17. April 2003 Der Streit um eine Ministererlaubnis für die Übernahme der „Berliner Zeitung“ durch den Holtzbrinck-Verlag schlägt eine neue Volte. Der Axel Springer Verlag droht nach Informationen des Magazins „Spiegel“ mit der Einstellung der Tageszeitung „Die Welt“ und der „Berliner Morgenpost“, sollte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) die Übernahme genehmigen.
Holtzbrinck hat bei Clement beantragt, die „Berliner Zeitung“ gegen den Einspruch des Bundeskartellamts übernehmen zu dürfen. Der Holtzbrinck-Verlag gibt in Berlin schon den „Tagesspiegel“ heraus.
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Die Welt in Gefahr
Der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer, Mathias Döpfner, hat laut „Spiegel“ in einem Schreiben an Clement mit schwerwiegenden Konsequenzen gedroht. Sollte Clement den Zusammenschluss erlauben, hätte dies „zwingend zur Folge, dass Axel Springer die 'Welt' einstellen müsste“. Auch die ebenfalls zu Springer gehörende „Berliner Morgenpost“ würde Döpfner zufolge „mittelfristig“ vom Markt verschwinden.
Eine Springer-Sprecherin bestätigte am Donnerstag den Bericht.
Clement hat die Wahl zwischen „Welt“ und „Tagesspiegel“
Damit hat Clement bei der Entscheidung für eine Ministererlaubnis die Wahl zwischen „Welt“ und „Tagesspiegel“. Denn der Holtzbrinck-Verlag hat im Januar gleichfalls mit der Einstellung der überregional vertriebenen Berliner Regionalzeitung „Der Tagesspiegel“ gedroht, sollte Clement „Berliner Zeitung“ plus „Tagesspiegel“ für zu viel in einer Hand halten.
Holtzbrinck hatte die „Berliner Zeitung“ im Sommer 2002 von der Bertelsmann-Tochtergesellschaft Gruner und Jahr übernommen. Der Verlag hofft, mit einer Zusammenarbeit in Vertrieb und Verlag des defizitären „Tagesspiegels“ mit der - weniger verlustreichen - „Berliner Zeitung“ beide Objekte rentabel erhalten zu können. Ähnliche Modelle einer verlegerischen, nicht aber einer redaktionellen Zusammenarbeit gibt es beispielsweise auch bei Objekten der WAZ-Gruppe im Ruhrgebiet.
Das Bundeskartellamt hat die Übernahme der „Berliner Zeitung“ durch Holtzbrinck untersagt; auch die Monopolkommission hat sich dagegen ausgesprochen. Die Wettbewerbshüter sorgen sich, dass Holtzbrinck mit „Tagesspiegel“ und „Berliner Zeitung“ den Markt für Regionalzeitungen in Berlin und damit auch für Anzeigen beherrschen würde. Gegen „Tagesspiegel“ und „Berliner Zeitung“ stemmt Springer sich mit der „Berliner Morgenpost“.
Holtzbrinck hat eine Ministererlaubnis der Übernahme beantragt und auch schon angeboten, die Redaktion des „Tagesspiegels“ zur Sicherung der Meinungsvielfalt einer Stiftung zu übertragen. Sollte die Übernahme nicht genehmigt werden, schließt Verleger Stefan von Holtzbrinck auch die Einstellung des seit Jahren defizitären „Tagesspiegels“ nicht aus. Holtzbrinck steht unter Druck: Im Vertrag mit Gruner und Jahr hat sich der in Stuttgart ansässige Verlag verpflichtet, einen anderen Käufer für die „Berliner Zeitung“ zu suchen, sollte er selbst nicht zum Zuge kommen dürfen. Der Holtzbrinck-Verlag gibt unter anderem auch das „Handelsblatt“ und „Die Zeit“ heraus.
Kooperation von Welt und Morgenpost ist „nur zu einem gewissen Grad“ gelungen
Als dritte Berliner Regionalzeitung erscheint im Springer-Verlag die „Berliner Morgenpost“. Springer hatte zur Kosteneinsparung im vergangenen Jahr die Redaktionen der überregionalen Tageszeitung „Die Welt“ und der „Morgenpost“ in Teilbereichen verschmolzen.
