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SAP-Zentrale in Waldorf: So viel billiger sind die Arbeitskräfte in Tschechien nicht mehr. Foto: dpa |
FRANKFURT. In das Shared-Service-Center (SSC) sollen Aufgaben wie die Reisebuchhaltung für mehrere Landesgesellschaften ausgelagert werden. Für solche Service-Center vermarktet SAP eigene Software. Deshalb kommt zu den erheblichen Verzögerungen bei der Bearbeitung der internen Aufträge ein Imageschaden.
Mittlerweile mehren sich in der Konzernzentrale die Stimmen, die die Wirtschaftlichkeit des SSC in Zweifel ziehen. Das Projekt werde sich nur schwerlich rechnen, ist in Walldorf zu hören. Ein Sprecher des Konzerns räumte Anlaufschwierigkeiten ein, wies allerdings darauf hin, dass das Center mittlerweile nach Plan laufe.
Das Beispiel zeigt, wie schwer es ist, solche Einheiten in Billiglohnländer auszulagern. Dabei denken immer mehr deutsche Unternehmen darüber nach, SSCs aufzubauen. Deutschland hat bei der Verlagerung und der gleichzeitigen Konzentration solcher standardisierten Verwaltungsfunktionen nach Ansicht von Experten massiven Nachholbedarf.
Einer Umfrage der Beratungsfirma ISPA aus Stuttgart zur Folge haben rund 70 Prozent der befragten Firmen entsprechende Schritte bereits unternommen oder haben dieses vor. Ziel ist eine Kostenersparnis, die nach Schätzungen der Prüfungsgesellschaft KPMG bis zu 35 Prozent erreichen kann.
Doch viele Unternehmen unterschätzen die Stolpersteine. Ein solcher ist die Beschaffung des richtigen Personals. „Die Vorstellung, in Prag Fachkräfte, die vier Sprachen beherrschen, zu niedrigen Preisen zu bekommen, war vielleicht etwas überzogen. Am Ende reden wir hier über Akademiker, die auch in Prag mittlerweile ganz andere Jobs bekommen können“, beschreibt eine SAP-Führungskraft die Probleme. Die Arbeitslosenquote in Prag von nur rund drei Prozent erschwert die Suche nach Fachkräften zusätzlich.
Die Folge: Vor allem in den ersten Monaten mussten zahlreiche Mitarbeiter aus Deutschland in Prag aushelfen – weitaus mehr als zunächst geplant. Noch immer sollen deutsche Kollegen in Prag vor Ort sein. Hinzu kommt, dass die Treue der Mitarbeiter in solchen Shared-Service-Centern nicht sehr ausgeprägt ist. Viele Beschäftigte werden relativ schnell wieder abgeworben. „Ein Job, in dem man SAP-Kompetenz aufgebaut hat, ist natürlich ein Sprungbrett für viele. Das wissen wir“, bestätigt ein SAP-Sprecher. Mit ähnlichen Problemen kämpfen auch andere Firmen, etwa Siemens in seinem Prager SSC.
<!--nodist-->Lesen Sie weiter auf Seite 2: Für SAP sind die Startschwierigkeiten in Prag doppelt bitter.
<!--/nodist-->Experten warnen bereits seit längerem vor personellen Engpässen in Ländern wie Tschechien oder Polen. Die Berater von McKinsey prognostizieren, dass alleine in Polen bis Ende 2008 rund 200 000 Menschen in Shared-Service-Centern beschäftigt sein werden. Mindestens ebenso beeindruckend sind die Investitionen in solche Offshore-Dienstleistungen. Die Deutsche Bank hat errechnet, dass in Osteuropa dafür bislang rund zehn Mrd. Dollar ausgegeben wurden.
Für den Softwareriesen SAP sind die Startschwierigkeiten in Prag allerdings doppelt bitter. Nicht nur der Aufwand beim Aufbau des Centers, in dem künftig 300 Mitarbeiter arbeiten sollen, war größer als erwartet. SAP will mit dem Projekt zugleich unter Beweis stellen, dass die Software aus Walldorf dabei helfen kann, solche Funktionen auszulagern. Schließlich fragen immer mehr Kunden nach entsprechenden Möglichkeiten.
Auf den Gängen in Walldorf wird deshalb bereits kräftig gelästert: „Das Shared-Service-Center sollte wohl besser als Marketingausgabe budgetiert werden.“ Dem widerspricht SAP vehement. „Wir heben dadurch Synergien. Durch das Shared-Service-Center muss nicht jedes einzelne Land alle Verwaltungsaufgaben vorhalten“, sagt ein Sprecher und ergänzt: „Mit dem Aufbau des SSC werden die Kollegen aus den lokalen Personalabteilungen von administrativen Tätigkeiten entlastet. Dadurch können sie sich mehr ihren eigentlichen Aufgaben widmen.“