Die Insolvenz einer Kapitalgesellschaft ist immer von drei Seiten zu betrachten. Muss, kann oder darf eine Gesellschaft eine Erklärung zur Insolvenz abgeben. Wie nachfolgend ausgeführt, haben die europäischen Jurisdiktionen durchaus unterschiedliche Anforderungen. Soll sagen: Nicht jedes Unternehmen, dem es gerade so gefällt kann eben mal schnell Insolvenz beantragen.
Bei der Insolvenz der Kapitalgesellschaft geht es um die Insolvenzgründe haftungsbeschränkter Gesellschaften. Die Insolvenzgründe sind im wesentlichen die Zahlungsunfähigkeit, die Überschuldung und die drohende Zahlungsunfähigkeit.
a) Zahlungsunfähigkeit:
Die Zahlungsunfähigkeit ist in Europa ein für Kapitalgesellschaften durchweg anerkannter Insolvenzgrund: cessation des paiements (Belgien: Art. 2 Abs. 1 Loi sur les faillites; Frankreich: Art. L. 631-1 Abs. 1 Code de Commerce), Zahlungsunfähigkeit (Deutschland: § 17 InsO), inability to pay debts as they fall due (England: sec. 123 Abs. 1 lit. e Insolvency Act 1986; auch cash flow insolvency genannt), insolvenza (Italien: Art. 5 Legge Fallimentare), toestand van hebben opgehouden te betalen (Niederlande: Art. 1 Abs. 1 Faillissementswet), Zahlungsunfähigkeit (Österreich: § 66 Konkursordnung), niewypłacalność (Polen: Art. 11 Abs. 1 Prawo Upadłościowe i Naprawcze), insolvens bzw. obestånd (Schweden: Kap. 1 § 2 Abs. 2 Konkurslagen), platobne neschopný (Slowakei: § 3 Abs. 2 Zákon o Konkurze a Reštrukturalizácii), insolvencia (Spanien: Art. 2 Abs. 2 Ley Concursal), platební neschopnost (Tschechien: § 3 Abs. 1 Insolvenční Zákon), fizetésképtelenség (Ungarn: § 27 Abs. 2 törvény a csődeljárásról és).
Im Kern sind die gesetzlichen Definitionen der Zahlungsunfähigkeit in den genannten Ländern der Begriffsbestimmung in § 17 Abs. 1 der deutschen Insolvenzordnung weitgehend ähnlich: Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die Mehrzahl der Rechtsordnungen belässt es bei einer derart kurzen Definition und überlässt die weitere Ausformung der Rechtsprechung.
b) Überschuldung
Anders als die Zahlungsunfähigkeit hat sich der Insolvenzgrund der Überschuldung nicht in allen europäischen Insolvenzrechten durchgesetzt. Es gibt u.a. folgende Äquivalente zur Überschuldung gemäß § 19 Abs. 2 der deutschen Insolvenzordnung: inability to pay debts if the value of the company's assets is less than the amount of its liabilities (England: sec. 123 Abs. 2 Insolvency Act 1986, auch balance sheet insolvency genannt), maksejõuetu, kui võlgniku vara ei kata tema kohustusi ja selline seisund (Estland: § 1 Abs. 3 Pankrotiseadus), ylivelkaisuus (Finnland: Kap. 2 § 5 Konkurssilaki), Überschuldung (Österreich: § 67 Konkursordnung), predĺženosť (Slowakei: § 3 Abs. 3 Zákon o Konkurze a Reštrukturalizácii), předlužení (Tschechien: § 3 Abs. 3 Insolvenční Zákon) und im polnischen Recht wird Zahlungsunfähigkeit gemäß Art. 11 Abs. 2 Prawo Upadłościowe i Naprawcze angenommen, wenn Überschuldung vorliegt.
In anderen europäischen Staaten fehlt hingegen eine entsprechende Rechtsfigur. Dazu zählen u.a. Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Lettland, Luxemburg, Niederlande, Schweden, Spanien und Ungarn. Das Fehlen eines Überschuldungstatbestands bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass eine Rechtsordnung bei der Feststellung eines Insolvenzgrundes auf eine Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva verzichtet.
c) Drohende Zahlungsunfähigkeit
Mehr als zwei Drittel, nämlich 19 der gegenwärtig 27 Mitgliedstaaten haben ergänzend den Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit eingeführt. Das ist beispielsweise der Fall in Belgien (Art. 9 Abs. 1 Loi relative au concordat judiciaire), Deutschland (§ 18 Abs. 2 Insolvenzordnung), England (para. 11 lit. a Schedule B1 Insolvency Act 1986), Griechenland (Art. 3 § 2 Πτωχευτικός Κώδικας), den Niederlanden (Art. 214 Abs. 1 Faillissementswet), Österreich (§ 1 Abs. 1 Ausgleichsordnung), Portugal (§ 3 Abs. 4 Código da Insolvência e da Recuperação de Empresas) und Spanien (Art. 2 Abs. 3 Ley Concursal).
Inhaltlich zielt die drohende Zahlungsunfähigkeit auf Konstellationen, in denen die Kapitalgesellschaft im Beurteilungszeitpunkt zwar in der Lage ist, ihre Gläubiger zu befriedigen, aber bereits absehbar ist, dass zu einem Zeitpunkt bzw. in einem Zeitraum in der Zukunft fällige Zahlungsverbindlichkeiten nicht befriedigt werden können. Wegen des Zusammenhangs zwischen der zukünftigen Liquidität und dem auf der Aktivseite einer Überschuldungsbilanz anzusetzenden Unternehmenswert besteht ein gewisser funktionaler Gleichlauf zwischen Überschuldung und drohender Zahlungsunfähigkeit. Dieser ergibt sich auch daraus, dass beide Insolvenzgründe durch Aufstellung eines Finanzplans ermittelt werden können, der nach weitgehend identischen Regeln erstellt wird.
Ein Motiv für die Einführung der drohenden Zahlungsunfähigkeit in die Insolvenzgesetze war häufig, dem Schuldner einen Insolvenzgrund für die fakultative Auslösung eines Sanierungsverfahrens an die Hand zu geben. Dementsprechend verpflichtet die drohende Zahlungsunfähigkeit in den meisten Ländern die Organe der Kapitalgesellschaft nicht zur Insolvenzantragsstellung und gibt auch den außenstehenden Gläubigern kein Antragsrecht. Entsprechend geht der Tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit in Deutschland, Frankreich, Griechenland, den Niederlanden und Spanien nur mit dem Recht auf Stellung eines Eigenantrags durch die Kapitalgesellschaft einher.
Um nicht wertschöpfende Unternehmen vorschnell den Gefahren eines Insolvenzverfahrens auszusetzen, geht die Tendenz eindeutig zu einer Bewertung der Aktiva anhand eines fair value-Ansatzes im Rahmen des Überschuldungstatbestands.
Kann sich jeder seine eigenen Gedanken zu machen, ich werd nen Teufel tun und dazu eine Anlageberatung abgeben.
Quellen: o.g. Gesetze