Döpfner beurteilt in dem Schreiben die enge Kooperation von „Welt“ und „Berliner Morgenpost“ den Angaben zufolge pessimistisch. Nur „bis zu einem gewissen Grade“ sei es gelungen, „die rückläufige Ergebnisentwicklung beider Objekte zu stabilisieren“. Eine Ministererlaubnis für den Zusammenschluss der Konkurrenzblätter hieße, diese „Stabilisierungsbemühungen endgültig zunichte machen“.
Ein „weiteres Ansteigen des 'Welt'-Defizits" könne sein Verlag nicht mehr verantworten, schreibt Döpfner laut „Spiegel“. Die Verluste der Zeitung lägen „bei einem Vielfachen" dessen, was Holtzbrinck mit dem „Tagesspiegel" verliere. Die „Welt“ ist das seit Jahren defizitäre Aushängeschild des Verlags Axel Springer und leidet derzeit wie alle Tageszeitungen unter einem deutlich rückläufigen Anzeigengeschäft.
Auflagenminus im ersten Quartal
Mit einem Auflagen-Einbruch um 10,5 Prozent auf 209.000 Exemplare erlitt die „Welt“ im ersten Quartal 2003 das größte Minus aller überregionalen Tageszeitungen. Die „Morgenpost“ sank erstmals unter die Schwelle von 150 000 verkauften Exemplaren. Dagegen konnten der „Tagesspiegel“ (139.000) und die „Berliner Zeitung“ (192.000) ihre Auflage leicht steigern.
Döpfner hatte vor wenigen Monaten prognostiziert, dass nur zwei überregionale Tageszeitungen die gegenwärtige Zeitungskrise in Deutschland überleben würden. Der Süddeutsche Verlag („Süddeutsche Zeitung“) musste schon den Einstieg eines neuen Gesellschafters hinnehmen, der 100 Millionen Euro Kapital mitbrachte. Die „Frankfurter Rundschau“ hat gerade eine Landesbürgschaft für einen Bankkredit erhalten und kämpft um das Überleben. Wie auch andere Zeitungen hat die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ mit Sparbemühungen auf die deutlich sinkenden Anzeigenerlöse reagiert.
@pwe
Bildmaterial: dpa
es grüßt
Holtzbrinck hat bei Clement beantragt, die „Berliner Zeitung“ gegen den Einspruch des Bundeskartellamts übernehmen zu dürfen. Der Holtzbrinck-Verlag gibt in Berlin schon den „Tagesspiegel“ heraus.
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Die Welt in Gefahr
Der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer, Mathias Döpfner, hat laut „Spiegel“ in einem Schreiben an Clement mit schwerwiegenden Konsequenzen gedroht. Sollte Clement den Zusammenschluss erlauben, hätte dies „zwingend zur Folge, dass Axel Springer die 'Welt' einstellen müsste“. Auch die ebenfalls zu Springer gehörende „Berliner Morgenpost“ würde Döpfner zufolge „mittelfristig“ vom Markt verschwinden.
Eine Springer-Sprecherin bestätigte am Donnerstag den Bericht.
Clement hat die Wahl zwischen „Welt“ und „Tagesspiegel“
Damit hat Clement bei der Entscheidung für eine Ministererlaubnis die Wahl zwischen „Welt“ und „Tagesspiegel“. Denn der Holtzbrinck-Verlag hat im Januar gleichfalls mit der Einstellung der überregional vertriebenen Berliner Regionalzeitung „Der Tagesspiegel“ gedroht, sollte Clement „Berliner Zeitung“ plus „Tagesspiegel“ für zu viel in einer Hand halten.
Holtzbrinck hatte die „Berliner Zeitung“ im Sommer 2002 von der Bertelsmann-Tochtergesellschaft Gruner und Jahr übernommen. Der Verlag hofft, mit einer Zusammenarbeit in Vertrieb und Verlag des defizitären „Tagesspiegels“ mit der - weniger verlustreichen - „Berliner Zeitung“ beide Objekte rentabel erhalten zu können. Ähnliche Modelle einer verlegerischen, nicht aber einer redaktionellen Zusammenarbeit gibt es beispielsweise auch bei Objekten der WAZ-Gruppe im Ruhrgebiet.
