Die Börsenkrise hat die Assekuranz fest im Griff. Jetzt fiel der erste deutsche Lebensversicherer bei der Prüfung durch die Finanzaufsicht durch
Ein Aprilscherz? Von wegen! Dabei kursierte am 1. dieses Monats eine bittere Nachricht auf den Fluren der Victoria-Hauptverwaltung am Düsseldorfer Victoria-Platz. Bei der Bilanzvorlage, einen Tag später, wischte dann auch Vorstandschef Michael Rosenberg jeden Zweifel vom Tisch: Der siebtgrößte deutsche Lebensversicherer fiel bei dem von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) geforderten Stresstest durch.
Diese Prüfung soll zeigen, ob ein Lebensversicherer seine Verbindlichkeiten noch bedienen kann, falls es an den Börsen zu einem weiteren deutlichen Einbruch kommt. Ergebnis: Die Victoria könnte es nicht. Die Aktienquote des Lebensversicherungsunternehmens ist mit mehr als zwölf Prozent im Marktvergleich zu hoch. Die „stillen Lasten" der Victoria Leben sind es auch. Durch den Kursrutsch an den Märkten weist die Bilanz, die zum Ergo-Konzern des weltgrößten Rückversicherers Münchener Rück gehört, stille Lasten bei Aktien von rund 1,5 Milliarden Euro aus - der höchste Wert, den ein Lebensversicherer bis dato ausgewiesen hat.
Wird das Desaster des Düsseldorfer Lebensversicherers ein Einzelfall bleiben? In der Analystengemeinde schüttelt man den Kopf: „Es ist zu befürchten, dass noch mehr Lebensversicherer mit dem Stresstest Probleme haben werden", heißt es bei der Rating-Agentur Standard & Poor's. Und Ralf Dibbern, Finanzanalyst beim Hamburger Bankhaus M.M. Warburg, sagt ebenfalls weitere Stresstest-Durchfälle voraus: „Die Victoria Leben ist nicht die schlechteste Gesellschaft am Markt. Bei anderen Assekuranzen erscheint die Lage viel schwieriger." Weitere Horror-Meldungen erwartet er spätestens im Mai. „Dann präsentieren die meisten Versicherer ihren Jahresabschluss für 2002."
Die Börsenkrise hat die deutsche Leben-Assekuranz fest im Griff. Nicht einmal die freudige Meldung, dass Branchenführer Allianz Leben im vergangenen Jahr beim Neugeschäft um 30 Prozent zugelegt hat, beeindruckte die Märkte. Die Rekord-Meldung verhallte weitgehend ungehört.
So nervös wie zurzeit war die Branche noch nie. Die Strauchelbörse setzt nicht nur den Lebensversicherern, sondern allen deutschen Assekuranzen derzeit mächtig zu. Und die größten Schreckensmeldungen stehen noch aus: Weil die Versicherer auf steigende Börsen gehofft und deshalb notwendige Abschreibungen in den letzten beiden Jahren zum Teil verschoben haben, wirken sich die Bewertungsverluste in den Bilanzen der Jahre 2002 und 2003 aus. 2001 haben die deutschen Assekuranzen „stille Lasten" von rund 2,5 Milliarden Euro aufgebaut. Der im Jahr 2002 eingefahrene Verlust dürfte noch wesentlich größer sein. Die Rating-Agentur Fitch schätzt die stillen Lasten und Abschreibungen der deutschen Assekuranz auf 45 bis 50 Milliarden Euro. Die Branche will davon nichts wissen. Laut einer Mitgliederbefragung geht der Versicherungsverband GDV von 15 bis 20 Milliarden Euro aus. Immer noch zu viel.
Zusätzlich kommen die Unternehmen auch durch die Flaute ihrer eigenen Börsenkurse immer stärker unter Druck. Der Kurs des weltgrößten Rückversicherer Münchener Rück taumelt bei knapp über 60 Euro umher. Die Allianz-Aktie fand diese Woche nicht einmal bei der 50-Euro-Marke halt.
