Wende bei Siemens: Der Konzern gibt das Geschäft mit Internet- Vermittlungsanlagen aus der Hand. Gleichzeitig geht er eine Partnerschaft mit Juniper ein, um im Markt zu bleiben. Gemeinsam mit dem US-Netzwerkspezialisten will Siemens Weltmarktführer Cisco ins Visier nehmen.
Der Siemens-Konzern greift bei der Sanierung der angeschlagenen Netzwerk-Sparte hart durch. Am Montag wurde der Verkauf der defizitären US-Tochter Unisphere an Juniper Networks bekannt gegeben. Insgesamt erhält Siemens dafür 805 Mill. Euro (740 Mill. $), je zur Hälfte in bar und in Juniper-Aktien. Zudem gehen die Münchener mit der US-Netzwerkfirma eine weltweite Partnerschaft ein.
„Wir können nicht alles selbst machen“, sagte Thomas Ganswindt, Chef der Siemens-Netzwerksparte, dem Handelsblatt. Mit dem Verkauf von Unisphere gibt der Konzern das wichtige Geschäft sowie die Entwicklung von Vermittlungsanlagen für den Datenverkehr im Internet, so genannte Router, ab. Gleichzeitig soll die Kooperation mit Juniper aber sicher stellen, dass Siemens auch in Zukunft Router verkaufen wird. Ganswindt sieht so gute Chancen für Siemens und Juniper, den Weltmarktführer Cisco Systems anzugreifen. Zudem werde ein Beitrag zur Konsolidierung geleistet.
„Wir haben Cisco damit einen richtigen Stachel in den Pelz gesetzt“, sagte der Siemens-Manager. Cisco ist bei Routern nach wie vor unangefochtener Weltmarktführer. Bisher hatte Siemens mit der US-Tochter Unisphere versucht, Cisco Marktanteile abzujagen. Unisphere kam nach eigenen Angaben dabei zwar voran, doch der Abstand zu Cisco blieb sehr groß. Und Unisphere schrieb bis zuletzt rote Zahlen. Der Umsatz lag im vergangenen Quartal bei nur etwa 50 Mill. $.
Unisphere wurde 1999 gegründet. Siemens-Chef Heinrich von Pierer hatte damals für etwas weniger als 1 Mrd. $ drei amerikanische Netzwerkfirmen gekauft und zusammengeführt. Weitere Akquisitionen hatte er geplant. Die US-Tochter, auf der große Hoffnungen der Münchener ruhten, sollte schließlich an die Wachstumsbörse Nasdaq gebracht werden. Die Pläne waren bereits weit fortgeschritten. Doch der Börsengang wurde wegen der schlechten Stimmung am Aktienmarkt immer wieder verschoben und scheiterte dann kläglich im letzten Moment. Die Bewertung von Unisphere lag damals bei über zwei Mrd. Euro.
„Das ist der strategisch bessere Schritt“, meinte Ganswindt zum jetzt beschlossenen Verkauf. Denn Siemens gibt nicht nur einen Verlustbringer ab und bekommt dafür auch Bargeld. Gleichzeitig wollen die Münchener durch die Zusammenarbeit mit Juniper zum Systemlieferanten für die Telekommunikationskonzerne werden. Damit komme Siemens in eine gute Position, sagte Ganswindt.
Einen ähnlichen Strategiewechsel vollzog vor einigen Wochen die Mobilfunk-Sparte von Siemens. Mobiltelefone der neuen UMTS-Generation werden zunächst von Wettbewerber Motorola zugekauft und dann unter der Marke Siemens auf den Markt gebracht. Dadurch will sich der deutsche Elektronikkonzern als UMTS-Systemlieferant von Netzen und Geräten am Markt positionieren.
Börse und Analysten begrüßten gestern die Entscheidung. Die Siemens-Aktie legte um über 1 % auf etwa 72,50 Euro zu. Die Juniper-Aktie sank dagegen an der Nasdaq um über 3 % auf etwa 9,50 $. Bereits im abgelaufenen Quartal schloss die US-Firma mit einem Umsatzeinbruch und einem Nettoverlust ab. Die Aktie lag im Jahr 2000 noch bei deutlich über 200 $. Aber die schlechte Branchenkonjunktur macht Juniper seitdem schwer zu schaffen.
Auch das Netzwerk-Geschäft von Siemens macht im abgelaufenen Quartal hohe Verluste von 158 Mill. Euro. Seit vergangenem Herbst saniert Ganswindt den Bereich im Auftrag von Pierers. Insgesamt werden rund 16 500 Stellen gestrichen. Damit geht jeder dritte Arbeitsplatz verloren. Ganswindt berichtet, der Umbau laufe gut. Allerdings mache die Zurückhaltung der Telekommunikationsindustrie Siemens weiter schwer zu schaffen. Außerdem sei keine Erholung der Märkte in Sicht.
Quelle: Handelsblatt