US-Militärschlag für das Wochenende angedroht

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US-Militärschlag für das Wochenende angedroht

 
17.09.01 12:33
US-Militärschlag für das Wochenende angedroht

Pakistan droht dem afghanischen Taliban-Regime mit einem Angriff der USA am kommenden Wochenende, falls der mutmaßliche Terroristenführer Osama Bin Laden nicht ausgeliefert wird.

Dies verlautete aus Kreisen der pakistanischen Regierungsdelegation, die am Montag zu Gesprächen mit der Taliban-Führung in der südafghanischen Stadt Kandahar eingetroffen ist. Die Taliban verweigern bislang eine Auslieferung Bin Ladens. Die Delegation unter Leitung des stellvertretenden Geheimdienstchefs, Generalmajor Faiz Gilani, sollte zunächst mit dem Taliban-Außenminister Wakil Ahmed Muttawakil zusammenkommen, wie aus Kreisen der radikalislamischen Miliz verlautete. Im weiteren Verlauf des Tages war ein Treffen mit dem Taliban-Oberhaupt, Mullah Mohammed Omar, geplant.


Militärschlag unvermeidlich


 

Die Stationierung der US-Truppen


Aus pakistanischen Regierungskreisen verlautete, die Delegation werde den Taliban mitteilen, dass ein Militärschlag unvermeidlich sei, falls Bin Laden nicht ausgeliefert werde. Die USA forderten Afghanistan dazu auf, sich an der Zerschlagung des internationalen Terrorismus zu beteiligen. Außenminister Colin Powell warnte die Taliban-Führung im Sender CNN, ihr drohe der Zorn der USA, falls sie Bin Laden nicht ausliefere. Die Reise der Delegation gilt als diplomatischer Versuch, eine militärische Eskalation abzuwenden.


Um der Forderung nach der Auslieferung Bin Ladens Nachdruck zu verleihen, hat Pakistan außerdem den Transithandel nach Afghanistan unterbrochen, wie die pakistanische Zeitung "The News" am Montag berichtet. Ein Beamter der Zollbehörde sagte, die Abfertigung und der Transport aller Lebensmittel, Konsum- und Ausrüstungsgüter für afghanische Händler oder die Regierung seien mit sofortiger Wirkung eingestellt. Das Binnenland Afghanistan muss das Gros seines Handels über Pakistan und die Hafenstadt Karachi leiten. In pakistanischen Lagerhäusern warten Importe im Wert von über 100 Mio. $ auf den Weitertransport nach Afghanistan.



Zehntausende Afghanen auf der Flucht


In Afghanistan bereitete sich die Bevölkerung auf den Ernstfall vor. Aus Furcht vor einem Vergeltungsschlag der USA sind nach Informationen des Uno- Flüchtlingshilfswerks UNHCR Zehntausende Afghanen auf der Flucht. Sie seien in Richtung Pakistan und Iran unterwegs, teilte ein UNHCR-Sprecher am Montag in Islamabad mit. In Kabul kam es zu Hamsterkäufen. Aus Furcht vor einem US-Angriff sind auch Vertreter der Taliban-Bewegung aus Kabul geflohen. Wie Augenzeugen weiter berichteten, flohen zumeist Regierungsbeamte und Vertreter der unteren Hierarchie-Ebene, aber auch einfache Bürger der Stadt versuchten die Hauptstadt zu verlassen.


Der Informationsminister der international nicht anerkannten Taliban-Regierung, Kadratullah Dschamal, sagte, alle wichtigen Einrichtungen, darunter Bunker, Militärstützpunkte und Flughäfen, seien zusätzlich befestigt worden. Grenzbeamte in Pakistan berichteten, auch die Grenzbefestigungen seien verstärkt worden. China hat seine Grenze zu Pakistan weitgehend dicht gemacht. Das Ministerium für Öffentliche Sicherheit habe die Schließung kurz nach den Anschlägen vom Dienstag angeordnet, sagte Regierungssprecher Ablimit Ibrahim am Montag. Peking fürchte, dass Terroristen in China Unterschlupf suchen könnten. Aus diesem Grund hat auch Indien seine Grenzkontrollen verstärkt. Die pakistanische Armee ist am Montag in Alarmbereitschaft versetzt worden, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Islamabad.



Bis zu 100 Deutsche tot


 

Stützpunkte radikal-islamischer Terrorgruppen


Der Bürgermeister von New York, Rudolph Giuliani, bezifferte die Zahl der Vermissten am Sonntagabend auf 4957. Wenige Stunden zuvor war von 5097 Menschen die Rede gewesen. Die deutschen Stellen in New York gehen von 30 bis 100 deutschen Opfern aus. Laut Giuliani wurden aus den Trümmern des World Trade Center bislang 190 Tote geborgen, 115 von ihnen wurden identifiziert.


