Spekulation mit Pleitekandidaten wird riskanter

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Spekulation mit Pleitekandidaten wird riskanter

 
20.02.02 07:55
Tagesgewinne im zweistelligen oder sogar dreistelligen Prozentbereich wecken Begehrlichkeiten. Doch Anleger, die sich auf das Spiel mit Aktien von Wackelkandidaten einlassen, riskieren viel. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass angeschlagene Firmen die Wende zum Positiven schaffen, ist gering.
 
hof FRANKFURT/M. Gewinne von mehr als 110 Prozent wie sie am Montag morgen die Aktie der Elsa AG erzielt hat, machen manchen Anleger nervös. Doch wer beispielsweise bei Elsa auf den vermeintlich fahrenden Zug aufgesprungen ist, war eine Stunde später bereits ein Viertel seines Kapitals los. Von seinem Tageshoch fiel der Kurs wie ein Stein wieder nach unten. Finger weg von solchen Aktien rät deshalb auch Volker Borghoff von HSBC Trinkaus. „Solche Kurse sind reine Zufallsprodukte, die Entwicklung gehorcht keinen Regeln.“

Bewegungen durch Kleinstorders

Elsa ist kein Einzelfall. So steht die Aktie der Interneteinkaufsgemeinschaft Letsbuyit in der Hitliste der Tagesgewinner am Neuen Markt in diesem Jahr auf Rang eins. Auch am Montag betrug der Kurszuwachs zeitweise wieder ein Drittel. In der Hitliste der Tagesverlierer ist Letsbuyit auch Spitze. Denn der Kurs schwankt seit Wochen beinahe börsentäglich zwischen 3 Cent und 4 Cent. Bewegt wird er durch Kleinstorders von wenigen tausend Euro. Wer in der falschen Minute einsteigt, hat verloren. Ein echter Unternehmenserfolg ist nicht abzusehen.

Hohe Kursausschläge gerade bei Unternehmen, deren Existenz nicht hundertprozentig gesichert ist, sind an der Tagesordnung. Wer mitspekulieren will, riskiert den Totalverlust. Denn die Lage für die Wackelkandidaten am Neuen Markt spitzt sich weiter zu, die Zahl der Insolvenzen wird weiter steigen. Nicht nur die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz DSW geht davon aus, dass „das dicke Ende noch kommt“. Waren es im vergangenen Jahr 20 Insolvenzen, dürften es 2002 wohl mehr als zwei Dutzend werden. Carrier 1 und Softmatic sind erst der Anfang.

Dass die Luft immer dünner wird, liegt nicht allein an nicht funktionierenden Geschäftsmodellen und unfähigen Managern, glaubt auch Finanzberater und Marktkenner Olaf Schuth. Auch die schwache Konjunktur werde einigen den Todesstoß versetzen, sofern sich vorher kein Übernahmeinteressent findet. Zusätzlichen Druck auf die Unternehmen üben die Banken mit einer zunehmend härteren Gangart bei ihrer Kreditpraxis aus.

Elsa AG war Spielball der Spekulanten

Das spürte zuletzt bereits der Aachener Spezialist für Netzzugangs- und Grafiklösungen Elsa. Ein Bankenpool hatte der Firma die Kredite gekündigt, der Vorstand kam zum bitteren Schluss, „dass der Bestand nicht mehr gesichert ist“. Prompt wurde das Papier zum Spielball der Spekulanten. Auch mit der Aktie der Metabox AG konnten auf dem Papier bis vor kurzem hohe kurzfristige Gewinne erzielt werden. Nachdem der Insolvenzantrag zurückgezogen worden war, keimte Hoffnung auf. Viele Anleger, die sich davon locken ließen, sitzen nun auf Verlusten. Denn ein schlüssiges Überlebenskonzept liegt noch immer nicht vor.

Dass einige Unternehmen in Finanznöte geraten werden, liegt für Schuth auf der Hand, da internes wie externes Wachstum nun einmal Geld kostet. So musste kürzlich auch der Nürnberger Anbieter von Telekomlösungen Bintec eingestehen, dass für den Bestand der Firma dringend Fremdmittel benötigt werden. Das Papier ist momentan noch gut 1 Euro wert. Was an der Börse von den Beteuerungen der Heyde AG gehalten wird, dass für das Unternehmen keine Insolvenzgefahr besteht, dokumentiert sich ebenfalls im Kurs. Nachdem der Titel gestern bis auf 39 Cent gefallen ist, dürften auch bei Heyde die Glücksritter bald ihr Spiel beginnen.

Bei der SER Systeme AG sind die Zocker schon am Werk. Seit die Firma eigene Aktien verkauft hat, um die Liquiditätslage zu entspannen, macht der Kurs Kapriolen. Wer sich am Montag an dem Spiel beteiligt hat, bekam das Papier mal 15 Prozent unter Vortageskurs, mal musste er bis 19 Prozent mehr berappen. Außer dem Gezocke einiger Hasardeure gab es auch dabei keine Begründung für die Schwankungen.


