Wochenausblick
Yen-Risiko bedroht Börsenrally
von Tobias Bayer, Mark Böschen, Mark Schrörs (Frankfurt) und Jens Korte (New York)
Die Strategen halten es für möglich, dass der Risikoappetit der Investoren abnimmt, und es zu einer Auflösung von Yen-finanzierten Carry-Trades kommt.
Das dürfte auch die Börsen auf Talfahrt schicken. Staatsanleihen haben dagegen als sicherer Hafen gute Chancen, von der Aktienkorrektur zu profitieren.
Der S&P 500 schrammte knapp daran vorbei erstmals seit sechs Wochen Verluste hinnehmen zu müssen. Er schloss am Freitag bei 1505,85 Punkten, einem Gewinn von 0,96 %. Der Dax verlor 0,5 Prozent, der Londoner FTSE stieg um 0,43 Prozent. Auch Japans Markt konnte dem Abwärtstrend trotzen, der Nikkei-Index kletterte auf Wochensicht um 0,91 Prozent.
Euro-Dollar ist ein Nebenschauplatz
Die größte Gefahr für die Aktienmärkte geht von Carry-Trades aus. Bei solchen Transaktionen verschulden sich die Anleger in Niedrigzinswährungen wie dem japanischen Yen und dem Schweizer Franken und legen ihr Geld höher rentierlich im Ausland an, beispielsweise in den US-Aktienmarkt. David Woo, Devisenstratege bei Barclays Capital, hat ausgerechnet, dass die Korrelation zwischen dem Euro-Yen-Wechselkurs und dem breiten Aktienindex S&P 500 von nahe null zu Jahresbeginn auf zuletzt 70 Prozent angestiegen ist.
Woo sieht in dieser Wechselwirkung eine Gefahr: "Wir sind zwar nicht der Ansicht, dass das Ende des Yen-finanzierten Carry-Trades bevorsteht. Jedoch glauben wir, dass die nächste größte Yen-Aufwertung mit Bewegungen auf dem Aktienmarkt einhergeht", schreibt Woo in einem Researchbericht. "Yen und Schweizer Franken dürften zum Euro aufwerten. Euro-Dollar ist ein Nebenschauplatz", sagte Folker Hellmeyer, Währungsstratege der Bremer Landesbank, der aber eine nachhaltige Trendwende ausschließt.
Angst vor Rezession in den USA
Auslöser für eine Rückabwicklung von Carry-Trades könnte beispielsweise die Angst vor einer Rezession in den USA sein. Nach den Zahlen zur US-Handelsbilanz vergangenen Donnerstag erwarten Volkswirte, dass das Wachstum in der weltgrößten Volkswirtschaft im ersten Quartal nochmals nach unten korrigiert wird.
Statt der bereits enttäuschenden 1,3 Prozent annualisiert, erwarten sie nun laut erster Schätzung gar unter 1,0 Prozent. Richard Iley, US-Volkswirt bei BNP Paribas, rechnet mit 0,7 Prozent. "Das ist gefährlich nah am Stillstand", sagte er. Ex-US- Notenbankchef Alan Greenspan wiederholte Ende der Woche, dass er eine Wahrscheinlichkeit von einem Drittel für eine Rezession in den USA im weiteren Jahresverlauf sieht.
Keine Impulse von der Unternehmensseite
Die Aktienstrategen mahnen deshalb zur Vorsicht. "Wer kräftig in den Aktienmarkt investiert ist, sollte sich jetzt etwas zurückhalten," sagt Michael Metz, Chief Investment Strategist von Oppenheimer & Co. "Die Märkte sind zu stark in einer zu kurzen Zeit gestiegen. Da ist eine Korrektur überfällig." Von der Unternehmensseite sind keine großen positiven Impulse zu erwarten.
Die Berichtssaison ist weitestgehend vorbei, nur noch einige Nachzügler wie Hewlett-Packard, die größte US-Baumarktkette Home Depot und der größte Einzelhandelskonzern der Welt, Wal-Mart, werden Quartalszahlen vorlegen. Auch die anstehenden Konjunkturdaten - am Dienstag werden Daten zu Konsumentenpreisen veröffentlicht - dürften laut Einschätzung der Experten nicht kursbewegend sein.
Zurückhaltender Ausblick für Europas Börsen
Auch für Europas Börsen fällt der Ausblick eher zurückhaltend aus. "Wir sind jetzt in der schwachen Jahreszeit für Aktien, europäische Anleiherenditen markieren Dreijahreshochs und der Strom guter Nachrichten aus der Berichtssaison ist fast versiegt. All das erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Korrektur", urteilt Mislav Matejka, Europa-Stratege bei JP Morgan.
Peter Huber, Vorstandsmitglied beim Vermögensverwalter Starcapital, sieht die Kapitalschwemme aufgrund billiger Kredite in Japan oder der Schweiz als eine Hauptursache für die hohen Indexstände - mit dem Risiko, dass ein Ende der Liquiditätsschwemme zu einem "erdrutschartigen Kursrutsch" führt. "Spekulationsblasen wie diese können schnell platzen", sagte auch Winfried Walter, Vorstandsmitglied beim Vermögensverwalter Albrech & Cie. Auch weil nun im langjährigen Durchschnitt eher schwache Börsenmonate anstünden, rät Gottfried Heller vom Vermögensverwalter Fiduka zur Vorsicht: "Ich nehme den Fuß vom Gas", sagte er.
Staatsanleiehn könnten profitieren
Als letzte der 30 Dax-Mitglieder werden in der kommenden Woche Deutsche Postbank, DaimlerChrysler, Deutsche Post und RWE zahlen vorlegen. Die bereits vorliegenden Dax-Nettogewinne stiegen sehr stark um 24,4 Prozent an, erwartet worden war nur ein Plus von 17,4 Prozent, teilte die DZ Bank mit. Ihre Strategen teilten mit, dass der Dax gemessen an den erwarteten Kapitalflüssen nicht mehr attraktiv, sondern neutral bewertet ist.
Staatsanleihen könnten profitieren. "Der Bund-Future weist derzeit eine Korrelation von über 90 Prozent zum Aktienmarkt auf. Das schwierige Umfeld für Aktien spricht für steigende Kurse", sagte Ulrich Wortberg, Zins- und Währungsstratege der Helaba. Stimmungsbarometer wie das Verbrauchervertrauen der Universität Michigan könnten daran kaum etwas ändern, so Wortberg. Er sieht das Kursziel des Bund-Futures bei 114,39 Punkten.
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