Wallstreet setzt auf Online-Glücksspiel

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EinsamerSam.:

Wallstreet setzt auf Online-Glücksspiel

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26.12.05 19:15
Wallstreet setzt auf Online-Glücksspiel

Illegale Internet-Glücksspiele sind der US-Regierung schon lange ein Dorn im Auge. Da moralische Appelle wenig nutzen, sollen die Bürger im eigenen Land durch Gesetze vor einer nationalen Bedrohung geschützt werden, "die Familien zerstört" und "die Stabilität des US-amerikanischen Finanzwesens gefährdet", wie es der konservative Politiker Jim Leach vor geraumer Zeit einmal dramatisierte. Als "gesetzlose Banditen" werden vor allem Betreiber von Online-Casinos mit Sitz in Übersee angesehen, die jährlich Milliardenbeträge vorrangig mit Kunden aus den USA umsetzen, von denen die staatlichen Finanzbehörden aber keinen Cent sehen.

Die Maßnahmenkataloge der zahlreichen Gesetzesinitiativen auf Bundesebene der jüngeren Vergangenheit zum Schutz vor illegalen Glücksspielangeboten im Internet reichen von Verboten für Kreditkarten-Unternehmen und Online-Bezahldienste, Geschäfte mit Internet-Casinos abzuwickeln, über die Androhung mehrjähriger Gefängnisstrafen für Personen, die Wetteinsätze von US-Bürgern annehmen, bis hin zu Regelungen, wonach Internet-Dienstleister in den USA keine Links zu Online-Spielbanken weltweit setzen dürfen. Keiner der Entwürfe wurde bislang jedoch als Gesetz verabschiedet. Weder konnte ein Konsens über die Definition von illegalem Glücksspiel noch über die Umsetzungsstrategie der Verbote erzielt werden.

Hauptgrundlage für den Umgang mit Rechtsfragen rund um das Thema Internet-Glücksspiel ist in den USA neben zahlreichen bundesstaatlichen Regelungen vielmehr weiterhin der Wire Act aus dem Jahr 1961. Dieses Gesetz untersagt einem Anbieter in den USA, Wetten und Spieleinsätze auf fernmündlichem Weg (telegrafisch) anzunehmen und räumt der Regierung das Recht ein, Partner illegaler Wettgeschäfte strafrechtlich zu verfolgen. Das Gesetz lässt sich nach Ansicht vieler Rechtsexperten aber nicht uneingeschränkt auf das Medium Internet übertragen. Auch die Welthandelsorganisation (WTO) kam im Frühjahr zu dem Ergebnis, dass die Vereinigten Staaten den internationalen Freihandel behindern, wenn sie auf Basis dieses Gesetzes ihren Bürgern verbietet, am Spielbetrieb von Offshore-Online-Casinos teilzunehmen. Die US-Regierung beharrt indes darauf, dass der Wire Act auch auf über das Internet abgewickelte Glücksspiel-Geschäfte angewendet werden kann.

Die unklare Rechtslage in den USA dürfte mit ein Grund dafür gewesen sein, warum die Crème de la Crème der heimischen Finanzinvestoren inzwischen selbst das Heft in die Hand genommen hat: Wallstreet-Größen wie Goldman Sachs, Merrill Lynch, Morgan Stanley und Fidelity Management investieren inzwischen hunderte von Millionen US-Dollar in Online-Casinos und Wett-Umschlagsplätze, da sie gerade dort in Zukunft außerordentlich hohe Margen erwarten. Katalysator für den regelrechten Run auf Anteile am Zocker-Geschäft waren die jüngsten Börsengänge mehrerer Online-Glücksspielanbieter in Großbritannien. Nach Zahlen der New York Times hält beispielsweise Fidelity 14,1 Prozent der ausgegebenen Aktien von SportingBet, was einer gegenwärtigen Marktkapitalisierung von 363 Millionen US-Dollar entspricht. Merrill Lynch kommt auf 164 Millionen und Goldman Sachs auf 137 Millionen US-Dollar. Goldman Sachs und Morgan Stanley sind zudem Großinvestoren bei BetOnSports, ebenfalls ein börsennotierter Anbieter von Sportwetten und Online-Casino-Betreiber.

Dass das finanzielle Engagement von US-Firmen im Bereich Online-Glücksspiel möglicherweise von der US-Regierung torpediert werden könnte, hatten Rechtsexperten im Vorfeld mit einer Chance von lediglich eins zu zehn bewertet – obwohl die Firmen nach dem Wire Act Unterstützer illegaler Wettgeschäfte sind, was Geld- oder sogar Gefängnisstrafen nach sich ziehen könnte. Das Risiko gingen die US-Investoren angesichts glänzender Geschäftsaussichten – Branchenkenner prognostizieren rund 22 Prozent jährliches Wachstum in den kommenden drei Jahren und einen Umsatz von 18,5 Milliarden Euro im Jahr 2009 – aber schließlich ein. Mit den Tatsachen konfrontiert, erklärte eine Sprecherin des US-Justizministeriums gegenüber der New York Times, man erachte das Online-Glücksspiel weiterhin generell als illegal, über eine mögliche Haftbarkeit von Unternehmen, die sich finanziell an Internet-Glücksspielfirmen beteiligen, wollte sie aber keine Angaben machen.

Für Verfechter einer harten Linie gegen Internet-Zockerei, wie den republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus Bod Goodlatte, kommt die Haltung der US-Regierung einem Offenbarungseid gleich. Inzwischen könnten Casino-Betreiber zwanglos in die USA einreisen und dort sogar Messeveranstaltungen besuchen, die der Umsatzförderung dienten. Ähnlich sieht es im Übrigen auch hierzulande aus. Während beispielsweise die bayerische Landesregierung vor einiger Zeit versicherte, die Sicherheitsbehörden würden entschieden gegen verbotenes Glücksspiel im Freistaat vorgehen, konnte der Betreiber eines in Deutschland nicht zugelassenen Online-Casinos nahezu zeitgleich groß in der Landeshauptstadt auftreten und Werbung in eigener Sache machen. Das, obwohl schon vor der Veranstaltung in München eine Strafanzeige der Spielbank Wiesbaden – Betreiberin des einzigen in Deutschland staatlich konzessionierten Online-Roulette – gegen das Unternehmen aus Trinidad bei der zuständigen Staatsanwaltschaft eingegangen war.

Quelle: heise.de

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