100. Geburtstag
Sparda: Mit der Eisenbahn gewachsen
Am heutigen Freitag feiert die Sparda-Bank ihr hundertjähriges Jubiläum. Was einst aus der Not entstand, ist heute ein erfolggekröntes Geschäftskonzept: die Konzentration auf risikoarmes Privatkundengeschäft. Wenn da nur die Reibereien mit den genossenschaftlichen Vettern nicht wären, den Volks- und Raiffeisenbanken.
FRANKFURT. Mit Eisenbahnern machen deutsche Kreditinstitute ungern Geschäfte. Deren Einkommen sind zu gering, um wirklich gutes Geld damit zu verdienen. Und schließlich werden Eisenbahner oft versetzt und müssen ihre Bank wechseln. Uninteressant also für die ehrwürdigen Kreditinstitute, die Kleinverdiener in der industriellen Aufbruchstimmung im jungen Deutschen Reich links liegen ließen.
Dies war die Lage, in der sich die Bediensteten – Beamte und Arbeiter – der aufstrebenden Eisenbahn-Industrie an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu genossenschaftlichen Spar- und Darlehnsvereinen zusammenschlossen. Um ihre Löhne sicher auf der Bank aufzubewahren, um für ein Häuschen zu sparen und es schließlich zu finanzieren, gründeten die Eisenbahner Genossenschaften, riefen 1896 den „Vorschußverein der badischen Eisenbahnbeamten“ in Karlsruhe ins Leben. In den Folgejahren kamen weitere Spar- und Darlehenskassen der Eisenbahner hinzu. Und vor genau 100 Jahren schlossen sie sich im „Revisionsverband der Eisenbahn-Spar- und Darlehnskassen“ in Kassel zusammen. Dieses Jubiläum wird morgen in der Frankfurter Paulskirche mit viel Prominenz gefeiert: Es kommen Ministerpräsident Roland Koch, Oberbürgermeisterin Petra Roth, der Präsident des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken, Christopher Pleister, und Bundesbank-Präsident Axel Weber.
Was aus der Not entstand, feiern die Sparda-Banken heute als erfolggekröntes Geschäftskonzept: die Konzentration auf risikoarmes Privatkundengeschäft. Auf Grund der schmalen Produktpalette brauchen die Sparda-Banken keinen großen Apparat und können ihren Kunden, die gleichzeitig Genossen sein müssen, günstige Konditionen bieten – ein Konzept, dass in diesem Jahrzehnt die Direktbanken nachgeahmt haben. Dabei waren Sparda-Banken den neuen Konkurrenten voraus, als sie 1999 die Netbank gründeten – nach eigenen Angaben die erste Vollbank Europas, die sich ausschließlich auf das Internet konzentriert.
Dabei dauerte es lange, bis die Eisenbahnerbanken sich für die Allgemeinheit öffneten. Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges entstanden 21 Spar- und Darlehnskassen, zwischen 1922 und 1931 wurden acht weitere gegründet. 1945 waren noch 15 von ihnen unter dem Namen „Reichsbahn-Spar- und Darlehnskassen“ in Westdeutschland tätig, 1953 kam ein sechzehntes Institut in Augsburg hinzu.
Mit sinkender Belegschaft bei der Deutschen Bundesbahn wuchs der Druck auf die Institute, ihre Kundenbasis zu verbreitern. Ab 1969 konnten bis auf die Postler alle öffentlich Bediensteten ein Konto bei den Spar- und Darlehenskassen eröffnen, ab 1974 alle Arbeitnehmer. Die Bahnbeschäftigten machen nach wie vor einen Großteil der Kundschaft aus, immerhin noch 20 bis 30 Prozent. Seit 1978 firmieren die Institute einheitlich als „Sparda-Banken“.
Für ihre Kunden führen die Sparda-Banken Lohn-, Gehalts- und Rentenkonten kostenlos und gewähren günstige Verbraucherkredite. Befürworter nennen dieses Geschäftskonzept genial einfach, Kritiker schelten Sparda-Banken risikoscheu und behäbig.
Wettbewerber wie die Citibank haben bewiesen, dass man mit Privatkunden mehr verdienen kann, wenn man auch riskantere Kredite vergibt und sich das Risiko entsprechend vergüten lässt. Nach diesem Konzept hat die mittlerweile ebenfalls genossenschaftliche Norisbank ihren Verbraucherkredit „Easy Credit“ entwickelt. Für dieses Produkt wären die Sparda-Banken mit ihrem Privatkundenstamm ein idealer Vertriebsweg. Doch lange haben die Volks- und Raiffeisenbanken ihren Sparda-Kollegen den „leichten Kredit“ verwehrt.
