von Jochen Steffens Na, wer sagt es denn. Gestern und heute kam es zu beeindruckenden Kurssteigerungen. Wie gesagt, die Stimmung war zu schlecht, zu schlecht für weiter fallende Kurse. Nun muss sich nur noch zeigen, ob diese Kursgewinne auch nachhaltig bleiben. In diesem Zusammenhang sollte man in den nächsten Tagen und Wochen auf folgende interessante Verbindungen mehrerer Faktoren achten, die sich positiv auf den Kursverlauf der amerikanischen Indizes auswirken würden. Fangen wir bei der aktuellen Situation an: Punkt 1:Die Stimmung ist schlecht, wirklich schlecht. Die Finanzmarktkrise und die Immobilienkrise haben die Massen erreicht. Ich lese schon wieder von diesen Untergangsszenarien. Und immer, wenn die Bären anfangen, derart zu trommeln, ist zumindest mit einer Gegenbewegung zu rechnen. Und tatsächlich scheinen die Kurse nicht mehr weiter fallen zu wollen, zumindest für den Moment. Angeführt werden die Indizes von den Bankaktien. Hier sind die Schnäppchenjäger unterwegs, zu Recht. Wie immer wurde hier übertrieben. Die Reaktion auf die heutigen Kursgewinne ist, dass nun Analysten, die bearish geblieben sind, schreiben, dass sich die Anleger mit diesen Käufen auf dünnem Eis befänden. Auch das gefällt mir, offenbar haben viele noch Angst, dass es sich bei den aktuellen Kursgewinnen lediglich um kurze Aufwärtsbewegungen in einem größeren Abwärtstrend handelt. Punkt 2:Zwei Aspekte sind in der Lage, die Kurse noch eine ganze Weile zu stützen. Der Euro scheint es erst einmal nicht mehr über die 1,50 Dollar-Marke zu schaffen und der Ölpreis scheitert bis jetzt an der 100 Dollar Marke. Wenn beide nun tatsächlich eine längere Konsolidierung einleiten sollten, dann könnte das den Märkten die notwendige Luft verschaffen, um weiter zu steigen. Punkt 3:Hinzu kommt, dass wir bald das Jahresende sehen. Es geht um die Jahresperformance der institutionellen Anleger. Es ist durchaus möglich, dass wir hier nun Käufe sehen, gerade in den USA tut Performance Not. Punkt 4:Am 11. Dezember wird die nächste Zinssitzung stattfinden. Wenn der Dollar wieder steigen sollte, wird das den Inflationsdruck verringern. Nicht nur deswegen könnte es sein, dass die Märkte mit einer weiteren Zinssenkung rechnen, oder aber darauf hoffen, dass die Fed weitere Zinssenkungen ankündigt. Mittlerweile hört man schon, dass manche mit Leitzinsen in den USA um 3 % rechnen. Diese (meines Erachtens übertriebene) Hoffnung könnte die Märkte zusätzlich antreiben. Punkt 5:Wir haben gestern/heute in Asien einen massiven Mittelabfluss aus Rohstoffwerten und Rohstoffen gesehen. Wenn dieses Geld nun in die Aktienmärkte umgeschichtet werden sollte, könnte es zu einem umgekehrten Kreislauf kommen: Die Rohstoffmärkte würden einbrechen, fallende Rohstoffpreise wären wiederum gut für die US-Wirtschaft, mit der Folge, dass noch mehr Geld in die Aktienmärkte fließt. Es käme dann zu dem, womit die wenigsten rechnen: Fallende Rohstoffpreise und steigende Aktienmärkte. Sie kennen meine These, dass die Börse den Weg des größten Schmerzes geht. Und genau dieses Szenario wäre wohl zurzeit das schmerzhafteste. ZusammenfassungNoch sind das nur Möglichkeiten, es zeigen sich erste Hinweise, aber diese sind bei weitem noch nicht etabliert. Ich wollte mit dieser Aufzählung nur verdeutlichen, wie schnell es auf einmal gehen kann, wenn bestimmte Zahnrädchen ineinandergreifen und wie sich dann daraus, sich selbst bestätigende und erhaltende Kreisläufe entwickeln, die neue Trends entstehen lassen. Und plötzlich ist alles wieder prima...Und vielleicht erinnern Sie sich, dass ich vor dem Einbruch geschrieben habe, dass zuerst die Kurse fallen und dann die Nachrichten immer schlechter werden. Genau das wird auch anders herum passieren. Wenn die Kurse nun weiter und weiter steigen, müssen die Analysten nach „Gründen“ für diesen Anstieg suchen. Aufgrund der großen Vielzahl an möglichen Interpretationen werden sie diese auch finden. Diese Gründe werden dann in den Medien nach und nach verbreitet und so für immer neue Käufer sorgen. Steigende Kurse sind die Folge. Und schneller als man sich versieht, ist auch einmal alles wieder schrecklich bullish. Noch ist es zu frühDoch warten wir erst einmal ab, ob dieser zaghafte Boden, der sich aktuell ausbildet, auch tatsächlich stark genug ist, einige schlechte Nachrichten zu verdauen. Charttechnisch warte ich auf den Ausbruch des Dax aus seinem Dreieck nach oben und dem anschließenden Bruch des Allzeithochs. Erst das wäre wirklich bullish zu werten. Viele Grüße Jochen Steffens P.S. Heute war in den Medien zu hören, dass die chinesischen Indizes seit ihrem Hoch im Oktober um über 20 % gefallen sind. Damit befänden sich die chinesischen Indizes per Definition in einem Bärenmarkt, so die Interpretation. Viele hatten mir im Sommer geschrieben, dass ich viel zu früh mit meiner Warnung vor chinesischen Aktien sei und das China erst kurz vor dem olympischen Spielen einbrechen werde. Ich war anderer Meinung, weil ich einen klaren Zusammenhang zwischen einer möglichen Rezession in den USA und deren Auswirkung auf China sehe. Allerdings ist es nach zu früh von einem Bärenmarkt in China zu reden. Nach diesem unglaublichen Anstieg chinesischer Aktien seit 2006 ist ein Rückgang um 20 % noch nicht dramatisch und sicher kein Hinweis auf einen Bärenmarkt. Es ist also durchaus noch möglich, dass sich die chinesischen Märkte erholen und neue Hochs ausbilden. Aber ich würde keinen Cent mehr drauf wetten - zu groß ist die Gefahr, dass sich das Geld erst noch einmal eine Weile aus Asien verabschiedet.
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