„Der Rat, kaufe lieber eine Allianz-Aktie als eine Allianz-Lebensversicherung gilt deshalb nicht mehr", warnt M.M. Warburg-Analyst Dibbern. Besonders für konservative Anleger sei das Risiko von Versicherungsaktien derzeit zu groß. „Eine Lebensversicherung ist da sehr viel sicherer." Auch in Zeiten der größten Börsenturbulenzen hätten die Lebensversicherer ihren Kunden die garantierten Zinsen gezahlt, sagt Dibbern: „Wer in den vergangenen drei Jahren eine Lebensversicherung hatte, kann sich glücklich schätzen." Zwar wird im Finanzministerium derzeit die Rücknahme des garantierten Mindestzinses für Lebensversicherungen von 3,25 auf 2,75 Prozent für Neuverträge ab dem kommenden Jahr diskutiert. „Das kann aber immer noch mehr sein als am Aktienmarkt zu holen ist", sagt der Analyst. Auch das angesparte Kapital verringere sich nicht.
Auch Bernd Michaels, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), will von einer existenzbedrohenden Krise nichts wissen. Zwar geht er davon aus, „dass es auch weitere Unternehmen geben wird, die den Stresstest nicht bestehen". Die Gelder der Versicherungsnehmer seien auch dann nicht in Gefahr. Nicht einmal dann, wenn es im Extremfall zu einer massiven Schieflage eines Versicherers kommt. Die Branche hat vorgesorgt - und rief im vergangenen Herbst den Versicherer Protector ins Leben. Kann sich ein Assekuranzunternehmen nicht mehr aus seiner Schieflage befreien, fängt Protector die Versicherungsbestände auf. „Auch wenn die Aktienkurse noch weiter in die Tiefe stürzen, ist das Vermögen der Versicherungsnehmer dadurch voll und ganz gesichert", wischt Michaels Bedenken vom Tisch.
Wer sich dennoch an der Börse engagieren will, kann ebenfalls in Assekuranz investieren. Für Finanzanalyst Dibbern sind vor allem Rückversicherer wie Münchener Rück, Hannover Rück und Swiss Re interessant: „Die Rückversicherer haben zwar auch jede Menge Aktien in ihrem Portfolio. Aber das Versicherungsgeschäft verläuft im Vergleich zu den Erstversicherern denkbar gut."
Ein Aprilscherz? Von wegen! Dabei kursierte am 1. dieses Monats eine bittere Nachricht auf den Fluren der Victoria-Hauptverwaltung am Düsseldorfer Victoria-Platz. Bei der Bilanzvorlage, einen Tag später, wischte dann auch Vorstandschef Michael Rosenberg jeden Zweifel vom Tisch: Der siebtgrößte deutsche Lebensversicherer fiel bei dem von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) geforderten Stresstest durch.
Diese Prüfung soll zeigen, ob ein Lebensversicherer seine Verbindlichkeiten noch bedienen kann, falls es an den Börsen zu einem weiteren deutlichen Einbruch kommt. Ergebnis: Die Victoria könnte es nicht. Die Aktienquote des Lebensversicherungsunternehmens ist mit mehr als zwölf Prozent im Marktvergleich zu hoch. Die „stillen Lasten" der Victoria Leben sind es auch. Durch den Kursrutsch an den Märkten weist die Bilanz, die zum Ergo-Konzern des weltgrößten Rückversicherers Münchener Rück gehört, stille Lasten bei Aktien von rund 1,5 Milliarden Euro aus - der höchste Wert, den ein Lebensversicherer bis dato ausgewiesen hat.
Wird das Desaster des Düsseldorfer Lebensversicherers ein Einzelfall bleiben? In der Analystengemeinde schüttelt man den Kopf: „Es ist zu befürchten, dass noch mehr Lebensversicherer mit dem Stresstest Probleme haben werden", heißt es bei der Rating-Agentur Standard & Poor's. Und Ralf Dibbern, Finanzanalyst beim Hamburger Bankhaus M.M. Warburg, sagt ebenfalls weitere Stresstest-Durchfälle voraus: „Die Victoria Leben ist nicht die schlechteste Gesellschaft am Markt. Bei anderen Assekuranzen erscheint die Lage viel schwieriger." Weitere Horror-Meldungen erwartet er spätestens im Mai. „Dann präsentieren die meisten Versicherer ihren Jahresabschluss für 2002."
