Die Beta-Wette wird langsam riskant. Seit dem 21. September ist der DJ Stoxx Technologie um gut 70 Prozent gestiegen, gegenüber 26 Prozent, um die der breite Markt zugelegt hat.
Bisher war die Strategie der Anleger richtig, in der Liquiditätshausse auf Aktien zu setzen, die im Verhältnis zum Gesamtmarkt besonders stark schwanken - technisch gesprochen also ein hohes Beta haben. Aber selbst wenn weiter frisches Geld an die Börse fließt: Als Fondsmanager muss man es sich nach den Erfahrungen der vergangenen anderthalb Jahre mehr als zweimal überlegen, auf Aktien zu setzen, die im Schnitt mit dem rund 50fachen der für 2002 geschätzten Gewinne notieren und damit hoffnungslos überbewertet sind. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die ersten anfangen, Gewinne mitzunehmen. Smarte Investoren könnten dies sogar tun, sobald die Firmen tatsächlich die unterstellten guten Nachrichten liefern, was längst nicht gesagt ist.
Nehmen wir das europäische Paradeunternehmen Nokia . Die Finnen haben jetzt wieder einen Marktwert von 133,5 Mrd. Euro. Die Analysten rätseln, ob in dem stagnierenden Markt dieses Jahr eher 370, 390 oder 400 Millionen Mobiltelefone verkauft werden - und der Kurs von Nokia reagiert wie ein Seismograf auf jede kleinste Anpassung der Schätzungen. Wie kleinlich! Um den gegenwärtigen Wert der Firma zu rechtfertigen, müssten schon in fünf Jahren eine Milliarde Telefone verscherbelt werden. Erzielte Nokia dann einen globalen Marktanteil von 30 Prozent, einen mittleren Verkaufspreis von 250 Euro je Telefon und eine Nettomarge von 15 Prozent, ergäbe das einen Gewinn von 11,5 Mrd. Euro. Das entspricht einem KGV von zwölf auf Basis 2006 - oder zehn, wenn man die Netzwerksparte herausrechnet und mit dem dreifachen Umsatz bewertet.
Hört sich nach Kinkerlitzchen an? Mitnichten. Die Bewertung wäre nur fair, falls man sich bis dahin Kursgewinne von zehn Prozent jährlich verspricht. Indes sind die getroffenen Annahmen so saftig, dass Nokia eigentlich nur enttäuschen kann, obwohl die Firma prima geführt ist. Darauf zu bauen, dass die Finnen sie übertreffen, ist mehr als kühn.
Auf der anderen Seite des Atlantiks freuen sich die Anleger, dass Intel einen energiesparenden Superprozessor für 2005 ankündigt und gleichzeitig die Preise für den P4-Prozessor nunmehr gemächlicher fallen sollen - nach bisher läppischen 84 Prozent. Die Firma hat inzwischen wieder einen Marktwert von 211 Mrd. $, bei einem geschätzten Umsatz von 26 Mrd. $. Nicht mal nach den optimistischsten Schätzungen kann Intel bis 2003 an den im vergangenen Jahr erzielten 10,5 Mrd. $ Gewinn herankommen, der Konsens erwartet drei Fünftel davon. Danach kostet die Aktie selbst auf der Basis 2003 das 31fache des Gewinns. Wir reden über ein Unternehmen, dass den Schätzungen zufolge zwischen 2000 und 2003 schrumpfen wird.
Siemens
Im Heimatland von Laptops, Handys und Lederhosen geht’s gemütlich zu. Statt wie die bösen Nordamerikaner noch mehr Stellen zu streichen, werden bei Siemens bis zu 40.000 Topverdiener für sechs Monate auf eine Gehaltserhöhung verzichten.
Nur scheint der Latzbund noch lange nicht straff genug. Wenn alle Abteilungen mitmachen, sparen die Münchner vielleicht 50 Mio. Euro, wovon nach Steuern gerade mal 33 Mio. Euro bleiben. Um so erstaunlicher das Kursplus von zunächst über zwei Euro, was einem Wertzuwachs von 1,8 Mrd. Euro entsprach. Davon blieb am Ende noch knapp ein Drittel, in einem schwachen Marktumfeld. Trotzdem nicht schlecht. Immerhin hat der Wert seit dem Septembertief um 80 Prozent zugelegt.
Gemessen am Umsatz ist Siemens weiter günstig und angesichts der hauchdünnen Margen viel versprechend. Ob der 154-jährige Methusalem die Versprechen mittelfristig halten kann, hängt natürlich von der umsatzstärksten Sparte Information und Kommunikation ab. Unumgänglich ist, dass Siemens den Bereich auf Sparpotenzial abklopft und einen Handypartner sucht. Obwohl in den letzten Jahren vor allem der europäische Heimatmarkt geboomt hat, konnte Siemens nicht unter die Top drei vorstoßen. In Nordamerika und Asien wird es noch schwieriger.
Die Verhandlungen über eine engere Partnerschaft mit Motorola scheinen gescheitert. Und japanische Erzeuger wie Toshiba sind zu klein. Dasselbe gilt auch für Palm , das seit Gründung 14 Millionen Kleinstcomputer erzeugt hat; Nokia verkaufte allein im dritten Quartal 31,5 Millionen Handys. So nützlich Palms Erfahrungen beim Zusammenwachsen von Handy und Handcomputer wären: Die zur Profitabilität nötigen Stückzahlen bringen sie Siemens sicher nicht.
Kurzfristig drohen schlechte Nachrichten aus den Geldbringern wie der Automatisierung, der Lichttechnik und dem Kraftwerksbau. Anzeichen dafür sind die zuletzt rückläufigen Auftragseingänge. Bis der Umbau im Kommunikationsbereich Früchte trägt, könnten die Münchner Prügel abkriegen, vor denen auch Lederhosen nicht schützen.
