STEAG HamaTech AG: Gewinnwarnung oder was?

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STEAG HamaTech AG: Gewinnwarnung oder was?

 
03.07.00 15:58
STEAG HamaTech AG: Gewinnwarnung oder was?
von: Klaus Singer
Kennen Sie den Kontraindikator "Wort-Verlust Verhältnis"?

Viele Unternehmen am Neuen Markt und anderswo verpacken ihre schlechten Meldungen gerne in wortreiche, ausladende Erklärungen. Je mehr Worte, je schlechter die Nachricht.


Meister dieses Faches sind mittlerweile Unternehmen wie Teles und Infomatec. SCM Microsystems übt sich gerade mit Erfolg in dieser Technik. Und jetzt möchte offenbar auch STEAG Hamatech mitmachen.


Das Unternehmen hat uns am letzten Tag des zweiten Quartals ad hoc unter der Überschrift "STEAG HamaTech - Vorübergehende Abschwächung des Unternehmenswachstums aufgrund von temporärer Nachfrageschwäche bei CD-R Produktionsanlagen" wissen lassen, dass es gegenwärtig nicht so gut läuft in Sternenfels.

Man habe "nicht unerwartet" einen erheblichen Rückgang der Auftragseingänge zu verzeichnen. Zwar wäre das Unternehmen in Umsatz und Ertrag gegenüber dem ersten Halbjahr 1999 noch gewachsen. Die vorübergehende Investitionszurückhaltung aller Hersteller im Kerngeschäftsfeld CD/DVD-R wirke aber stark dämpfend auf das Gesamtwachstum der Unternehmensgruppe im Jahr 2000.

Es bestehe derzeit ein signifikanter Überhang an Fertigungskapazitäten gegenüber der Nachfrage nach CD-Rs. Die augenblickliche Situation sei für die Branche normal und mit der Entwicklung des Jahres 1997 vergleichbar.

Dann wird es religiös: Wie 1997 auch bestehe in der derzeitigen Situation überhaupt kein Grund, den Glauben an die CD-R zu verlieren.

Es gebe nämlich derzeit keine Alternativen zu diesem Medium. Die CD-R schlage alle Wettbewerbsmedien im Preis-, Kapazitätsverhältnis.

1997 war im letzten Jahrhundert - heute schreiben wir das Jahr 2000.

STEAG Hamatech schöpft Hoffnung aus folgender Rechnung: In diesem Jahr 2000 würden knapp 50 Mio. (1999: 22 Millionen) CD-R Laufwerke verkauft. Für 2002 rechneten Experten mit knapp 140 Mio. CD-R/RW Laufwerken.

Als Ursache für diese Entwicklung wird die (anscheinend zu allem gute) weiterhin rasante Verbreitung des Internets und die anwachsende Verwendung von CD-Rs als Standardspeichermedium bei Personal Computern identifiziert:Es gingen doch tatsächlich immer mehr PC-Hersteller dazu über, PCs direkt mit einem CD-R/RW Laufwerk auszustatten, was den Verbrauch von CD-Rs ankurbeln werde...

Außerdem habe die beschreibbare DVD den Status eines Laborproduktes gerade erst verlassen und könne sich frühestens in 5 Jahren zu einem Massenprodukt entwickeln. Bis dahin bliebe es bei der CD-R, so das Unternehmen.

Die dargebotene Argumentation scheint schräg. Erstens ist es ja wohl keineswegs ein neuer Trend, dass PCs mit CD-Laufwerken ausgerüstet würden. Eher im Gegenteil - es gibt heute kaum noch einen neuen PC, der nicht über ein DVD-Laufwerk verfügt. Klar - das kann dann auch noch CDs lesen. Zweitens fragt sich, was die wiederbeschreibbare DVD mit dem Markt der CD-R zu tun hat. Mal ganz davon abgesehen, dass die 5-Jahresfrist dieses Mediums bis zur Massenware durchaus bezweifelt werden kann, werden hier tendenziös Äpfel mit Birnen verglichen. Drittens: Was hat das Internet eigentlich mit CD-Rs zu tun? Besteht nicht eher der umgekehrte Zusammenhang - je weiter das Internet verbreitet, je mehr wird Software, aber auch Musik usw. hierüber geladen, und eben nicht mehr über CD-R. Stichwort ASP ...