Die Börsenkrise hat die deutsche Leben-Assekuranz fest im Griff. Nicht einmal die freudige Meldung, dass Branchenführer Allianz Leben im vergangenen Jahr beim Neugeschäft um 30 Prozent zugelegt hat, beeindruckte die Märkte. Die Rekord-Meldung verhallte weitgehend ungehört.
So nervös wie zurzeit war die Branche noch nie. Die Strauchelbörse setzt nicht nur den Lebensversicherern, sondern allen deutschen Assekuranzen derzeit mächtig zu. Und die größten Schreckensmeldungen stehen noch aus: Weil die Versicherer auf steigende Börsen gehofft und deshalb notwendige Abschreibungen in den letzten beiden Jahren zum Teil verschoben haben, wirken sich die Bewertungsverluste in den Bilanzen der Jahre 2002 und 2003 aus. 2001 haben die deutschen Assekuranzen „stille Lasten" von rund 2,5 Milliarden Euro aufgebaut. Der im Jahr 2002 eingefahrene Verlust dürfte noch wesentlich größer sein. Die Rating-Agentur Fitch schätzt die stillen Lasten und Abschreibungen der deutschen Assekuranz auf 45 bis 50 Milliarden Euro. Die Branche will davon nichts wissen. Laut einer Mitgliederbefragung geht der Versicherungsverband GDV von 15 bis 20 Milliarden Euro aus. Immer noch zu viel.
Zusätzlich kommen die Unternehmen auch durch die Flaute ihrer eigenen Börsenkurse immer stärker unter Druck. Der Kurs des weltgrößten Rückversicherer Münchener Rück taumelt bei knapp über 60 Euro umher. Die Allianz-Aktie fand diese Woche nicht einmal bei der 50-Euro-Marke halt.
„Der Rat, kaufe lieber eine Allianz-Aktie als eine Allianz-Lebensversicherung gilt deshalb nicht mehr", warnt M.M. Warburg-Analyst Dibbern. Besonders für konservative Anleger sei das Risiko von Versicherungsaktien derzeit zu groß. „Eine Lebensversicherung ist da sehr viel sicherer." Auch in Zeiten der größten Börsenturbulenzen hätten die Lebensversicherer ihren Kunden die garantierten Zinsen gezahlt, sagt Dibbern: „Wer in den vergangenen drei Jahren eine Lebensversicherung hatte, kann sich glücklich schätzen." Zwar wird im Finanzministerium derzeit die Rücknahme des garantierten Mindestzinses für Lebensversicherungen von 3,25 auf 2,75 Prozent für Neuverträge ab dem kommenden Jahr diskutiert. „Das kann aber immer noch mehr sein als am Aktienmarkt zu holen ist", sagt der Analyst. Auch das angesparte Kapital verringere sich nicht.
Auch Bernd Michaels, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), will von einer existenzbedrohenden Krise nichts wissen. Zwar geht er davon aus, „dass es auch weitere Unternehmen geben wird, die den Stresstest nicht bestehen". Die Gelder der Versicherungsnehmer seien auch dann nicht in Gefahr. Nicht einmal dann, wenn es im Extremfall zu einer massiven Schieflage eines Versicherers kommt. Die Branche hat vorgesorgt - und rief im vergangenen Herbst den Versicherer Protector ins Leben. Kann sich ein Assekuranzunternehmen nicht mehr aus seiner Schieflage befreien, fängt Protector die Versicherungsbestände auf. „Auch wenn die Aktienkurse noch weiter in die Tiefe stürzen, ist das Vermögen der Versicherungsnehmer dadurch voll und ganz gesichert", wischt Michaels Bedenken vom Tisch.
Wer sich dennoch an der Börse engagieren will, kann ebenfalls in Assekuranz investieren. Für Finanzanalyst Dibbern sind vor allem Rückversicherer wie Münchener Rück, Hannover Rück und Swiss Re interessant: „Die Rückversicherer haben zwar auch jede Menge Aktien in ihrem Portfolio. Aber das Versicherungsgeschäft verläuft im Vergleich zu den Erstversicherern denkbar gut."