Gruß
Happy End
ftd.de
Bisher war die Strategie der Anleger richtig, in der Liquiditätshausse auf Aktien zu setzen, die im Verhältnis zum Gesamtmarkt besonders stark schwanken - technisch gesprochen also ein hohes Beta haben. Aber selbst wenn weiter frisches Geld an die Börse fließt: Als Fondsmanager muss man es sich nach den Erfahrungen der vergangenen anderthalb Jahre mehr als zweimal überlegen, auf Aktien zu setzen, die im Schnitt mit dem rund 50fachen der für 2002 geschätzten Gewinne notieren und damit hoffnungslos überbewertet sind. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die ersten anfangen, Gewinne mitzunehmen. Smarte Investoren könnten dies sogar tun, sobald die Firmen tatsächlich die unterstellten guten Nachrichten liefern, was längst nicht gesagt ist.
Nehmen wir das europäische Paradeunternehmen Nokia . Die Finnen haben jetzt wieder einen Marktwert von 133,5 Mrd. Euro. Die Analysten rätseln, ob in dem stagnierenden Markt dieses Jahr eher 370, 390 oder 400 Millionen Mobiltelefone verkauft werden - und der Kurs von Nokia reagiert wie ein Seismograf auf jede kleinste Anpassung der Schätzungen. Wie kleinlich! Um den gegenwärtigen Wert der Firma zu rechtfertigen, müssten schon in fünf Jahren eine Milliarde Telefone verscherbelt werden. Erzielte Nokia dann einen globalen Marktanteil von 30 Prozent, einen mittleren Verkaufspreis von 250 Euro je Telefon und eine Nettomarge von 15 Prozent, ergäbe das einen Gewinn von 11,5 Mrd. Euro. Das entspricht einem KGV von zwölf auf Basis 2006 - oder zehn, wenn man die Netzwerksparte herausrechnet und mit dem dreifachen Umsatz bewertet.
Hört sich nach Kinkerlitzchen an? Mitnichten. Die Bewertung wäre nur fair, falls man sich bis dahin Kursgewinne von zehn Prozent jährlich verspricht. Indes sind die getroffenen Annahmen so saftig, dass Nokia eigentlich nur enttäuschen kann, obwohl die Firma prima geführt ist. Darauf zu bauen, dass die Finnen sie übertreffen, ist mehr als kühn.
Auf der anderen Seite des Atlantiks freuen sich die Anleger, dass Intel einen energiesparenden Superprozessor für 2005 ankündigt und gleichzeitig die Preise für den P4-Prozessor nunmehr gemächlicher fallen sollen - nach bisher läppischen 84 Prozent. Die Firma hat inzwischen wieder einen Marktwert von 211 Mrd. $, bei einem geschätzten Umsatz von 26 Mrd. $. Nicht mal nach den optimistischsten Schätzungen kann Intel bis 2003 an den im vergangenen Jahr erzielten 10,5 Mrd. $ Gewinn herankommen, der Konsens erwartet drei Fünftel davon. Danach kostet die Aktie selbst auf der Basis 2003 das 31fache des Gewinns. Wir reden über ein Unternehmen, dass den Schätzungen zufolge zwischen 2000 und 2003 schrumpfen wird.
Siemens
Im Heimatland von Laptops, Handys und Lederhosen geht’s gemütlich zu. Statt wie die bösen Nordamerikaner noch mehr Stellen zu streichen, werden bei Siemens bis zu 40.000 Topverdiener für sechs Monate auf eine Gehaltserhöhung verzichten.
Nur scheint der Latzbund noch lange nicht straff genug. Wenn alle Abteilungen mitmachen, sparen die Münchner vielleicht 50 Mio. Euro, wovon nach Steuern gerade mal 33 Mio. Euro bleiben. Um so erstaunlicher das Kursplus von zunächst über zwei Euro, was einem Wertzuwachs von 1,8 Mrd. Euro entsprach. Davon blieb am Ende noch knapp ein Drittel, in einem schwachen Marktumfeld. Trotzdem nicht schlecht. Immerhin hat der Wert seit dem Septembertief um 80 Prozent zugelegt.
Gemessen am Umsatz ist Siemens weiter günstig und angesichts der hauchdünnen Margen viel versprechend. Ob der 154-jährige Methusalem die Versprechen mittelfristig halten kann, hängt natürlich von der umsatzstärksten Sparte Information und Kommunikation ab. Unumgänglich ist, dass Siemens den Bereich auf Sparpotenzial abklopft und einen Handypartner sucht. Obwohl in den letzten Jahren vor allem der europäische Heimatmarkt geboomt hat, konnte Siemens nicht unter die Top drei vorstoßen. In Nordamerika und Asien wird es noch schwieriger.
Die Verhandlungen über eine engere Partnerschaft mit Motorola scheinen gescheitert. Und japanische Erzeuger wie Toshiba sind zu klein. Dasselbe gilt auch für Palm , das seit Gründung 14 Millionen Kleinstcomputer erzeugt hat; Nokia verkaufte allein im dritten Quartal 31,5 Millionen Handys. So nützlich Palms Erfahrungen beim Zusammenwachsen von Handy und Handcomputer wären: Die zur Profitabilität nötigen Stückzahlen bringen sie Siemens sicher nicht.
Kurzfristig drohen schlechte Nachrichten aus den Geldbringern wie der Automatisierung, der Lichttechnik und dem Kraftwerksbau. Anzeichen dafür sind die zuletzt rückläufigen Auftragseingänge. Bis der Umbau im Kommunikationsbereich Früchte trägt, könnten die Münchner Prügel abkriegen, vor denen auch Lederhosen nicht schützen.
Gruß
Happy End
ftd.de