China-Boom: Vtion - Die große Gefahr der Einzelaktienauswahl
02. Februar 2011 10:20
Newsletter vom 1.2.2011
Liebe Schlussgong-Leser,
der deutsche Leitindex hat heute den Kurs-Turbo gezündet und schießt auf ein neues Jahreshoch. 27 Kursgewinnern standen lediglich 3 Verlierer gegenüber. Getragen von guten US-Vorgaben und guten Wirtschaftsdaten aus der Euro-Zone stieg der DAX um 1,5% auf 7.184 Punkte.
Im Zentrum des Interesses steht immer noch die Krise in Ägypten, die am Ölmarkt für steigende Preise sorgt. Aktuell kostet das Barrel 101 US-Dollar. Kommt es jedoch zu einem Flächenbrand in der Öl-Region, sind noch deutlich höhere Preise zu befürchten.
Abseits des großen Rohstoff- und Aktienmarktes erhitzt eine in Deutschland recht beliebte China-Aktie aus dem Nebenwerte-Segment die Gemüter der betroffenen Anleger.
Chinesische Unternehmen: Informationsbeschaffung schwierig
Wer am China-Boom mitverdienen will, sollte vorsichtig sein. Das Problem schwer zugänglicher Informationen kann fatale Folgen haben. Aktionäre des in Deutschland notierten Unternehmens Vtion Wireless Technology wissen spätestens seit gestern, wovon ich spreche.
Denn: Der Aktienkurs des Unternehmens ist binnen weniger Tage um über 40% auf aktuell 5,20 Euro eingebrochen. Praktisch aus dem Nichts hat sich die Geschäftsprognose des chinesischen IT-Unternehmens radikal eingetrübt. Die Begleitumstände sind kritisch zu hinterfragen.
Über Nacht erfolglos
Im dritten Quartal 2010 sah noch alles sehr gut aus für das Unternehmen. Umsatz 79% rauf, Gewinn sogar noch stärker um 87%. Bei der Bekanntgabe der Zahlen zum vierten Quartal kam dann gestern der Schock. Die einst tollen Geschäftsaussichten des chinesischen Datenkarten-Entwicklers trübten sich offensichtlich über Nacht ein.
Umsatzwachstum 2011: Fehlanzeige nach Wachstumsraten von bis zu 200% in den vergangenen Jahren. Die Gewinnerwartung hat sich sogar um 75% eingetrübt. Zwischen den Zeilen der Eil-Meldung kann man lesen, dass sich das Unternehmen quasi neu erfinden muss. Mir sind solche Geschäftseinbrüche - binnen eines Quartals - nur aus Zeiten des Neuen Marktes bekannt.
Unklar, wie das Ergebnis so stark wegbrechen konnte
Nach der Meldung haben die Anleger das Boot fluchtartig verlassen. Tagesverlust gestern über 40%, heute erneut 5%. Mit einer solch klaren Prognose-Verfehlung konnte keiner rechnen. Es ist nicht klar, wie es zu einem so starken Einbruch kommen konnte.
In einer ersten Kurz-Studie des Analyse-Hauses Warburg Research heißt es dazu: „Die hohe Differenz auf EBIT-Ebene kann nicht ausschließlich über Preisrückgänge bei Datenkarten oder über verhaltene Nachfrage nach 3G-Datenkarten erklärbar sein.“ Meine Prognose: Es wird Klagen gegen das Vtion-Management geben.
Unternehmen nur noch die Hälfte wert: Insider hatten mehr „Glück“
Ein weiterer fader Beigeschmack kommt auf, wenn die Insider-Transaktionen betrachtet werden. So haben Großaktionäre des Unternehmens, Besto Holdings und Shenzhen Capital, bereits im Dezember 2010 Teile ihrer Aktienpakete abgestoßen.
Das war gutes Timing der Insider. Die haben den Rückenwind der sehr starken 9-Monats-Zahlen genutzt, um die Vtion-Aktien an der Börse zu versilbern. Für die Privataktionäre kam dann Ende Januar der große Schock.
In schwierigen Märkten kann ein Fonds die beste Lösung sein
Vtion ist erst im September 2009 zu einem Preis von 10,75 Euro je Aktie an die Börse gekommen. Anfangs lief das Geschäft – laut eigenen Geschäftsangaben – prima. Analysten sahen bei der Aktie aufgrund des starken Wachstums zuletzt Kursziele von 16 bis 20 Euro. Mittlerweile wurden die Kursziele zum Teil radikal gekürzt.
Das Beispiel Vtion zeigt, dass nicht jedes chinesische Unternehmen eine Goldgrube ist. Privatanleger sollten daher sehr vorsichtig mit der Auswahl von Einzelaktien sein. Eine Kontrolle ist von Deutschland aus praktisch nicht möglich. Mit einer Fondslösung wird man im chinesischen Markt nicht die beste Performance erreichen, aber Schockerlebnisse wie der Kursverfall der Vtion-Aktie muss man auch nicht befürchten.
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