Chinesische Invasion mit westlicher Munition
China beschäftigt derzeit die Banker an der Wall Street. Der Fokus liegt mittlerweile nicht mehr auf der Frage, ob die chinesische Währung, der Yuan, aufgewertet werden soll, sondern vielmehr auf der wachsenden Bereitschaft chinesischer Unternehmen, amerikanische Gesellschaften zu kaufen. Vor knapp einem Jahr setzte die Akquisition der PC-Sparte von IBM durch Lenovo, das ist ein chinesischer PC-Hersteller, eine Welle in Gang, die seither weiter gewachsen ist. Kürzlich schlugen Unternehmen aus dem Reich der Mitte gleich zweimal zu. Zuerst kam das Angebot für Maytag, einen traditionsreichen amerikanischen Haushaltsgerätehersteller. Vergangene Woche folgte dann der Coup von China National Offshore Oil Corporation (CNOOC), mit dem Angebot für Unocal. Das kalifornische Erdölunternehmen hat bereits ein Angebot über 18 Mrd. $ von Chevron und wird nun von CNOOC mit einer Zusatzprämie von rund 10% umworben. Ob die Chinesen diesen Schachzug tatsächlich ausführen und die erste Grosstransaktion zwischen China und den USA erfolgreich abschliessen können, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. In den Wall-Street-Sitzungszimmern ist die Aufmerksamkeit zu Recht gestiegen. Ist die jüngste Welle aus China bloss eine Eintagsfliege oder der Anfang eines dynamischen Trends? Spielt das Reich der Mitte nun auch an der Wall Street eine führende Rolle? *
Um die vermeintliche Invasion aus China besser zu verstehen, lohnt sich ein genauer Blick auf die Motive der jeweiligen Transaktionen. Gewisse Parallelen zwischen dem IBM-, Maytag- und Unocal-Geschäft sind nämlich sichtbar. Zum einen suchen die Chinesen traditionsreiche Unternehmen mit gutem Markennamen und Marketing-Know-how. Letzteres ist nach wie vor rar in China, und der Weg über Akquisitionen ist eine Form der Know-how-Beschaffung. Im Fall von Unocal spielen natürlich die Erdölvorräte in Asien eine zentrale Rolle, doch auch hier dürfte es CNOOC nicht nur auf das schwarze Gold, sondern auch auf das Management-Wissen der Amerikaner abgesehen haben. Zum anderen haben sich die Chinesen in all diesen Fällen sehr westlich und professionell verhalten. Amerikanische Investmentbanken wurden angeheuert, um die Due Diligence durchzuführen und den Preis festzulegen. Dass die Chinesen so professionell vorgehen, erhöht ihre Glaubwürdigkeit und zeigt, dass es sich bei diesen Transaktionen um nüchterne Geschäftsstrategien handelt. *
Eine zentrale Frage ist jedoch, wieso die Chinesen gerade jetzt zuschlagen und ob solche Deals auch in Zukunft zu erwarten sind. Grund für die aggressive Haltung chinesischer Manager ist zweifelsohne das billige Geld, das ihnen von den staatlich kontrollierten Geschäftsbanken zur Verfügung gestellt wird. Das wachsende Handelsbilanz-Plus zwischen China und den USA vereinfacht es den Banken, Liquidität freizumachen. Die chinesischen Manager nehmen diese Liquiditätsspritze gerne an und versuchen, davon so schnell wie möglich zu profitieren. Wie lange das noch so weitergehen kann, ist schwer zu prognostizieren. Einige Experten meinen, dass das Wirtschaftswachstum in China blasenähnliche Formen angenommen hat. Falls diese Euphorie nachlässt, wird es wohl auch bei den Geschäften mit Fusionen und Übernahmen um die Chinesen ruhiger.
NZZ 28.06.2005
China beschäftigt derzeit die Banker an der Wall Street. Der Fokus liegt mittlerweile nicht mehr auf der Frage, ob die chinesische Währung, der Yuan, aufgewertet werden soll, sondern vielmehr auf der wachsenden Bereitschaft chinesischer Unternehmen, amerikanische Gesellschaften zu kaufen. Vor knapp einem Jahr setzte die Akquisition der PC-Sparte von IBM durch Lenovo, das ist ein chinesischer PC-Hersteller, eine Welle in Gang, die seither weiter gewachsen ist. Kürzlich schlugen Unternehmen aus dem Reich der Mitte gleich zweimal zu. Zuerst kam das Angebot für Maytag, einen traditionsreichen amerikanischen Haushaltsgerätehersteller. Vergangene Woche folgte dann der Coup von China National Offshore Oil Corporation (CNOOC), mit dem Angebot für Unocal. Das kalifornische Erdölunternehmen hat bereits ein Angebot über 18 Mrd. $ von Chevron und wird nun von CNOOC mit einer Zusatzprämie von rund 10% umworben. Ob die Chinesen diesen Schachzug tatsächlich ausführen und die erste Grosstransaktion zwischen China und den USA erfolgreich abschliessen können, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. In den Wall-Street-Sitzungszimmern ist die Aufmerksamkeit zu Recht gestiegen. Ist die jüngste Welle aus China bloss eine Eintagsfliege oder der Anfang eines dynamischen Trends? Spielt das Reich der Mitte nun auch an der Wall Street eine führende Rolle? *
Um die vermeintliche Invasion aus China besser zu verstehen, lohnt sich ein genauer Blick auf die Motive der jeweiligen Transaktionen. Gewisse Parallelen zwischen dem IBM-, Maytag- und Unocal-Geschäft sind nämlich sichtbar. Zum einen suchen die Chinesen traditionsreiche Unternehmen mit gutem Markennamen und Marketing-Know-how. Letzteres ist nach wie vor rar in China, und der Weg über Akquisitionen ist eine Form der Know-how-Beschaffung. Im Fall von Unocal spielen natürlich die Erdölvorräte in Asien eine zentrale Rolle, doch auch hier dürfte es CNOOC nicht nur auf das schwarze Gold, sondern auch auf das Management-Wissen der Amerikaner abgesehen haben. Zum anderen haben sich die Chinesen in all diesen Fällen sehr westlich und professionell verhalten. Amerikanische Investmentbanken wurden angeheuert, um die Due Diligence durchzuführen und den Preis festzulegen. Dass die Chinesen so professionell vorgehen, erhöht ihre Glaubwürdigkeit und zeigt, dass es sich bei diesen Transaktionen um nüchterne Geschäftsstrategien handelt. *
Eine zentrale Frage ist jedoch, wieso die Chinesen gerade jetzt zuschlagen und ob solche Deals auch in Zukunft zu erwarten sind. Grund für die aggressive Haltung chinesischer Manager ist zweifelsohne das billige Geld, das ihnen von den staatlich kontrollierten Geschäftsbanken zur Verfügung gestellt wird. Das wachsende Handelsbilanz-Plus zwischen China und den USA vereinfacht es den Banken, Liquidität freizumachen. Die chinesischen Manager nehmen diese Liquiditätsspritze gerne an und versuchen, davon so schnell wie möglich zu profitieren. Wie lange das noch so weitergehen kann, ist schwer zu prognostizieren. Einige Experten meinen, dass das Wirtschaftswachstum in China blasenähnliche Formen angenommen hat. Falls diese Euphorie nachlässt, wird es wohl auch bei den Geschäften mit Fusionen und Übernahmen um die Chinesen ruhiger.
NZZ 28.06.2005