US-Autobauer
Chrysler-Konkurs: Die einzige Chance
von Matthias Eberle
Monatelang wurde nur diskutiert, jetzt fallen die Entscheidungen: Zwar beginnen die Schmerzen nun erst richtig, und der Region um Detroit stehen die nächsten Massenentlassungen bevor. Doch der Konkurs von Chrysler kann für die US-Autoindustrie ein Neuanfang sein, nicht das Ende.
Nach dem unsinnigen Verbrennen von Staatshilfen in zweistelliger Milliardenhöhe hat die US-Regierung eingesehen, dass es auf herkömmlichem Wege keine Chance mehr gibt für eine Sanierung des Dauerpatienten Chrysler. Daran haben sich schon hochkarätige industrielle Investoren wie Daimler versucht, ein zur Zeit der
mit unsozialen Forderungen Lieschen Müller und Joe Sixpack auszubeuten - das hat Obama gut erkannt.
Fusion vor Kraft strotzender Autokonzern, sowie zuletzt Finanzinvestoren (Cerberus), die eine Rettung mit knallharten Sparmethoden versuchten.
Alle Beatmungsversuche scheiterten daran, dass sich die Strukturen der US-Autoindustrie überlebt haben. Sie sind für das Jahrhundert der Globalisierung nicht mehr geeignet und stammen noch aus Zeiten, in denen General Motors (GM), Ford und Chrysler den heimischen Automarkt dominierten. Heute läuft die Troika Gefahr, mit ihren aufgeblähten Organisationen endgültig von japanischen und europäischen Autokonzernen überrollt zu werden.
Was schon in besseren Zeiten Probleme bereitete und Milliardenverluste bescherte, musste in einer Phase wie dieser unweigerlich im Konkurs enden. Selbst unter einem der schärfsten Kostenkiller im Lande, "General" Robert Nardelli, purzelten die Umsätze bei Chrysler weiterhin schneller als die Kosten. Die gutmütige neue Obama-Administration hat sich drei Monate lang ein Bild von der Lage rund um Detroit gemacht. Jetzt muss auch sie einsehen, dass sie Staatshilfen nicht im Quartalsrhytmus überweisen kann, um eine im Kern unheilbar kranke Industrie durch die Krise zu bringen.
Ist die Chrysler-Pleite ein Fingerzeig für den weit größeren Problemfall GM, über den in vier Wochen endgültig entschieden werden soll? Obamas Auto-Task Force zeigt mit der Entscheidung immerhin, dass sie jetzt konsequent durchgreift, um der Industrie einen Neuanfang ohne Altlasten zu ermöglichen. Dabei ist Chrysler für die Obama-Administration nur der Nebenschauplatz. Das eigentliche Ziel besteht darin, den wankenden Marktführer GM durch die Krise zu bringen. Der in seiner Substanz bereits völlig ausgehöhlte Chrysler-Konzern indes wird gratis an Fiat weitergereicht - mit der klaren Aufforderung, die bisherigen Staatshilfen der USA bitte schnellstmöglich zurückzuzahlen.
Im Konkursverfahren dürfte Chrysler jetzt weitgehend entkernt und von erdrückenden Altlasten befreit werden. Auf diese Weise kann der künftige Ehepartner Fiat ein Unternehmen schmieden, das mit Blick auf die Kostenpositionen die neue Messlatte in den USA sein wird. Dass das allein nicht reicht, hat Finanzinvestor Cerberus zuletzt schmerzhaft einsehen müssen. Nur wenn es Fiat auch schafft, im weltgrößten Markt attraktive Modelle anzubieten, gibt es eine Zukunft für Chrysler. Das ist immerhin eine Mini-Chance, die das Unternehmen in seiner alten Aufstellung nie hatte.