Dieser Zug ist typisch für das Verhältnis zwischen den genossenschaftlichen Organisationen, die die gleichen Wurzeln haben, aber miteinander nicht besonders gut können. Für die Volks- und Raiffeisenbanken sind die Sparda-Banken ungeliebte Wettbewerber um die Privatkunden. Da sich die Sparda-Banken ausschließlich darauf konzentrieren, können sie dieser Zielgruppe günstige Konditionen bieten. Die Volks- und Raiffeisenbanken dagegen haben auch Firmenkunden und müssen entsprechend eine Mischkalkulation betreiben.
Das gespannte Verhältnis zeigt sich auch bei der Nutzung der Geldautomaten. So ärgert es die Sparda-Banken, dass die flächendeckend vertretenen Volks- und Raiffeisenbanken für die Nutzung ihrer Geldautomaten durch Sparda-Kunden 2,05 Euro berechnen, untereinander aber nur 1,02 Euro. So kooperieren die Sparda-Banken notgedrungen mit so unterschiedlichen Instituten wie Citibank, GE Money Bank und Pax-Bank.
So manche Volks- und Raiffeisenbank liebäugelt zudem damit, sich den örtlichen Sparda-Bank-Wettbewerber einzuverleiben. Das ist dem Verband der Sparda-Banken ein Dorn im Auge. Bisher gab es zwar noch keine Fusion, und nach dem Willen des Verbandschefs Peter Scharpf soll es auch nicht dazu kommen. „Das Geschäftskonzept der Sparda-Banken ist so klar auf Privatkunden ausgerechnet, dass eine Fusion mit einer Volks- oder Raiffeisenbank, die auch Firmengeschäft betreibt, keinen Sinn machen würde“, erklärt Scharpf. Die näher liegenden Fusionspartner wären die PSD-Banken, die aus den früheren Postspar- und Darlehnsvereinen hervorgegangen sind – im Prinzip also aus der Schwesterorganisation für die Postbediensteten, die mit den Sparda-Banken schon bei der Datenverarbeitung zusammenarbeitet.
Der Fusionsdruck ging aber auch an den Sparda-Banken nicht vorüber. Heute sind zwölf Institute übrig geblieben, die im Schnitt rentabler sind als die Volks- und Raiffeisenbanken.
Immerhin klappt es inzwischen mit dem Easy Credit der Norisbank. Denn mit der Konzernmutter der Norisbank, der DZ-Bank, ist das Verhältnis besser, seit die Sparda-Banken 2004 unter das Dach der genossenschaftlichen Zentralbank schlüpften. Auch zu den anderen genossenschaftlichen Verbundunternehmen wie der Bausparkasse Schwäbisch Hall und Union Investment ist das Verhältnis ausgesprochen gut, denn für sie beleben die Sparda-Banken in Konkurrenz zu den Volksbanken das Geschäft.
Geschäft: Zwölf Sparda-Banken gibt es heute in Deutschland: Augsburg, Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Hannover, Hessen, München, Münster, Nürnberg, Regensburg, Südwest und West. Zusammen kommen sie auf eine Bilanzsumme von 50 Milliarden Euro; sie erwirtschaften mit 6 000 Mitarbeitern und 2,65 Millionen Kunden 110 Millionen Euro Gewinn.
Konkurrenz: Die genossenschaftlichen Konkurrenten, die Volks und Raiffeisenbanken, haben schon öfter mit dem Gedanken gespielt, eine Sparda-Bank zu schlucken. Allerdings haben sich die Sparda-Banken untereinander zu schlagkräftigeren Instituten zusammengeschlossen. Sie bedienen im Gegensatz zu den Volksbanken nur Privatkunden. Mit dieser Strategie sind die Sparda-Banken, gemessen an der Aufwands- Ertragsquote, profitabler als die größeren Genossen.
