsenexperten für die deutsche Wirtschaft widerspiegelt, im Juli auf minus 55 Punkte von minus 52,4 Zähler abgesackt ist. "Auch die letzten Optimisten werden die Flinte ins Korn werfen", so Klude. "Die guten konjunkturellen Zeiten mit Wachstumsraten von zwei bis drei Prozent sind vorbei".
In den USA stehen die Erzeugerpreise und die Einzelhandelsumsätze für Juni am Dienstag, die Verbraucherpreise und die Industrieproduktion am Mittwoch sowie Immobiliendaten und der Philly-Fed-Index am Donnerstag an. Starke Beachtung sollte aber vor allem die halbjährliche Anhörung des US-Notenbankpräsidenten Ben Bernanke vor dem US-Senat am Dienstag und im Anschluss vor dem Repräsentantenhaus am Mittwoch finden. Das Protokoll der Sitzung der US-Notenbank vom 24. bis 25. Juni, das am Mittwoch veröffentlicht wird, dürfte indes keine neuen Erkenntnisse bringen.
Sturmhaube auf!
Commerzbank-Aktienstratege Markus Wallner prognostiziert eine schwierige Woche. "Niemand weis, was die Banken noch in ihren Portfolios haben, und solange das so bleibt, wird immer wieder Unsicherheit aufkommen und den Markt belasten", prognostiziert. "Es dürfte eine Woche geben wie die abgelaufene: mal zwei Prozent hoch und dann wieder zwei runter." Auch Frederic Dickson, Marktstratege bei D.A. Davidson & Co. sieht kurzfristig keinen Silberstreif am Horizont. "Ich habe mir bereits meine Sturmhaube aufgesetzt und meine Rüstung angezogen. Wir erwarten eine weitere Berg- und Talfahrt an den Märkten, die auf Bilanzdaten, Öl und der Krise bei den Immobilienfinanzierern reagieren werden."
13.07.2008 14:20
Wie viele bittere Pillen kommen noch?
Anleger müssen im Moment Nerven wie Drahtseile haben. Die Aktienkurse schwankten in der vergangenen Woche heftig, und das dürfte auch in der kommenden Woche so bleiben. Die Angst vor einer Angst vor einem Kollaps weiterer Banken geht um.
Eine bittere Pille gab es bereits am Freitagabend: Nach Börsenschluss wurde bekannt, dass der US-Hypothekenfinanzierer IndyMac zusammengebrochen ist, womit die Kreditkrise einen neuen Tiefpunkt erreichte. Der größte unabhängige börsennotierte Baufinanzierer wurde vom Staat übernommen, nachdem das Institut in massive Kapitalnöte geraten war. Es ist eine der größten Bankenpleiten in der US-Geschichte überhaupt und bereits der fünfte Zusammenbruch eines Instituts in diesem Jahr. Von den Börsen verdaut wird die bittere Pille erst am Montag - keine guten Aussichten also für den Wochenstart.
In der vergangenen Woche hatten Freddie Mac und Fannie Mae die Börsenwelt in Atem gehalten, denen ebenfalls der Kollaps droht. Die staatliche Übernahme von IndyMac fachte allerdings Spekulationen an, dass auch die angeschlagenen Hypothekenfinanzierer auf einen ähnlichen Rettungsanker vom Staat hoffen könnten. So erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus verschiedenen Kreisen, dass US-Notenbankchef Ben Bernanke eine Notfall-Finanzspritze für Freddie und Fannie plane. Eine Sprecherin der US-Notenbank sagte dagegen, es seien keine Diskussionen mit den beiden Konzernen über Zugang zum Diskontfenster der Notenbank geführt worden.
Angst vor der totalen Explosion
Unsicherheit bleibt also das dominierende Gefühl. Schwarzseher sprechen schon von der totalen Explosion des gesamten Finanzsystems oder von einer Kernschmelze. Kein Wunder, schließlich sind schon etliche Banken ins Schleudern geraten: J. P. Morgan, Lehman Brothers, Bear Stearns, Wachovia, UBS, Credit Suiss.
Die Angst vor einem Kollaps von Banken dominiert die Grundstimmung, weshalb Anleger im gerade begonnenen Bilanzreigen vor allem auf die Quartalsbilanzen der Banken Acht geben werden. In der kommenden Wochen präsentieren JP Morgan, Merrill Lynch und Citigroup als US-Schwergewichte der Branche ihre Bilanzzahlen.
Darüber hinaus kommen Ergebnisse zahlreicher anderer Konzerne: Unter anderem berichten Intel und Johnson & Johnson am Dienstag, Ebay am Mittwoch. Microsoft, Google und IBM folgen am Donnerstag. Aus Europa stehen vor allem Zahlen von Philips am Montag, Rio Tinto am Mittwoch und Nokia und Novartis am Donnerstag im Vordergrund.
Die Konjunkturdaten der Woche
Konjunkturzahlen stehen ebenfalls an. Allerdings machen Experten keine große Hoffnung, dass diese dem Dax zu Kursgewinnen verhelfen. "So langsam wird es immer offensichtlicher, dass sich die Wirtschaftslage verschlechtert", sagt Chefvolkswirt Carsten Klude von MM Warburg. Der am Dienstag bevorstehende ZEW-Index dürfte deswegen keine positiven Impulse geben: Von Reuters befragte Experten rechnen damit, dass der Index, der die Erwartungen von Börsenexperten für die deutsche Wirtschaft widerspiegelt, im Juli auf minus 55 Punkte von minus 52,4 Zähler abgesackt ist. "Auch die letzten Optimisten werden die Flinte ins Korn werfen", so Klude. "Die guten konjunkturellen Zeiten mit Wachstumsraten von zwei bis drei Prozent sind vorbei".
In den USA stehen die Erzeugerpreise und die Einzelhandelsumsätze für Juni am Dienstag, die Verbraucherpreise und die Industrieproduktion am Mittwoch sowie Immobiliendaten und der Philly-Fed-Index am Donnerstag an. Starke Beachtung sollte aber vor allem die halbjährliche Anhörung des US-Notenbankpräsidenten Ben Bernanke vor dem US-Senat am Dienstag und im Anschluss vor dem Repräsentantenhaus am Mittwoch finden. Das Protokoll der Sitzung der US-Notenbank vom 24. bis 25. Juni, das am Mittwoch veröffentlicht wird, dürfte indes keine neuen Erkenntnisse bringen.
Sturmhaube auf!
Commerzbank-Aktienstratege Markus Wallner prognostiziert eine schwierige Woche. "Niemand weis, was die Banken noch in ihren Portfolios haben, und solange das so bleibt, wird immer wieder Unsicherheit aufkommen und den Markt belasten", prognostiziert. "Es dürfte eine Woche geben wie die abgelaufene: mal zwei Prozent hoch und dann wieder zwei runter." Auch Frederic Dickson, Marktstratege bei D.A. Davidson & Co. sieht kurzfristig keinen Silberstreif am Horizont. "Ich habe mir bereits meine Sturmhaube aufgesetzt und meine Rüstung angezogen. Wir erwarten eine weitere Berg- und Talfahrt an den Märkten, die auf Bilanzdaten, Öl und der Krise bei den Immobilienfinanzierern reagieren werden."