Das Auswärtige Amt bat die Angehörigen um Mithilfe bei der Identifizierung. Wer nach New York kommen wolle, solle persönliche Gegenstände des Vermissten mitbringen, damit DNA-Proben genommen werden können. Dies sei beispielweise bei Kämmen, Zahnbürsten und getragener Wäsche möglich. Der deutsche Krisenstab in New York traf inzwischen alle Vorbereitungen für die Betreuung von Angehörigen mutmaßlicher Opfer. Auch ein Psychiater steht zur Verfügung. Außerdem wurden Listen mit deutschsprachigen Ärzten sowie von Bestattungsunternehmen zusammengestellt, die den Rücktransport von Leichen oder Leichenteilen nach Deutschland organisieren können.



Weitere Verhaftungen


Unterdessen verhaftete die New Yorker Polizei in Zusammenhang mit den Terroranschlägen eine zweite Person. Das Justizministerium teilte mit, der Mann sei möglicherweise ein unentbehrlicher Zeuge. Das Ministerium teilte ferner mit, dass der Stimmenrekorder des Flugzeugs, das am Dienstag auf das Pentagon stürzte, nicht ausgewertet werden könne. Der Rekorder sei zu stark beschädigt worden, hieß es zur Begründung.


Die Fahndungsliste der US-Bundespolizei FBI umfasst nach den Anschlägen in New York und Washington bereits mehr als 170 Namen, sagte ein FBI-Sprecher am Sonntag. Die Liste wurde an alle Polizeibehörden des Landes und die großen Fluggesellschaften weitergeleitet. Die Gesuchten würden nicht als Verdächtige gehandelt, sagte der Sprecher.



Kanada liefert Verdächtigen aus


Die kanadischen Einwanderungsbehörden lieferten am Sonntag einen Mann an die US-Behörden aus, der möglicherweise in Zusammenhang mit den Terroranschlägen steht. Der Mann sei mit verdächtigen Papieren auf dem Flughafen von Toronto festgenommen worden, teilte ein Sprecher der kanadischen Polizei mit. Nach einem Bericht der kanadischen Zeitung "Globe and Mail" hatte der etwa 20-jährige Mann Papiere der palästinensischen Autonomiebehörde und eine Fotomontage in seinem Gepäck, die ihn in einer Flugbegleiteruniform vor den Türmen des World Trade Centers zeigte.


Im chinesischen Territorium Macau hat die Polizei fünf Pakistaner festgenommen, die offenbar Anschläge auf US-Einrichtungen in Macau und Hongkong verüben sollten. Am Montagmorgen hieß es aus Regierungskreisen, bei den am Sonntagabend festgenommenen Personen seien Dokumente gefunden worden, die anscheinend Anleitungen für Angriffe auf US-Ziele enthielten, falls die USA als Vergeltung für die Terrorangriffe auf New York und Washington Afghanistan angreifen sollten. Die Festnahmen seien nach Hinweisen des amerikanischen Konsulats in Hongkong vorgenommen worden, hieß es weiter. Ein Regierungssprecher in Macau lehnte einen Kommentar ab.



Clinton befahl Ergreifung Bin Ladens


Inzwischen wurde bekannt, dass der ehemalige US-Präsident Bill Clinton 1998 einen Geheimbefehl unterzeichnet hat, Bin Laden gefangen zu nehmen und sein Terrornetzwerk zu zerschlagen. Ein ehemaliger Regierungsverteter sagte, dass mehrere Versuche, den saudiarabischen Millionär in Afghanistan zu ergreifen scheiterten. Zwar waren daran direkt keine Amerikaner beteiligt, organisiert wurden die Bemühungen den Angaben zufolge aber vom Geheimdienst CIA und anderen US-Stellen. In einem Fall wurde ein Konvoi Bin Ladens mit Granaten beschossen, die aber das falsche Fahrzeug trafen, wie der Fernsehsender CBS berichtete.


Aus Regierungskreisen verlautete, im vergangenen Jahr sei Washington über einen weiteren fehlgeschlagenen Anschlag auf Bin Laden unterrichtet worden. Einem Bericht zufolge wurde auch in den letzten Tagen von Clintons Amtszeit ein Militärschlag gegen Bin Laden erwogen. Wegen der Unsicherheit der Informationen und einer möglichen Gefährdung von Zivilisten wurde das Vorhaben im Dezember 2000 jedoch aufgegeben. Clintons Sicherheitsberater Sandy Berger bestätigte am Sonntag, dass es wiederholt Geheimdienstinformationen über den Aufenthaltsort Bin Ladens gab, die Informationen seien aber nicht ausreichend gewesen.



© 2001 Financial Times Deutschland , © Illustration:  dpa
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