23. Februar 2006 Bei den Investoren sind derzeit nicht nur türkische Aktien gefragt, sondern auch eine Anlage in türkische Anleihen und der türkische Lira gilt als attraktiv. Die Währung hat seit ihrer Reform Anfang 2004 gegenüber dem Euro deutlich zugelegt und der Renditevorsprung türkischer Anleihen verglichen mit Bundesanleihen ist deutlich geschrumpft.
Trotzdem werfen türkische Zinspapiere eine noch immer um mehr als 115 Basispunkte höhere Rendite ab. Zusammen mit den in den vergangenen Jahren verbesserten volkswirtschaftlichen Rahmendaten dürfte das auch weiterhin Anleger anlocken. Wie rege die Nachfrage nach wie vor ist, zeigt sich an der eben problemlos abgewickelten Auflage einer neuen zehnjährigen Euroanleihe mit einem Volumen von bis zu einer Milliarde Euro.
Markt sieht 2006 mit Anhebung des Ratings
Angeboten wurde das Papier für eine Rendite von umgerechnet 5,05 Prozent. Das sind zwar anderthalb Prozentpunkte mehr Rendite als das, was zehnjährige deutsche Staatsanleihen abwerfen. Aber das Rating für die Fremdwährungsschulden der Türkei wird von den führenden Agenturen Moody's Investors Service und Standard & Poor's auch drei Stufen unter Investmentgrad einklassifiziert wird. Und wenn man das bedenkt, sowie die noch immer hohen Schulden beim Internationalen Währungsfonds, ist der Renditeabstand (Spread) derzeit fair gepreist.
Einen noch tieferen Spread muß sich die Türkei erst noch erarbeiten. Das angestrebte Ziel eines EU-Beitritts wird aber dafür sorgen, das Land auf einem wirtschaftlichen Reformkurs zu halten. Ist das aber der Fall, sind die Chancen gut für einen anhaltenden Disinflationstrend. Und das wiederum würde es der Notenbank erlauben, die mit einem Niveau von 13,5 Prozent bereits rekordtiefen Leitzinsen im Laufe des Jahres weiter zu senken. Die Analysten bei der WGZ-Bank beispielsweise veranschlagen den noch vorhandenen Zinssenkungsspielraum auf 100 Basispunkte.
Aufwertungsdruck macht derzeit Lira-Anleihen interessant
Bei der Kreditwürdigkeit ist auch zu bedenken, daß im weiteren Jahresverlauf die Chancen auf eine bessere Benotung durch die Ratingagenturen nicht schlecht sind. Vermutlich mit beeinflußt durch diese Aussicht beurteilen etliche Banken türkischen Euro-Anleihen weiterhin wohlwollend. So rät die WGZ-Bank dazu, Positionen insbesondere bei Titeln aufzustocken, deren Laufzeiten zwischen 2006 und 2012 endet.
Institutionelle Marktteilnehmer und Privatanleger, die mit den damit verbundenen Risiken umzugehen wissen, haben sich aber nicht selten längst einer anderen Spielwiese zugewandt. Und zwar haben sie Anleihen als Anlagealternative entdeckt, die auf die türkische Lira denominiert sind. Diese Papiere können aktuell gleich mit zwei großen Vorteilen wuchern. Zum einen bringen sie eine deutlich höhere Rendite (Aufschläge von rund 800 Basispunkte) und zum anderen profitierten sie zuletzt von der Aufwertung der Lira.
Solange der Aufwertungstrend anhält, ist das natürlich eine lukrative Sache. Und genau darauf setzen die meisten Investoren, was wegen den hohen Kapitalsummen, die derzeit in die Türkei strömen, auch plausibel erscheint. Wie stark der Aufwertungsdruck derzeit ist, läßt sich an den massiven Interventionen ablesen, welche die Notenbank kürzlich zugunsten der heimischen Währung unternommen hat.
Risiken nicht vergessen
Trotz der momentan sehr komfortabel erscheinenden Ausgangslage ist das Land mit seinem viel zu hohen Leistungsbilanzdefizit von im Vorjahr 23 Milliarden Dollar aber noch immer anfällig für externe Schocks. Das gilt insbesondere dann, wenn der Appetit der Anleger auf Anlagen aus Schwellenländern nachlassen sollte. Das könnte beispielsweise dann passieren, wenn die Leitzinsen in Amerika stärker als bisher angenommen steigen sollten und Investments in Dollar-Anleihen lukrativer werden sollten.
Nicht außer Acht lassen dürfen umsichtig agierende Anleger zudem die Risiken, die von der geographischen Nähe zu den Krisenregionen im Nahen Osten ausgehen. Aber solange diese Gefahren nur im Hintergrund lauern und vom Markt nicht gespielt werden, können sich Engagements in türkischen Anleihen, sowohl in Euro als auch in Lira, für flexible Investoren weiterhin lohnen.