Handelsblatt.com - Unternehmensmeldungen
Schmid spielt mit Mobilcom
Donnerstag 9. Januar 2003, 07:07 Uhr
lip/beu/abo/ dri HAMBURG. Helle Aufregung herrscht bei den Banken, die mit der Mobilcom (Xetra: 662240.DE - Nachrichten - Forum) -Sanierung befasst sind: Gerhard Schmid, Gründer des Büdelsdorfer Mobilfunkunternehmens Mobilcom AG, hat zum Jahresende „aus wichtigem Grund“ den Treuhandvertrag mit Helmut Thoma gekündigt.
In diesem Vertrag hatte Schmid die Verwaltung seiner eigenen MobilcomAktien treuhänderisch an den Ex-RTL (London: RTL.L - Nachrichten) -Chef übertragen. Dieser Vertrag war die Voraussetzung dafür, dass der Mobilcom-Anteilseigner France Télécom (FT) die Büdelsdorfer Gesellschaft von ihren Milliardenschulden aus dem UMTS-Geschäft entlastet. So will der staatliche französische Telekommunikationskonzern den Büdelsdorfern mehr als 7 Mrd. Euro Verbindlichkeiten erlassen. France Telecom (Paris: 13330.PA - Nachrichten) ist mit 28,5 % an Mobilcom beteiligt und hatte das UMTS-Geschäft maßgeblich finanziert.
Nach den dem Handelsblatt vorliegenden Unterlagen begründet Schmid die Kündigung mit fehlendem Vertrauen nach der letzten Mobilcom-Aufsichtsratssitzung am 23. Dezember 2002. Thoma habe sich dabei anders verhalten, als er es Schmid vorher von sich aus angekündigt habe. „Dieses widersprüchliche Verhalten hat die bisher bestehende Vertrauensgrundlage nachhaltig erschüttert“, schreiben Schmids Anwälte. Von Schmid war bis Reaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten.
Offen ist, ob die einseitig von Schmid betriebene Kündigung des Treuhandvertrages rechtlich wirksam ist. Thoma erklärte auf Anfrage des Handelsblatts: „Ich halte die Kündigung für rechtlich unwirksam, weil ansonsten die gesamte Konstruktion zusammenbrechen würde.“ Auch bei France Telecom sieht man die Verträge zur geordneten Auflösung der Partnerschaft mit Mobilcom noch nicht als gefährdet an. Aus Vorstandskreisen verlautete gestern, dies seien „die üblichen Spielchen, die wir von Herrn Schmid kennen“. Offenbar wolle er vor der Mobilcom Hauptversammlung am 27. Januar, auf der die Aktionäre die einvernehmliche „Scheidung“ der Partner billigen müssen, eine Drohkulisse errichten. Offiziell äußern sich die Franzosen nicht.
Auch das Bundeswirtschaftsministerium gibt sich gelassen. „Schmid kann den Treuhandvertrag nicht einfach so kündigen. Er bräuchte dazu schon einen wichtigen Grund,“ heißt es in Kreisen des Ministeriums. Nach dem Treuhandvertrag sei Thoma nicht an Weisungen der Familie Schmid gebunden. Dies sei eine zentrale Forderung der Franzosen gewesen. „Wenn es so einfach wäre, das Gesamtpaket zur Rettung von Mobilcom zu torpedieren, dann hätte sich weder France Télécom noch die Bundesregierung darauf eingelassen.“ Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Deutsche sowie die Dresdner Bank als auch die Landesbank Schleswig-Holstein (LB Kiel) haben Mobilcom insgesamt 162 Mill. Euro als Finanzhilfe zur Verfügung gestellt. Dafür bürgt der Bund.
Der Vorstoß von Schmid macht deutlich, dass er offenbar wieder Einfluss auf das Unternehmen nehmen will. Hierfür übt er sogar Druck auf einzelne Aufsichtsratsmitglieder aus. So wollte der Ex-Mobilcom-Boss vor kurzem seinen Vertrauten und Freenet-Vorstandschef Eckhardt Spoerr gegen den Widerstand des Aufsichtsrates in den Vorstand von Mobilcom hieven, hatte es aus Unternehmenskreisen geheißen.
Unter Druck gerät Schmid durch die Staatsanwaltschaft in Kiel. „Wir überprüfen den Anfangsverdacht unter dem Gesichtspunkt der Untreue im Zusammenhang mit dem Millenium-Geschäft“, sagt Sprecher Uwe Wiek auf Anfrage. Wiek: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden keine weiteren Erklärungen abgegeben.“
Hintergrund ist ein Aktienoptionsprogramm. Voriges Jahr hatte Schmid noch als Vorstandschef der Mobilcom dem Unternehmen seiner Ehefrau Sibylle Schmid-Sindram, der Millenium GmbH, 71 Mill. Euro gezahlt. Hiermit sollten Aktienoptionen für Mobilcom-Vertriebsmitarbeiter aufgelegt werden. Doch das Geschäft kam nie zu Stande, da der Aufsichtsrat die Rechtmäßigkeit des Programms anzweifelte. Grund war unter anderem, dass der damalige Finanzvorstand und heutige Mobilcom-Chef Thorsten Grenz hierüber nicht korrekt informiert worden sei. Schmid musste darauf hin seinen Vorstandssessel räumen.
Der Mobilcom -Aktienkurs sank am Mittwoch um 4,29 % auf 3,12 Euro.
