Von Carsten Volkery, New York
Die Wall Street bläst Trübsal. Daran werden diese Woche auch Marktlieblinge wie Dell und Wal-Mart nichts ändern. Besonders gespannt sind die Börsianer auf den ersten gemeinsamen Quartalsbericht der frisch vermählten PC-Hersteller HP und Compaq.
New York - Mittwoch war mal wieder einer dieser Tage, an denen selbst der coolste Trader mit einem Lächeln von der Arbeit kam. Sagenhafte 7,8 Prozent hatte der Nasdaq Composite zugelegt, respektable 3,1 Prozent der Dow Jones. Solche Zahlen sind selten geworden an der Wall Street. Darum wird hinterher um so länger darüber geredet, der Tag wird als "die Cisco-Rallye" in Erinnerung bleiben.
Doch die Freude war nur von kurzer Dauer, bereits am Donnerstag setzte die Nostalgie ein. Der Cisco-Kick, ausgelöst durch einen positiven Quartalsbericht, entpuppte sich als klassische Bullenfalle. Am Freitag dann das alte Bild: Einmal mehr beendeten beide Indizes die Woche im Minus.
Auch diese Woche wird sich daran wohl nichts ändern. "Im Moment gibt es einfach nichts, was diesen Markt in Bewegung versetzen könnte", klagt Chef-Trader Jim Volk von D.A. Davidson gegenüber dem Finanzdienst TheStreet.com. Im Gegenteil: Viele Anleger warten nur auf ein weiteres Strohfeuer a la Cisco, um aus teuren Positionen auszusteigen.
Diese Woche könnte Applied Materials die Cisco-Rolle übernehmen: Am Dienstag nach Börsenschluss legt die Chip-Firma ihre Zahlen vor. Erwartet wird ein Gewinn von zwei Cent pro Aktie. Es gebe gute Chancen, dass die Erwartungen deutlich übertroffen werden, sagen Marktbeobachter.
Auch von Dell, Hewlett-Packard und Computer Associates erhoffen sich die Börsianer positive Nachrichten. Besonderes Interesse gilt Hewlett-Packard, die am Dienstag den ersten Quartalsbericht nach der Fusion mit Compaq vorlegen. Der Ausblick wird deutlich machen, wie sich die Fusion in der nächsten Zeit auf die Bilanz des Unternehmens auswirkt.
Kosten runter, Mitarbeiter raus
Analysten erwarten kurzfristig Umsatzverluste von bis zu zehn Prozent, die unter anderem durch die Einstellung von Produktlinien zu Stande kommen. So wird im Handheld-Bereich Hewlett-Packards Journada zugunsten des iPaq von Compaq aufgegeben.
Der Gewinn könnte jedoch trotz der Umsatzverluste steigen. Denn die Fusion bringt enorme Kostensenkungen mit sich: Allein der gemeinsame Einkauf von Teilen soll die Rechnung um vier Prozent senken. Insgesamt hat HP-Chefin Carly Fiorina für das erste Jahr Einsparungen von 2,5 Milliarden Dollar versprochen. Am Montag soll die Entlassung von 15.000 Mitarbeitern beginnen.
Im abgelaufenen Quartal belief sich der Umsatz voraussichtlich auf 11,1 Milliarden Dollar - genauso viel wie im gleichen Vorjahreszeitraum. Der Gewinn dürfte mit 25 Cent pro Aktie deutlich höher liegen als im Vorjahr (17 Cent).
Dell, seit der HP-Compaq-Hochzeit nur noch zweitgrößter Computerhersteller, wird voraussichtlich vorsichtigen Optimismus verbreiten. Ende April hatte die texanische Firma die Umsatzprognose für das Quartal angehoben. Firmengründer Michael Dell hat wiederholt verkündet, von der Fusion der beiden Rivalen profitieren zu wollen. Während die Konkurrenz mit der Integration beschäftigt sei, werde Dell Marktanteile erobern.
Weitere Anzeichen für Mini-Erholung
Auch die Einzelhändler, allen voran Wal-Mart am Dienstag, melden Quartalszahlen. Doch sie werden wohl keine großen Marktbewegungen auslösen: Schon vergangene Woche, als verschiedene Händler die Verkaufszahlen für April vorlegten, reagierten die Anleger mit einem Gähnen.
An der Konjunkturfront wird ein ganzer Schwung Daten bestätigen, was viele bereits ahnen: Der Aufschwung wird sehr verhalten sein. Laut David Wyss, Chef-Volkswirt bei Standard and Poor's, könnte diese Erholung die schwächste seit 40 Jahren werden. Während das durchschnittliche Wachstum im ersten Jahr nach einer Rezession seit den 1960ern 5,7 Prozent betrug, werden es dieses Mal bestenfalls vier Prozent.
Die psychologisch wichtigste Zahl diese Woche ist der Einzelhandelsumsatz für April, der am Dienstag veröffentlicht wird. Ökonomen erwarten ein Wachstum von 0,5 Prozent. Wesentlich dazu beigetragen haben die immer noch starken Autoverkäufe (plus drei Prozent). Der Anstieg zeigt vor allem, dass der amerikanische Verbraucher, der für zwei Drittel des US-Wirtschaftswachstums sorgt, weiterhin spendabel ist.
Dass die Amerikaner trotz Entlassungen, Krieg und sonstiger Sorgen immer noch guter Dinge sind, wird am Freitag voraussichtlich auch der Index des Verbrauchervertrauens der Universität von Michigan bestätigen. Das ist beruhigend. Doch auf einen Adrenalinstoß wie vergangenen Mittwoch werden die Börsianer diese Woche wohl vergeblich warten.
