Wirecard braucht endlich Strukturen, die eines Dax-Konzerns würdig sind
Von: Michael Maisch
Markus Braun ist noch immer wertvoll für den Zahlungsdienstleister. Aber die Dominanz des Vorstandschefs ist ein Risiko für die Zukunft des Unternehmens.
Als Aktionär von Wirecard braucht man in diesen Tagen starke Nerven. Erst der kritische Bericht der Sonderprüfer von KPMG samt dem anschließenden Absturz an der Börse, jetzt auch noch eine Anzeige der Finanzaufsicht wegen des Verdachts auf Marktmanipulation und die damit verbundene Durchsuchung durch die Münchner Staatsanwaltschaft. Und als wäre das noch nicht aufregend genug, musste der Konzern die Veröffentlichung seines Zahlenwerks für 2019 noch einmal verschieben, weil das Testat des Wirtschaftsprüfers aussteht.
Die Ursache des ganzen Tohuwabohus liegt auf der Hand: Wirecard schaffte zwar im Eiltempo den Sprung in die erste Börsenliga, aber leider sind die Kontrollstrukturen dabei nicht mitgewachsen. Das Verdienst für den rasanten Aufstieg darf sich der charismatische Vorstandschef und Großaktionär Markus Braun zurechnen. Genauso muss er aber auch einen großen Teil der Verantwortung für die Versäumnisse übernehmen.
Kein anderer Chef eines Dax-Konzerns dominiert sein Unternehmen so sehr wie Braun. Diese Dominanz hat Wirecard dahin geführt, wo der Konzern heute steht.
Auf Dauer ist diese Machtkonzentration aber nicht gesund – das zeigen die Turbulenzen der vergangenen Wochen und Monate. Gerade Visionäre wie Braun brauchen robuste Strukturen und Kontrollinstanzen um sich herum, wenn Unternehmen auf Dauer blühen und nicht wie Sternschnuppen verglühen sollen.
Wirecard-Aufsichtsratschef Thomas Eichelmann weiß das. Deshalb holt er starke Manager von außen ins Kontrollgremium und in den Vorstand. Ein wichtiger Schritt fehlt allerdings noch: Wirecard braucht eine glaubwürdige Nachfolgeplanung für Braun, völlig unabhängig von der Frage, wie sehr die aktuellen Turbulenzen den Vorstandschef belasten.
Ein langfristig angelegter Plan für das Topmanagement gehört einfach zum Grundinstrumentarium guter Unternehmensführung und müsste eigentlich auch im Interesse Brauns liegen. Schließlich würden solche Vorsichtsmaßnahmen dazu beitragen, die Zukunft seines Lebenswerks zu sichern.
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