Dossier Vista löst Schachern um Kosten aus
von Helene Laube (San Francisco), Mark Krümpel und Martin Ottomeier (Hamburg)
Microsofts neues Betriebssystem Windows Vista wird trotz höherer Anforderungen an die Hardware zu keinem Anstieg der Computerpreise führen. Die PC-Hersteller nehmen die Zulieferer dabei in die Pflicht.
Die PC-Hersteller, die dieses Jahr ungeachtet des anhaltenden Preiskampfs auf die Verbesserung ihrer hauchdünnen Margen bedacht sind, werden den Druck nach unten weitergeben, um die Computerpreise für Privatanwender nicht erhöhen zu müssen. Sie profitieren vom scharfen Wettbewerb unter Komponentenherstellern wie den Chipkonzernen Intel und AMD und können so immer leistungsfähigere Chips zu niedrigeren Preisen einkaufen. Auch bei Festplatten herrscht ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb. Einzig die Preise für Arbeitsspeicher hatten sich zuletzt nach einem Anstieg stabilisiert.
"Die Computerpreise werden sich nicht dramatisch verändern", sagt Satjiv Chahil, der beim weltgrößten PC-Hersteller Hewlett-Packard (HP) das globale Marketing der PC-Sparte verantwortet. Mit der "gesteigerten operativen Effizienz, niedrigeren Kosten für Komponenten und anderen Faktoren" könne der kalifornische Konzern wettbewerbsfähige Preise bieten, ohne die Margen zu gefährden. "Zwar sind die Geräte besser ausgestattet, aber die Preise steigen nicht", sagt auch Ingo Gassmann, Direktor Category Management der PC-Sparte von HP Deutschland.
Computer, die schon vor der Vista-Einführung verkauft wurden, wären bereits für einen Betrieb der Software ausgerüstet, sagt Thomas Karg, Marketingmanager bei Europas größtem PC-Hersteller Fujitsu Siemens Computers (FSC). "Durch die Vista-Einführung werden die durchschnittlichen PC-Verkaufspreise nicht klettern", bestätigt Karg. Das Geschäft sei getrieben durch Preispunkte - etwa 699 oder 799 Euro. "Wer heute einen Rechner etwa für 699 Euro kauft, bekommt automatisch ein Gerät mit höherer Leistung", sagt der FSC-Manager.
Damit die Einstiegsversion Home Basic des Betriebssystems, dessen zwei Privatanwender-Versionen ab Dienstag erhältlich sind, reibungslos läuft, muss ein PC über einen 800-Megahertz-Prozessor, 512 Megabyte Arbeitsspeicher und eine 15-Gigabyte-Festplatte verfügen. Wer die neue Benutzeroberfläche Aero - nach Ansicht vieler Experten neben den verbesserten Sicherheitsfunktionen der einzige Grund, um von Windows XP auf Vista aufzurüsten - sowie das Media-Center mit seinen Fernseh- und Audiofunktionen will, braucht die Home-Premium-Version. Diese erfordert einen Prozessor mit einer Leistung von einem Gigahertz, ein Gigabyte Hauptspeicher, eine spezielle Grafikkarte und eine 40-Gigabyte-Festplatte.
Auch Analysten erwarten trotz steigender Hardwareanforderungen stabile Preise. "Wir sehen keine größeren Preiserhöhungen durch Vista", sagt Annette Jump, Analystin beim IT-Marktforschungsunternehmen Gartner. Sie erwartet, dass sogar in reifen Märkten noch rund ein Viertel der PC mit der billigen Einstiegsversion ausgestattet wird. "Microsoft möchte vielleicht, dass alle Rechner mit Home Premium ausgestattet werden, aber das wird nicht der Fall sein", sagt Jump.
Die höheren Anforderungen an die Hardware kompensieren die Hersteller, indem sie bei weniger wichtigen Komponenten sparen, glaubt Frank Naujoks, Analyst beim Marktforscher IDC. Um bestimmte Preispunkte zu treffen, würden an der einen oder anderen Stelle, etwa im Bereich der Festplatte, sicherlich nicht so leistungsfähige Komponenten verbaut, sagt Naujoks.
Der Vista-Launch, der am Montag in New York im Beisein von Bill Gates und Hunderten Gästen über die Bühne geht, wird in der Computerbranche keinen Wachstumsschub auslösen. Der PC-Markt soll dieses Jahr wie 2006 etwa zehn Prozent wachsen, allerdings käme es auch ohne das fünf Jahre lang in Entwicklung befindliche Betriebssystem dazu. "Vistas neue Benutzeroberfläche dürfte den Privatanwendern gefallen, aber wir glauben, dass viele Verbraucher dieses Jahr dennoch keinen neuen PC kaufen werden", sagt Richard Gardner, Analyst bei Citigroup. Laut Richard Shim von IDC gibt es für Verbraucher keinen "wirklich zwingenden Grund, Vista jetzt zu nutzen".
"Die Leute rasen nie los, um sich ein neues Betriebssystem zu kaufen - das geht schrittweise vonstatten", weiß HP-Manager Chahil. Wie die Konkurrenz wird aber auch HP versuchen, die Nachfrage mit neuartigen Geräten wie dem HP Touchsmart, einem PC mit berührungsempfindlichem Bildschirm für Familien, sowie Dienstleistungen rund um Vista anzukurbeln.
link: www.ftd.de/technik/it_telekommunikation/155809.html