Quelle: Handelsblatt Handelsblatt News am Abend für 0.90 EUR
Schmid spielt mit Mobilcom
Donnerstag 9. Januar 2003, 07:07 Uhr
lip/beu/abo/ dri HAMBURG. Helle Aufregung herrscht bei den Banken, die mit der Mobilcom (Xetra: 662240.DE - Nachrichten - Forum) -Sanierung befasst sind: Gerhard Schmid, Gründer des Büdelsdorfer Mobilfunkunternehmens Mobilcom AG, hat zum Jahresende „aus wichtigem Grund“ den Treuhandvertrag mit Helmut Thoma gekündigt.
In diesem Vertrag hatte Schmid die Verwaltung seiner eigenen MobilcomAktien treuhänderisch an den Ex-RTL (London: RTL.L - Nachrichten) -Chef übertragen. Dieser Vertrag war die Voraussetzung dafür, dass der Mobilcom-Anteilseigner France Télécom (FT) die Büdelsdorfer Gesellschaft von ihren Milliardenschulden aus dem UMTS-Geschäft entlastet. So will der staatliche französische Telekommunikationskonzern den Büdelsdorfern mehr als 7 Mrd. Euro Verbindlichkeiten erlassen. France Telecom (Paris: 13330.PA - Nachrichten) ist mit 28,5 % an Mobilcom beteiligt und hatte das UMTS-Geschäft maßgeblich finanziert.
Nach den dem Handelsblatt vorliegenden Unterlagen begründet Schmid die Kündigung mit fehlendem Vertrauen nach der letzten Mobilcom-Aufsichtsratssitzung am 23. Dezember 2002. Thoma habe sich dabei anders verhalten, als er es Schmid vorher von sich aus angekündigt habe. „Dieses widersprüchliche Verhalten hat die bisher bestehende Vertrauensgrundlage nachhaltig erschüttert“, schreiben Schmids Anwälte. Von Schmid war bis Reaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten.
Offen ist, ob die einseitig von Schmid betriebene Kündigung des Treuhandvertrages rechtlich wirksam ist. Thoma erklärte auf Anfrage des Handelsblatts: „Ich halte die Kündigung für rechtlich unwirksam, weil ansonsten die gesamte Konstruktion zusammenbrechen würde.“ Auch bei France Telecom sieht man die Verträge zur geordneten Auflösung der Partnerschaft mit Mobilcom noch nicht als gefährdet an. Aus Vorstandskreisen verlautete gestern, dies seien „die üblichen Spielchen, die wir von Herrn Schmid kennen“. Offenbar wolle er vor der Mobilcom Hauptversammlung am 27. Januar, auf der die Aktionäre die einvernehmliche „Scheidung“ der Partner billigen müssen, eine Drohkulisse errichten. Offiziell äußern sich die Franzosen nicht.
Auch das Bundeswirtschaftsministerium gibt sich gelassen. „Schmid kann den Treuhandvertrag nicht einfach so kündigen. Er bräuchte dazu schon einen wichtigen Grund,“ heißt es in Kreisen des Ministeriums. Nach dem Treuhandvertrag sei Thoma nicht an Weisungen der Familie Schmid gebunden. Dies sei eine zentrale Forderung der Franzosen gewesen. „Wenn es so einfach wäre, das Gesamtpaket zur Rettung von Mobilcom zu torpedieren, dann hätte sich weder France Télécom noch die Bundesregierung darauf eingelassen.“ Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Deutsche sowie die Dresdner Bank als auch die Landesbank Schleswig-Holstein (LB Kiel) haben Mobilcom insgesamt 162 Mill. Euro als Finanzhilfe zur Verfügung gestellt. Dafür bürgt der Bund.
Der Vorstoß von Schmid macht deutlich, dass er offenbar wieder Einfluss auf das Unternehmen nehmen will. Hierfür übt er sogar Druck auf einzelne Aufsichtsratsmitglieder aus. So wollte der Ex-Mobilcom-Boss vor kurzem seinen Vertrauten und Freenet-Vorstandschef Eckhardt Spoerr gegen den Widerstand des Aufsichtsrates in den Vorstand von Mobilcom hieven, hatte es aus Unternehmenskreisen geheißen.
Unter Druck gerät Schmid durch die Staatsanwaltschaft in Kiel. „Wir überprüfen den Anfangsverdacht unter dem Gesichtspunkt der Untreue im Zusammenhang mit dem Millenium-Geschäft“, sagt Sprecher Uwe Wiek auf Anfrage. Wiek: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden keine weiteren Erklärungen abgegeben.“
Hintergrund ist ein Aktienoptionsprogramm. Voriges Jahr hatte Schmid noch als Vorstandschef der Mobilcom dem Unternehmen seiner Ehefrau Sibylle Schmid-Sindram, der Millenium GmbH, 71 Mill. Euro gezahlt. Hiermit sollten Aktienoptionen für Mobilcom-Vertriebsmitarbeiter aufgelegt werden. Doch das Geschäft kam nie zu Stande, da der Aufsichtsrat die Rechtmäßigkeit des Programms anzweifelte. Grund war unter anderem, dass der damalige Finanzvorstand und heutige Mobilcom-Chef Thorsten Grenz hierüber nicht korrekt informiert worden sei. Schmid musste darauf hin seinen Vorstandssessel räumen.
Der Mobilcom -Aktienkurs sank am Mittwoch um 4,29 % auf 3,12 Euro.
Quelle: Handelsblatt Handelsblatt News am Abend für 0.90 EUR