Auszug aus dem letzten Interview mit
Siemens-Chef Heinrich von Pierer:
"Ich bin nicht wirklich böse auf Deutschland.
Aber sehen Sie, wenn der Konzern keinen Gewinn mehr macht,
sondern Verluste schreibt und das auf Dauer, dann
geht er kaputt. Und das muss unter allen Umständen
verhindert werden. Deutschland war lange Zeit
ein guter, ja hervorragender Standort für Siemens,
aber die Zeiten ändern sich nun mal. Wer etwas von
der globalen Wirtschaftsentwicklung versteht, der wird
auch Verständnis für unseren Schritt aufbringen können.
Ich habe es schon so oft gesagt:
Deutschland wird sich erneuern müssen. Bis dieser Prozess
abgeschlossen sein wird, wird nicht nur Siemens, nein,
werden noch viele andere Großfirmen den Standort aufgeben.
Ich wiederhole mich: das ist nicht böse gemeint, das gehört
nun mal zu den Spielregeln einer globalen Wirtschaft.
Und es hat nur wenig mit den Arbeitnehmern
oder den Gewerkschaften zu tun. Beide haben sich
in den letzten Jahren schon in die richtige Richtung bewegt,
sind deutlich bescheidener geworden. Aber - so traurig das klingt -
eben nicht bescheiden genug, wenn man Vergleiche im Weltmaßstab
anstellt.
Trotzdem sehe ich für Deutschland nicht schwarz.
Ich bin ja selbst Deutscher und hege großen Optimismus,
dass wir in spätestens 25 bis spätestens 30 Jahren wieder ganz
vorne dabei sein können - wieder Weltmeister sein mit einem Land,
in dem jeder einzelne sein Glück in beide Hände nimmt und nicht
darauf wartet, dass ihm die Gemeinschaft oder der Staat oder sonstwer
unter die Arme greifen wird. Obwohl ich dann natürlich nicht
mehr Vorstand sein werde, denke ich, auch die Siemens AG wird dann,
so ab 2030 bis 2045, einiges dazu beitragen, damit es für
Deutschland und die vielen tüchtigen Menschen hierzulande
wieder Zukunft und Fortschritt geben wird."
Quelle: SPIEGEL-STERN-TV.DE