Quelle: spiegel.de
Die Wall Street bläst Trübsal. Daran werden diese Woche auch Marktlieblinge wie Dell und Wal-Mart nichts ändern. Besonders gespannt sind die Börsianer auf den ersten gemeinsamen Quartalsbericht der frisch vermählten PC-Hersteller HP und Compaq.
New York - Mittwoch war mal wieder einer dieser Tage, an denen selbst der coolste Trader mit einem Lächeln von der Arbeit kam. Sagenhafte 7,8 Prozent hatte der Nasdaq Composite zugelegt, respektable 3,1 Prozent der Dow Jones. Solche Zahlen sind selten geworden an der Wall Street. Darum wird hinterher um so länger darüber geredet, der Tag wird als "die Cisco-Rallye" in Erinnerung bleiben.
Doch die Freude war nur von kurzer Dauer, bereits am Donnerstag setzte die Nostalgie ein. Der Cisco-Kick, ausgelöst durch einen positiven Quartalsbericht, entpuppte sich als klassische Bullenfalle. Am Freitag dann das alte Bild: Einmal mehr beendeten beide Indizes die Woche im Minus.
Auch diese Woche wird sich daran wohl nichts ändern. "Im Moment gibt es einfach nichts, was diesen Markt in Bewegung versetzen könnte", klagt Chef-Trader Jim Volk von D.A. Davidson gegenüber dem Finanzdienst TheStreet.com. Im Gegenteil: Viele Anleger warten nur auf ein weiteres Strohfeuer a la Cisco, um aus teuren Positionen auszusteigen.
Diese Woche könnte Applied Materials die Cisco-Rolle übernehmen: Am Dienstag nach Börsenschluss legt die Chip-Firma ihre Zahlen vor. Erwartet wird ein Gewinn von zwei Cent pro Aktie. Es gebe gute Chancen, dass die Erwartungen deutlich übertroffen werden, sagen Marktbeobachter.
Auch von Dell, Hewlett-Packard und Computer Associates erhoffen sich die Börsianer positive Nachrichten. Besonderes Interesse gilt Hewlett-Packard, die am Dienstag den ersten Quartalsbericht nach der Fusion mit Compaq vorlegen. Der Ausblick wird deutlich machen, wie sich die Fusion in der nächsten Zeit auf die Bilanz des Unternehmens auswirkt.
Kosten runter, Mitarbeiter raus
Analysten erwarten kurzfristig Umsatzverluste von bis zu zehn Prozent, die unter anderem durch die Einstellung von Produktlinien zu Stande kommen. So wird im Handheld-Bereich Hewlett-Packards Journada zugunsten des iPaq von Compaq aufgegeben.
Der Gewinn könnte jedoch trotz der Umsatzverluste steigen. Denn die Fusion bringt enorme Kostensenkungen mit sich: Allein der gemeinsame Einkauf von Teilen soll die Rechnung um vier Prozent senken. Insgesamt hat HP-Chefin Carly Fiorina für das erste Jahr Einsparungen von 2,5 Milliarden Dollar versprochen. Am Montag soll die Entlassung von 15.000 Mitarbeitern beginnen.
Im abgelaufenen Quartal belief sich der Umsatz voraussichtlich auf 11,1 Milliarden Dollar - genauso viel wie im gleichen Vorjahreszeitraum. Der Gewinn dürfte mit 25 Cent pro Aktie deutlich höher liegen als im Vorjahr (17 Cent).
Dell, seit der HP-Compaq-Hochzeit nur noch zweitgrößter Computerhersteller, wird voraussichtlich vorsichtigen Optimismus verbreiten. Ende April hatte die texanische Firma die Umsatzprognose für das Quartal angehoben. Firmengründer Michael Dell hat wiederholt verkündet, von der Fusion der beiden Rivalen profitieren zu wollen. Während die Konkurrenz mit der Integration beschäftigt sei, werde Dell Marktanteile erobern.
Weitere Anzeichen für Mini-Erholung
Auch die Einzelhändler, allen voran Wal-Mart am Dienstag, melden Quartalszahlen. Doch sie werden wohl keine großen Marktbewegungen auslösen: Schon vergangene Woche, als verschiedene Händler die Verkaufszahlen für April vorlegten, reagierten die Anleger mit einem Gähnen.
An der Konjunkturfront wird ein ganzer Schwung Daten bestätigen, was viele bereits ahnen: Der Aufschwung wird sehr verhalten sein. Laut David Wyss, Chef-Volkswirt bei Standard and Poor's, könnte diese Erholung die schwächste seit 40 Jahren werden. Während das durchschnittliche Wachstum im ersten Jahr nach einer Rezession seit den 1960ern 5,7 Prozent betrug, werden es dieses Mal bestenfalls vier Prozent.
Die psychologisch wichtigste Zahl diese Woche ist der Einzelhandelsumsatz für April, der am Dienstag veröffentlicht wird. Ökonomen erwarten ein Wachstum von 0,5 Prozent. Wesentlich dazu beigetragen haben die immer noch starken Autoverkäufe (plus drei Prozent). Der Anstieg zeigt vor allem, dass der amerikanische Verbraucher, der für zwei Drittel des US-Wirtschaftswachstums sorgt, weiterhin spendabel ist.
Dass die Amerikaner trotz Entlassungen, Krieg und sonstiger Sorgen immer noch guter Dinge sind, wird am Freitag voraussichtlich auch der Index des Verbrauchervertrauens der Universität von Michigan bestätigen. Das ist beruhigend. Doch auf einen Adrenalinstoß wie vergangenen Mittwoch werden die Börsianer diese Woche wohl vergeblich warten.
Quelle: spiegel.de