STEAG HamaTech bekräftigt die ursprünglichen Prognosen, wonach im Jahre 2002 zwischen 8 und 10 Mrd. CD-Rs produziert werden. Dem stünde derzeit aber lediglich eine im Markt installierte Maschinenkapazität für max. 3,5 Mrd. Stück pro Jahr gegenüber.

Vor diesem Hintergrund gehe STEAG HamaTech davon aus, dass sich die Nachfrage nach Produktionsanlagen für CD-Rs im vierten Quartal wieder beleben wird. Das Wachstum des Jahres 1999 würde aber nicht erreicht. Weitere Details gebe es am 11. August.

Zum Schluß der Erklärung ruft man den Anlegern mannhaft zu: Trotz vorübergehend geringerem Unternehmenswachstum lasse man sich hier nicht aus der Ruhe bringen.

Die Erklärung vom Freitag letzter Woche wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Offenbar ist der Auftragseingang bei STEAG erheblich eingebrochen. Noch spricht man nur von geringerem Unternehmenswachstum. Vielleicht ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann das Vorzeichen wechselt?

Wenn aber das avisierte Wachstum in 2000 nicht durchzuhalten ist, dann hat die Aktie auch keine diesbezügliche Prämie mehr verdient.

Im April diesen Jahres haben einige Investmenthäuser Einschätzungen abgegeben. So hat HSBC Trinkaus für 1999_2000e_2001e_2002e den Gewinn je Aktie auf 0,73_1,07_1,45_1,65 Euro geschätzt. Das sind Wachstumsraten von 630%_47%_36%_14%. Beim aktuellen Kurs käme das KGV auf ca. 25.

Die DB Bank sieht für 1999_2000e_2001e den Gewinn je Aktie bei 0,73_0,96_1,16 Euro und die entsprechenden Zuwächse bei 630%_32%_21%. Das KGV stellt sich auf etwa 31.

Independant Research sieht folgende Zeitreihe für 1999_2000e_2001e: Gewinn je Aktie 0,73_0,99_1,16 Euro, Gewinnwachstum 630%_36%_17%. Auch hier ergibt sich ein KGV von rund 31.

Die drei Studien gehen im Mittel von einem Gewinnwachstum in 2000 und 2001 von etwas mehr als 30% aus. Auf dieser Basis eröffnet sich lediglich bei den besonders optimistischen Zahlen von HSBC Trinkaus noch deutliches Kurspotential. Ansonsten liegt das 2001-er PEG bei ungefähr 1. Im April diesen Jahres, als die Studien entstanden, war die Wachstumsdelle noch nicht in diesem Umfang sichtbar. Also fällt die Rechung jetzt noch ungünstiger aus.

Die Anleger scheinen derzeit in den Papieren von Wettbewerber Singulus (trotz der nach Darstellung von STEAG miesen Gesamtmarktsituation) die bessere Alternative zu sehen. Das legt der Vergleich der Kursentwicklung nahe.

Die STEAG-Aktie notiert aktuell bei 35,20 Euro. Am Freitag hatte sie mit 32,50 ein Jahrestief markiert. Ihr Hoch hatte bei 65 Euro gelegen. Zu Beginn der letzten Woche hatte sie noch 42 Euro gekostet. Die Chartsituation ist überverkauft, die heutige Erholung erst einmal nur eine Gegenreaktion gegen die starken Verluste der Vortage. MACD im Verkaufsmodus. Widerstände bei 36, darüber bei 39/40 Euro. Schwache Unterstützung bei 33, darunter stärker bei 28 Euro.




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