Annäherung: Sparda-Verbandschef Peter Scharpf ist um Ausgleich bemüht: „Wir gehören dem genossenschaftlichen Finanzverbund gern an und möchten als gleichberechtigte Mitglieder, nicht als lästige Konkurrenten behandelt werden.“
Quelle: HANDELSBLATT, Freitag, 31. März 2006, 09:21 Uhr
...be invested
Der Einsame Samariter
Sparda: Mit der Eisenbahn gewachsen
Am heutigen Freitag feiert die Sparda-Bank ihr hundertjähriges Jubiläum. Was einst aus der Not entstand, ist heute ein erfolggekröntes Geschäftskonzept: die Konzentration auf risikoarmes Privatkundengeschäft. Wenn da nur die Reibereien mit den genossenschaftlichen Vettern nicht wären, den Volks- und Raiffeisenbanken.
FRANKFURT. Mit Eisenbahnern machen deutsche Kreditinstitute ungern Geschäfte. Deren Einkommen sind zu gering, um wirklich gutes Geld damit zu verdienen. Und schließlich werden Eisenbahner oft versetzt und müssen ihre Bank wechseln. Uninteressant also für die ehrwürdigen Kreditinstitute, die Kleinverdiener in der industriellen Aufbruchstimmung im jungen Deutschen Reich links liegen ließen.
Dies war die Lage, in der sich die Bediensteten – Beamte und Arbeiter – der aufstrebenden Eisenbahn-Industrie an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu genossenschaftlichen Spar- und Darlehnsvereinen zusammenschlossen. Um ihre Löhne sicher auf der Bank aufzubewahren, um für ein Häuschen zu sparen und es schließlich zu finanzieren, gründeten die Eisenbahner Genossenschaften, riefen 1896 den „Vorschußverein der badischen Eisenbahnbeamten“ in Karlsruhe ins Leben. In den Folgejahren kamen weitere Spar- und Darlehenskassen der Eisenbahner hinzu. Und vor genau 100 Jahren schlossen sie sich im „Revisionsverband der Eisenbahn-Spar- und Darlehnskassen“ in Kassel zusammen. Dieses Jubiläum wird morgen in der Frankfurter Paulskirche mit viel Prominenz gefeiert: Es kommen Ministerpräsident Roland Koch, Oberbürgermeisterin Petra Roth, der Präsident des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken, Christopher Pleister, und Bundesbank-Präsident Axel Weber.
Was aus der Not entstand, feiern die Sparda-Banken heute als erfolggekröntes Geschäftskonzept: die Konzentration auf risikoarmes Privatkundengeschäft. Auf Grund der schmalen Produktpalette brauchen die Sparda-Banken keinen großen Apparat und können ihren Kunden, die gleichzeitig Genossen sein müssen, günstige Konditionen bieten – ein Konzept, dass in diesem Jahrzehnt die Direktbanken nachgeahmt haben. Dabei waren Sparda-Banken den neuen Konkurrenten voraus, als sie 1999 die Netbank gründeten – nach eigenen Angaben die erste Vollbank Europas, die sich ausschließlich auf das Internet konzentriert.
Dabei dauerte es lange, bis die Eisenbahnerbanken sich für die Allgemeinheit öffneten. Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges entstanden 21 Spar- und Darlehnskassen, zwischen 1922 und 1931 wurden acht weitere gegründet. 1945 waren noch 15 von ihnen unter dem Namen „Reichsbahn-Spar- und Darlehnskassen“ in Westdeutschland tätig, 1953 kam ein sechzehntes Institut in Augsburg hinzu.
Mit sinkender Belegschaft bei der Deutschen Bundesbahn wuchs der Druck auf die Institute, ihre Kundenbasis zu verbreitern. Ab 1969 konnten bis auf die Postler alle öffentlich Bediensteten ein Konto bei den Spar- und Darlehenskassen eröffnen, ab 1974 alle Arbeitnehmer. Die Bahnbeschäftigten machen nach wie vor einen Großteil der Kundschaft aus, immerhin noch 20 bis 30 Prozent. Seit 1978 firmieren die Institute einheitlich als „Sparda-Banken“.
Für ihre Kunden führen die Sparda-Banken Lohn-, Gehalts- und Rentenkonten kostenlos und gewähren günstige Verbraucherkredite. Befürworter nennen dieses Geschäftskonzept genial einfach, Kritiker schelten Sparda-Banken risikoscheu und behäbig.
Wettbewerber wie die Citibank haben bewiesen, dass man mit Privatkunden mehr verdienen kann, wenn man auch riskantere Kredite vergibt und sich das Risiko entsprechend vergüten lässt. Nach diesem Konzept hat die mittlerweile ebenfalls genossenschaftliche Norisbank ihren Verbraucherkredit „Easy Credit“ entwickelt. Für dieses Produkt wären die Sparda-Banken mit ihrem Privatkundenstamm ein idealer Vertriebsweg. Doch lange haben die Volks- und Raiffeisenbanken ihren Sparda-Kollegen den „leichten Kredit“ verwehrt.
