„Es herrscht eine Verkaufspanik“
Von unseren Korrespondenten aus Düsseldorf, Frankfurt, New York, Tokio, Peking und Delhi
Im Zuge der US-Kreditkrise geraten die Börsen weltweit immer stärker in einen Abwärtsstrudel, der sich zudem ständig selbst verstärkt: Händler beobachten seit Tagen den Trend, dass Anleger niedrigere Kurse nicht mehr, wie in den vergangenen vier Jahren, zum Einstieg auf ermäßigtem Niveau nutzen.
© Reuters
Börsen auf Talfahrt
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HB DÜSSELDORF. „Kursverluste entfachen immer neue Sorgen, dass die Immobilienkrise ausufert und neue Pleiten bekannt werden“, sagt ein Frankfurter Händler. Auf der anderen Seite sind höhere Kurse das Signal, erneut Aktien abzustoßen, anstatt wie bisher auf den fahrenden Börsenzug aufzuspringen.
So fiel der Dax am Donnerstag zeitweise deutlich unter die Marke von 7 300 Punkten. Zuvor waren etliche asiatische Börsen eingebrochen. Südkoreas Kospi-Index fiel um sieben Prozent und erlebte den größten Absturz seit 2002. Indonesiens Börse sah mit acht Prozent den schärfsten Kollaps seit der Asienkrise. Selbst die Börse Shanghai, die dem weltweiten Einbruch zwei Wochen getrotzt hatte, gab um zwei Prozent nach. „Es herrscht eine Verkaufspanik“, beschreibt Tempelton-Fondsmanager Mark Möbius die Stimmung an Asiens Märkten.
In Großbritannien sackte der FTSE-100-Index zum ersten Mal seit März unter die psychologisch wichtige Marke von 6000 Punkten. „Die Investoren sind so nervös, dass keiner mehr die fundamentalen Daten beachtet“, wundert sich Martin Slaney von GFT Global Markets. Damit wurde in den vergangenen Wochen an den Weltbörsen Kapital in Billionenhöhe vernichtet. Allein beim Dax hat es seit dem Höhepunkt der langjährigen Hausse im Juli Gesamtverluste von knapp 100 Mrd. Euro gegeben.
Special: Das eigene Depot absichern.
Welche Strategien helfen, wenn es an den Märkten abwärts geht.
Auch am Donnerstag schürten neue Hiobsbotschaften die Angst unter den Investoren. So musste der größte Immobilienfinanzierer der USA, Countrywide, 11,5 Mrd. Dollar aufnehmen, um weitere Kredite zu finanzieren und so einen drohenden Konkurs abzuwenden. Die Krise am US-Immobilienmarkt hat bereits mehrere Hypothekenfinanzierer sowie Fondsgesellschaften in Schieflage gebracht. Steigende Zinsen und fallende Häuserpreise treiben nach dem Ende eines jahrelangen Booms die Ausfallraten bei Baufinanzierungskrediten nach oben. Zugleich wurde bekannt, dass in den USA die Zahl der Wohnbaubeginne im Juli um 6,1 Prozent gesunken ist und damit den tiefsten Stand seit zehn Jahren erreicht hat. Um den Geldmarkt zu stützen, pumpten am Donnerstag die Notenbanken der USA und Japans erneut Liquidität in den Markt.
„Die Aktienmärkte dienen für viele Investoren, darunter Hedge-Fonds, aber auch Banken, dazu, sich Liquidität zu beschaffen. Das erfordert Verkäufe“, sagt Kai Franke, Leiter für Anlagepolitik im Privatkundengeschäft der BHF-Bank. Mit ihren wiederholen Eingriffen in den Geldmarkt hätten die Notenbanken klar signalisiert, wie schlecht es weltweit um die Liquidität bestellt sei, sagt Franke. „Das Thema wird uns noch ein paar Wochen beschäftigen und kann den Dax unter die 7 000-Punkte-Marke drücken.“
Fondsmanager bestätigen die Skepsis und sind nicht bereit, schon jetzt beherzt in den Aktienmarkt hineinzugreifen. „Wir halten unsere Hände still und werden uns zurückhalten, solange wir nicht wissen, ob und wie sich die Finanzkrise auf die Realwirtschaft auswirken wird“, sagt Europa-Fondsmanagerin Britta Weidenbach von Deutschlands größter Fondsgesellschaft DWS.
US-Finanzminister Henry Paulson räumte am Donnerstag erstmals ein, dass die Finanzkrise das Wachstum der amerikanischen Wirtschaft gefährden könnte. Die Sorge vor einer Abschwächung der US-Konjunktur trifft auch zahlreiche Unternehmen in Asien. Exportwerte wie Südkoreas Samsung Electronics oder Taiwans Hon Hai Precision, die dort ihre größten Märkte finden, brechen daher hart ein, wie auch Indiens führender Software-Exporteur TCS. Ähnlich erging es japanischen Konzernen wie Toyota, Canon oder Sony, die zugleich auch unter der Aufwertung des Yen litten.
Wenig Gehör fanden am Donnerstag mahnende Stimmen, die betonten, dass trotz der Krise an den Kreditmärkten die fundamentalen Wirtschaftsdaten weltweit weiterhin intakt sind. So relativierte US-Finanzminister Paulson seine Wachstumssorgen mit dem Hinweis, dass die Krise „auf die am stärksten wachsende Weltwirtschaft trifft, die wir je gesehen haben“. Die Fondsgesellschaft Threadneedle ergänzte, dass die Vereinigten Staaten nicht mehr die einzige Wachstumslokomotive in der Welt sei. Angesichts der nach wie vor robusten Entwicklung in den Emerging Markets und in Europa sieht Threadneedle sogar schon wieder Kaufgelegenheiten am Aktienmarkt.
