Vor fast vier Jahren wurde der Düsseldorfer Industriekonzern geschluckt - Heute ist er komplett zerschlagen
von Jürgen H. Wintermann
Düsseldorf - Einst füllte der traditionsreiche Mannesmann-Konzern mit seinen vielen stolzen Töchtern im Düsseldorfer Telefonbuch ganze Spalten. Wer heute unter "M" wie Mannesmann nachschlägt, stößt nur noch auf traurige Überreste wie Mannesmann-Demag oder Mannesmann-Eurokom. Doch selbst dieser Torso täuscht. Mannesmann-Demag gehört längst zum Siemens-Konzern, und wer die für Mannesmann-Eurokom angegeben Telefonnummer wählt, bekommt zu hören: "Kein Anschluss unter dieser Nummer".
Das ehemalige Flaggschiff der deutschen Industrie ist, knapp vier Jahre nach der mit 190 Mrd. Euro größten Übernahmeschlacht in der Aktiengeschichte, zerschlagen und verschwunden. Vom Mannesmann-Hochhaus am Düsseldorfer Rheinufer signalisiert seit Ende 2000 der rote Schriftzug "Vodafone" die neue Zeit. Das blaue Mannesmann-Emblem: verschrottet. Die Mannesmann-Aktie: vom Kurszettel gestrichen. Die Mannesmann AG heißt jetzt Vodafone AG.
Für Vodafone ging die Übernahme strategisch wie finanziell voll auf. Mit dem Mannesmann-Mobilfunk D2 erreichten die Briten die angestrebte Führungsposition im europäischen Mobilfunkmarkt. Und der anschließende Einzelverkauf aller übrigen Mannesmann-Aktivitäten spülte ziemlich genau 57 Mrd. Euro in die von der Übernahme arg strapazierte Vodafone-Kasse. Den größten Brocken, runde 30 Mrd. Euro, brachte allein der von den Brüsseler Kartellwächtern verfügte Weiterverkauf der Mannesmann-Mobilfunktochter Orange ein. Die Veräußerung der italienischen Festnetzgesellschaft Infostrada kam bei sieben Mrd. Euro zu Stande. Das Automotive-Geschäft (VDO, Sachs), der Maschinen- und Anlagenbau (Dematic) oder die weltweit führende Hydraulik (Rexroth) gingen für rund zehn Mrd. Euro geschlossen an Siemens und Bosch. Für die Nobeluhren-Marken "Lange", "IWC" und "Jaeger-LeCoultre" legte der südafrikanische Käufer Richemont 1,8 Mrd. Euro auf den Tisch. Doch um die verlustreichen Mannesmannröhren-Werke losschlagen zu können, musste Vodafone-Chef Chris Gent der übernehmenden Salzgitter AG 150 Mio. Euro bar draufzahlen.
Im Nachhinein erweist sich das Tempo, mit dem Gent den Mannesmann-Konzern direkt nach der Übernahme zerschlagen und versilbert hatte, als überaus glücklich. Die damals erzielten Preise hätte später kein Interessent mehr gezahlt. Deshalb war auch die Entscheidung, den vom letzten Mannesmann-Vorstand favorisierten Börsengang der industriellen Aktivitäten unter dem Namen "Atecs AG" zu Fall zu bringen und stattdessen die Einzelteile zügig zu verscherbeln, finanziell richtig.
Die Zusage der Atecs-Käufer Siemens und Bosch eines wenigstens dreijährigen Substanzschutz der übernommenen Atecs-Firmen war bald Makulatur. Demag, Rexroth, Krauss-Maffei oder VDO wurden aufgeteilt, Teile davon weitergereicht oder geschlossen. "Total zerrupft und zerschlagen" jammerte der frühere Konzernbetriebsratschef Jürgen Ladberg.
Zu den Siegern der Übernahmeschlacht zählen auch die Mannesmann-Aktionäre. Sie konnten ihre Aktien reichlich vergolden. Allein von November bis Anfang Februar verdoppelte sich der Kurs. Auch die meisten Mitarbeiter in den operativen Gesellschaften hatten am Ende noch das Glück, ihre Arbeitsplätze unter den neuen Eigentümern zu behalten. Im Gegensatz zu rund 150 hoch qualifizierten Mitarbeitern der Konzernzentrale. Sie wurden nicht mehr gebraucht.