Dieser Zug ist typisch für das Verhältnis zwischen den genossenschaftlichen Organisationen, die die gleichen Wurzeln haben, aber miteinander nicht besonders gut können. Für die Volks- und Raiffeisenbanken sind die Sparda-Banken ungeliebte Wettbewerber um die Privatkunden. Da sich die Sparda-Banken ausschließlich darauf konzentrieren, können sie dieser Zielgruppe günstige Konditionen bieten. Die Volks- und Raiffeisenbanken dagegen haben auch Firmenkunden und müssen entsprechend eine Mischkalkulation betreiben.
Das gespannte Verhältnis zeigt sich auch bei der Nutzung der Geldautomaten. So ärgert es die Sparda-Banken, dass die flächendeckend vertretenen Volks- und Raiffeisenbanken für die Nutzung ihrer Geldautomaten durch Sparda-Kunden 2,05 Euro berechnen, untereinander aber nur 1,02 Euro. So kooperieren die Sparda-Banken notgedrungen mit so unterschiedlichen Instituten wie Citibank, GE Money Bank und Pax-Bank.
So manche Volks- und Raiffeisenbank liebäugelt zudem damit, sich den örtlichen Sparda-Bank-Wettbewerber einzuverleiben. Das ist dem Verband der Sparda-Banken ein Dorn im Auge. Bisher gab es zwar noch keine Fusion, und nach dem Willen des Verbandschefs Peter Scharpf soll es auch nicht dazu kommen. „Das Geschäftskonzept der Sparda-Banken ist so klar auf Privatkunden ausgerechnet, dass eine Fusion mit einer Volks- oder Raiffeisenbank, die auch Firmengeschäft betreibt, keinen Sinn machen würde“, erklärt Scharpf. Die näher liegenden Fusionspartner wären die PSD-Banken, die aus den früheren Postspar- und Darlehnsvereinen hervorgegangen sind – im Prinzip also aus der Schwesterorganisation für die Postbediensteten, die mit den Sparda-Banken schon bei der Datenverarbeitung zusammenarbeitet.
Der Fusionsdruck ging aber auch an den Sparda-Banken nicht vorüber. Heute sind zwölf Institute übrig geblieben, die im Schnitt rentabler sind als die Volks- und Raiffeisenbanken.
Immerhin klappt es inzwischen mit dem Easy Credit der Norisbank. Denn mit der Konzernmutter der Norisbank, der DZ-Bank, ist das Verhältnis besser, seit die Sparda-Banken 2004 unter das Dach der genossenschaftlichen Zentralbank schlüpften. Auch zu den anderen genossenschaftlichen Verbundunternehmen wie der Bausparkasse Schwäbisch Hall und Union Investment ist das Verhältnis ausgesprochen gut, denn für sie beleben die Sparda-Banken in Konkurrenz zu den Volksbanken das Geschäft.
Geschäft: Zwölf Sparda-Banken gibt es heute in Deutschland: Augsburg, Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Hannover, Hessen, München, Münster, Nürnberg, Regensburg, Südwest und West. Zusammen kommen sie auf eine Bilanzsumme von 50 Milliarden Euro; sie erwirtschaften mit 6 000 Mitarbeitern und 2,65 Millionen Kunden 110 Millionen Euro Gewinn.
Konkurrenz: Die genossenschaftlichen Konkurrenten, die Volks und Raiffeisenbanken, haben schon öfter mit dem Gedanken gespielt, eine Sparda-Bank zu schlucken. Allerdings haben sich die Sparda-Banken untereinander zu schlagkräftigeren Instituten zusammengeschlossen. Sie bedienen im Gegensatz zu den Volksbanken nur Privatkunden. Mit dieser Strategie sind die Sparda-Banken, gemessen an der Aufwands- Ertragsquote, profitabler als die größeren Genossen.
Annäherung: Sparda-Verbandschef Peter Scharpf ist um Ausgleich bemüht: „Wir gehören dem genossenschaftlichen Finanzverbund gern an und möchten als gleichberechtigte Mitglieder, nicht als lästige Konkurrenten behandelt werden.“
Quelle: HANDELSBLATT, Freitag, 31. März 2006, 09:21 Uhr
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Der Einsame Samariter