Das Bundeskartellamt hat die Übernahme der „Berliner Zeitung“ durch Holtzbrinck untersagt; auch die Monopolkommission hat sich dagegen ausgesprochen. Die Wettbewerbshüter sorgen sich, dass Holtzbrinck mit „Tagesspiegel“ und „Berliner Zeitung“ den Markt für Regionalzeitungen in Berlin und damit auch für Anzeigen beherrschen würde. Gegen „Tagesspiegel“ und „Berliner Zeitung“ stemmt Springer sich mit der „Berliner Morgenpost“.
Holtzbrinck hat eine Ministererlaubnis der Übernahme beantragt und auch schon angeboten, die Redaktion des „Tagesspiegels“ zur Sicherung der Meinungsvielfalt einer Stiftung zu übertragen. Sollte die Übernahme nicht genehmigt werden, schließt Verleger Stefan von Holtzbrinck auch die Einstellung des seit Jahren defizitären „Tagesspiegels“ nicht aus. Holtzbrinck steht unter Druck: Im Vertrag mit Gruner und Jahr hat sich der in Stuttgart ansässige Verlag verpflichtet, einen anderen Käufer für die „Berliner Zeitung“ zu suchen, sollte er selbst nicht zum Zuge kommen dürfen. Der Holtzbrinck-Verlag gibt unter anderem auch das „Handelsblatt“ und „Die Zeit“ heraus.
Kooperation von Welt und Morgenpost ist „nur zu einem gewissen Grad“ gelungen
Als dritte Berliner Regionalzeitung erscheint im Springer-Verlag die „Berliner Morgenpost“. Springer hatte zur Kosteneinsparung im vergangenen Jahr die Redaktionen der überregionalen Tageszeitung „Die Welt“ und der „Morgenpost“ in Teilbereichen verschmolzen.
Döpfner beurteilt in dem Schreiben die enge Kooperation von „Welt“ und „Berliner Morgenpost“ den Angaben zufolge pessimistisch. Nur „bis zu einem gewissen Grade“ sei es gelungen, „die rückläufige Ergebnisentwicklung beider Objekte zu stabilisieren“. Eine Ministererlaubnis für den Zusammenschluss der Konkurrenzblätter hieße, diese „Stabilisierungsbemühungen endgültig zunichte machen“.
Ein „weiteres Ansteigen des 'Welt'-Defizits" könne sein Verlag nicht mehr verantworten, schreibt Döpfner laut „Spiegel“. Die Verluste der Zeitung lägen „bei einem Vielfachen" dessen, was Holtzbrinck mit dem „Tagesspiegel" verliere. Die „Welt“ ist das seit Jahren defizitäre Aushängeschild des Verlags Axel Springer und leidet derzeit wie alle Tageszeitungen unter einem deutlich rückläufigen Anzeigengeschäft.
Auflagenminus im ersten Quartal
Mit einem Auflagen-Einbruch um 10,5 Prozent auf 209.000 Exemplare erlitt die „Welt“ im ersten Quartal 2003 das größte Minus aller überregionalen Tageszeitungen. Die „Morgenpost“ sank erstmals unter die Schwelle von 150 000 verkauften Exemplaren. Dagegen konnten der „Tagesspiegel“ (139.000) und die „Berliner Zeitung“ (192.000) ihre Auflage leicht steigern.
Döpfner hatte vor wenigen Monaten prognostiziert, dass nur zwei überregionale Tageszeitungen die gegenwärtige Zeitungskrise in Deutschland überleben würden. Der Süddeutsche Verlag („Süddeutsche Zeitung“) musste schon den Einstieg eines neuen Gesellschafters hinnehmen, der 100 Millionen Euro Kapital mitbrachte. Die „Frankfurter Rundschau“ hat gerade eine Landesbürgschaft für einen Bankkredit erhalten und kämpft um das Überleben. Wie auch andere Zeitungen hat die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ mit Sparbemühungen auf die deutlich sinkenden Anzeigenerlöse reagiert.
@pwe
Bildmaterial: dpa
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