Ganz untergehen wird von Mannesmann zumindest der Traditionsname nicht. Die Salzgitter AG hat sich bei Übernahme der Mannesmannröhren-Werke die Option auf den Namens Mannesmann gesichert. Ansonsten erinnert in Düsseldorf nur noch das "Mannesmannufer" an den Ursprung vor fast 115 Jahren. Damals hatten Reinhard und Max Mannesmann, die Erfinder des nahtlosen Stahlrohrs, das nach ihnen benannte Unternehmen gegründet.
welt.de
von Jürgen H. Wintermann
Düsseldorf - Einst füllte der traditionsreiche Mannesmann-Konzern mit seinen vielen stolzen Töchtern im Düsseldorfer Telefonbuch ganze Spalten. Wer heute unter "M" wie Mannesmann nachschlägt, stößt nur noch auf traurige Überreste wie Mannesmann-Demag oder Mannesmann-Eurokom. Doch selbst dieser Torso täuscht. Mannesmann-Demag gehört längst zum Siemens-Konzern, und wer die für Mannesmann-Eurokom angegeben Telefonnummer wählt, bekommt zu hören: "Kein Anschluss unter dieser Nummer".
Das ehemalige Flaggschiff der deutschen Industrie ist, knapp vier Jahre nach der mit 190 Mrd. Euro größten Übernahmeschlacht in der Aktiengeschichte, zerschlagen und verschwunden. Vom Mannesmann-Hochhaus am Düsseldorfer Rheinufer signalisiert seit Ende 2000 der rote Schriftzug "Vodafone" die neue Zeit. Das blaue Mannesmann-Emblem: verschrottet. Die Mannesmann-Aktie: vom Kurszettel gestrichen. Die Mannesmann AG heißt jetzt Vodafone AG.
Für Vodafone ging die Übernahme strategisch wie finanziell voll auf. Mit dem Mannesmann-Mobilfunk D2 erreichten die Briten die angestrebte Führungsposition im europäischen Mobilfunkmarkt. Und der anschließende Einzelverkauf aller übrigen Mannesmann-Aktivitäten spülte ziemlich genau 57 Mrd. Euro in die von der Übernahme arg strapazierte Vodafone-Kasse. Den größten Brocken, runde 30 Mrd. Euro, brachte allein der von den Brüsseler Kartellwächtern verfügte Weiterverkauf der Mannesmann-Mobilfunktochter Orange ein. Die Veräußerung der italienischen Festnetzgesellschaft Infostrada kam bei sieben Mrd. Euro zu Stande. Das Automotive-Geschäft (VDO, Sachs), der Maschinen- und Anlagenbau (Dematic) oder die weltweit führende Hydraulik (Rexroth) gingen für rund zehn Mrd. Euro geschlossen an Siemens und Bosch. Für die Nobeluhren-Marken "Lange", "IWC" und "Jaeger-LeCoultre" legte der südafrikanische Käufer Richemont 1,8 Mrd. Euro auf den Tisch. Doch um die verlustreichen Mannesmannröhren-Werke losschlagen zu können, musste Vodafone-Chef Chris Gent der übernehmenden Salzgitter AG 150 Mio. Euro bar draufzahlen.
Im Nachhinein erweist sich das Tempo, mit dem Gent den Mannesmann-Konzern direkt nach der Übernahme zerschlagen und versilbert hatte, als überaus glücklich. Die damals erzielten Preise hätte später kein Interessent mehr gezahlt. Deshalb war auch die Entscheidung, den vom letzten Mannesmann-Vorstand favorisierten Börsengang der industriellen Aktivitäten unter dem Namen "Atecs AG" zu Fall zu bringen und stattdessen die Einzelteile zügig zu verscherbeln, finanziell richtig.
Die Zusage der Atecs-Käufer Siemens und Bosch eines wenigstens dreijährigen Substanzschutz der übernommenen Atecs-Firmen war bald Makulatur. Demag, Rexroth, Krauss-Maffei oder VDO wurden aufgeteilt, Teile davon weitergereicht oder geschlossen. "Total zerrupft und zerschlagen" jammerte der frühere Konzernbetriebsratschef Jürgen Ladberg.
Zu den Siegern der Übernahmeschlacht zählen auch die Mannesmann-Aktionäre. Sie konnten ihre Aktien reichlich vergolden. Allein von November bis Anfang Februar verdoppelte sich der Kurs. Auch die meisten Mitarbeiter in den operativen Gesellschaften hatten am Ende noch das Glück, ihre Arbeitsplätze unter den neuen Eigentümern zu behalten. Im Gegensatz zu rund 150 hoch qualifizierten Mitarbeitern der Konzernzentrale. Sie wurden nicht mehr gebraucht.
Ganz untergehen wird von Mannesmann zumindest der Traditionsname nicht. Die Salzgitter AG hat sich bei Übernahme der Mannesmannröhren-Werke die Option auf den Namens Mannesmann gesichert. Ansonsten erinnert in Düsseldorf nur noch das "Mannesmannufer" an den Ursprung vor fast 115 Jahren. Damals hatten Reinhard und Max Mannesmann, die Erfinder des nahtlosen Stahlrohrs, das nach ihnen benannte Unternehmen gegründet.
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