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Von unseren Korrespondenten aus Düsseldorf, Frankfurt, New York, Tokio, Peking und Delhi
Im Zuge der US-Kreditkrise geraten die Börsen weltweit immer stärker in einen Abwärtsstrudel, der sich zudem ständig selbst verstärkt: Händler beobachten seit Tagen den Trend, dass Anleger niedrigere Kurse nicht mehr, wie in den vergangenen vier Jahren, zum Einstieg auf ermäßigtem Niveau nutzen.
© Reuters
Börsen auf Talfahrt
HB DÜSSELDORF. „Kursverluste entfachen immer neue Sorgen, dass die Immobilienkrise ausufert und neue Pleiten bekannt werden“, sagt ein Frankfurter Händler. Auf der anderen Seite sind höhere Kurse das Signal, erneut Aktien abzustoßen, anstatt wie bisher auf den fahrenden Börsenzug aufzuspringen.
So fiel der Dax am Donnerstag zeitweise deutlich unter die Marke von 7 300 Punkten. Zuvor waren etliche asiatische Börsen eingebrochen. Südkoreas Kospi-Index fiel um sieben Prozent und erlebte den größten Absturz seit 2002. Indonesiens Börse sah mit acht Prozent den schärfsten Kollaps seit der Asienkrise. Selbst die Börse Shanghai, die dem weltweiten Einbruch zwei Wochen getrotzt hatte, gab um zwei Prozent nach. „Es herrscht eine Verkaufspanik“, beschreibt Tempelton-Fondsmanager Mark Möbius die Stimmung an Asiens Märkten.
In Großbritannien sackte der FTSE-100-Index zum ersten Mal seit März unter die psychologisch wichtige Marke von 6000 Punkten. „Die Investoren sind so nervös, dass keiner mehr die fundamentalen Daten beachtet“, wundert sich Martin Slaney von GFT Global Markets. Damit wurde in den vergangenen Wochen an den Weltbörsen Kapital in Billionenhöhe vernichtet. Allein beim Dax hat es seit dem Höhepunkt der langjährigen Hausse im Juli Gesamtverluste von knapp 100 Mrd. Euro gegeben.
Special: Das eigene Depot absichern.
Welche Strategien helfen, wenn es an den Märkten abwärts geht.
Auch am Donnerstag schürten neue Hiobsbotschaften die Angst unter den Investoren. So musste der größte Immobilienfinanzierer der USA, Countrywide, 11,5 Mrd. Dollar aufnehmen, um weitere Kredite zu finanzieren und so einen drohenden Konkurs abzuwenden. Die Krise am US-Immobilienmarkt hat bereits mehrere Hypothekenfinanzierer sowie Fondsgesellschaften in Schieflage gebracht. Steigende Zinsen und fallende Häuserpreise treiben nach dem Ende eines jahrelangen Booms die Ausfallraten bei Baufinanzierungskrediten nach oben. Zugleich wurde bekannt, dass in den USA die Zahl der Wohnbaubeginne im Juli um 6,1 Prozent gesunken ist und damit den tiefsten Stand seit zehn Jahren erreicht hat. Um den Geldmarkt zu stützen, pumpten am Donnerstag die Notenbanken der USA und Japans erneut Liquidität in den Markt.
„Die Aktienmärkte dienen für viele Investoren, darunter Hedge-Fonds, aber auch Banken, dazu, sich Liquidität zu beschaffen. Das erfordert Verkäufe“, sagt Kai Franke, Leiter für Anlagepolitik im Privatkundengeschäft der BHF-Bank. Mit ihren wiederholen Eingriffen in den Geldmarkt hätten die Notenbanken klar signalisiert, wie schlecht es weltweit um die Liquidität bestellt sei, sagt Franke. „Das Thema wird uns noch ein paar Wochen beschäftigen und kann den Dax unter die 7 000-Punkte-Marke drücken.“
Fondsmanager bestätigen die Skepsis und sind nicht bereit, schon jetzt beherzt in den Aktienmarkt hineinzugreifen. „Wir halten unsere Hände still und werden uns zurückhalten, solange wir nicht wissen, ob und wie sich die Finanzkrise auf die Realwirtschaft auswirken wird“, sagt Europa-Fondsmanagerin Britta Weidenbach von Deutschlands größter Fondsgesellschaft DWS.
US-Finanzminister Henry Paulson räumte am Donnerstag erstmals ein, dass die Finanzkrise das Wachstum der amerikanischen Wirtschaft gefährden könnte. Die Sorge vor einer Abschwächung der US-Konjunktur trifft auch zahlreiche Unternehmen in Asien. Exportwerte wie Südkoreas Samsung Electronics oder Taiwans Hon Hai Precision, die dort ihre größten Märkte finden, brechen daher hart ein, wie auch Indiens führender Software-Exporteur TCS. Ähnlich erging es japanischen Konzernen wie Toyota, Canon oder Sony, die zugleich auch unter der Aufwertung des Yen litten.
Wenig Gehör fanden am Donnerstag mahnende Stimmen, die betonten, dass trotz der Krise an den Kreditmärkten die fundamentalen Wirtschaftsdaten weltweit weiterhin intakt sind. So relativierte US-Finanzminister Paulson seine Wachstumssorgen mit dem Hinweis, dass die Krise „auf die am stärksten wachsende Weltwirtschaft trifft, die wir je gesehen haben“. Die Fondsgesellschaft Threadneedle ergänzte, dass die Vereinigten Staaten nicht mehr die einzige Wachstumslokomotive in der Welt sei. Angesichts der nach wie vor robusten Entwicklung in den Emerging Markets und in Europa sieht Threadneedle sogar schon wieder Kaufgelegenheiten am Aktienmarkt.