Quelle: HANDELSBLATT.de

Brummer:

Nebenwerte haben noch Potenzial

 
20.02.02 08:17
Von FRANK WIEBE

Die Börse ist angeschlagen, trotzdem sind viele Aktien noch teuer. Wer gezielt nach günstiger Bewertung sucht, wird bei Nebenwerten fündig. Auf lange Sicht war damit in Deutschland mehr Geld zu verdienen als mit Standardaktien.
 
DÜSSELDORF. Wie gewonnen, so zerronnen. Wer Anfang 1999 in den Dax, der die 30 wichtigsten Aktien Deutschlands vereint, investiert hat, ist heute ärmer als beim Einstieg. Wer dagegen auf den MDax, der die 70 nachfolgenden Werte umfasst, gesetzt hat, liegt im Plus. Sind Nebenwerte doch die bessere Anlage als die großen Standardtitel, die jeder kennt?

Nach historischen Maßstäben gemessen ja – zumindest in Deutschland. Das legt ein Vergleich des Dax mit einem Index der WestLB nahe, der mehr als 100 deutsche Aktien umfasst, darunter Titel aus dem Dax, dem MDax und dem Neuen Markt. Seit 1974 war der Index der WestLB in 85 Quartalen, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum, stärker als der Dax. Nur in elf Quartalen war er schwächer, in wenigen Fällen auch gleich stark. Rechnet man in Zehnjahreszeiträumen, dann war der WestLB-Index durchgängig stärker. Außerdem erbrachte er seit 1974 durchschnittlich eine Jahresrendite von 11,96 Prozent, der Dax dagegen nur von 9,12 Prozent (den MDax gibt es noch nicht lange genug für einen Langfristvergleich).

In den USA fällt das Ergebnis anders aus: Dort zeigt ein Vergleich von S&P 100 (größere Werte) mit dem S&P 600 (kleine Werte) keine eindeutige Überlegenheit eines der beiden Segmente. Über den größten Teil der 90er-Jahre hinweg sind die großen Titel aber besser gelaufen – in Deutschland und den USA, auch die Auswertung für europäische Indizes ergibt dieses Bild. Seit dem Jahr 2000 kehrt sich das Bild jedoch um: Die Nebenwerte haben sich in Schwächeperiode weitaus besser gehalten – vor allem deswegen, weil sie vorher nicht so heiß gelaufen waren.

Niedrige Bewertung spricht oft für Nebenwerte

Peter Martin von der VM Vermögensmanagement GmbH in Düsseldorf nennt einen wichtigen Grund für die Schwäche der kleinen Werte in den 90ern. „Die Geldanlage wird immer professioneller“, sagt er. Für viele kleine Werte gebe es kaum Studien oder Analystenurteile. „Studien sind wichtig – und sei es nur, um etwas in der Hand zu haben, falls die Entscheidung sich als falsch herausstellt“, sagt Martin. Er hat sich lange Zeit mit kleinen Werten beschäftigt und die Erfahrung gemacht: „Das kostet viel Mühe und Arbeit und am Ende stellt man fest, dass es mit einer Siemens oder einer Allianz einfacher gewesen wäre, genauso viel Geld zu verdienen.“ Vor allem in Deutschland komme häufig hinzu, dass ein großer Teil des Kapitals noch in Familienbesitz liege.

Doch der Zusammenbruch des Börsenbooms hat die Lage verändert. Jetzt ist wieder die sorgfältige Auswahl einzelner Titel gefragt – die Anleger wissen, dass schnellen Gewinne häufig heftige Verlusten folgen. Martin sieht daher gewisse Chancen, dass der eine oder andere kleine Wert „aufwacht“. Vor allem, falls es zu Übernahmen kommt, oder wenn Unternehmerfamilien ihre Kleinaktionäre zu attraktiven Konditionen abfinden oder die Gesellschaft ganz von der Börse nehmen. „Solche Geschichten lenken die Aufmerksamkeit auf das Segment der Nebenwerte“, sagt der Vermögensverwalter. Ein wichtige Rolle spielt auch, dass jetzt mehr Fonds aufgelegt werden, die sich auf dieses Segment spezialisieren.

Wie geht es weiter? Khuram Chaudhry, Aktienstratege bei Merrill Lynch, glaubt, dass im Jahr 2002 mittlere und kleine Werte besser laufen als die großen. Sein Argument: Kleine Werte seien stärker von Konjunkturzyklen abhängig und sollten daher von einem Aufschwung besonders profitieren. Auch Kurt von Storch von der Vermögensverwaltung Flossbach & von Storch in Köln hält es für wahrscheinlich, dass die kleineren Werte noch eine Weile vorn liegen – obwohl er sich selbst auf Standardaktien spezialisiert hat. Für Nebenwerte spreche vor allem die häufig niedrige Bewertung. Er warnt allerdings: „Manche small caps bleiben auf Jahre niedrig bewertet, ohne dass sich etwas tut. Andere explodieren plötzlich, so wie Krones oder Puma.“ Wichtig auch: Niedrig bewertete Nebenwerte sind zwar bei einem allgemeinen Kursrutsch relativ stabil. Anderseits geht kleinen Unternehmen bei einer Schieflage schneller die Luft aus.

Fazit für den Anleger: Eine Beimischung sorgfältig ausgewählter Nebenwerten dürfte zurzeit sinnvoll sein – oder ein guter Nebenwertefonds.


Quelle: HANDELSBLATT.de


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