Das Kapital: Schlechter als erwartet
Insgesamt 8,6 Millionen Menschen in Deutschland würden gern mehr arbeiten, als sie es derzeit tun. Für die Betroffenen bedeutet der unerfüllte Wunsch nach Arbeit oder Mehrarbeit mitunter starke Einbußen in der Lebensqualität. Für die Volkswirtschaft ist es ungenutzte Arbeitskraft." So das Statistische Bundesamt zur Unterbeschäftigung in Deutschland. Und was tun die Ökonomen? Sie jammern über die angeblich zu hohe Sparquote der privaten Verbraucher. Lächerlich.
Aber so ist das heutzutage und nicht nur hierzulande. Am Dienstag gaben sich die Börsianer entsetzt ob des US-Verbrauchervertrauens im Juni, wobei der Index in der Lesart des Conference Board (CB) von 62,7 auf 52,9 Zähler gefallen ist. Na und? Wenn der Index, der in guten Zeiten auf 140 Zähler steigt, auf 70 geklettert wäre: Hätten die 15 Millionen Beschäftigungslosen in den USA dann Arbeit? Hätten die 8,8 Millionen unfreiwillig Teilzeit arbeitenden Amerikaner dann plötzlich die gewünschte Vollzeitstelle?
Und hätten jene 2,2 Millionen Menschen in den USA, die offiziell nicht als Arbeitslose gezählt werden, weil sie sich zwar innerhalb des vergangenen Jahres, aber nicht innerhalb der vergangenen vier Wochen beworben haben, dann wieder Lohn und Brot? Und was ist mit jenen Amerikanern, die den Kopf vollends in den Sand gesteckt haben und daher beschäftigungsstatistisch gar nicht mehr erfasst werden?
Nein, die wilden Ausschläge der Aktienmärkte auf Stimmungsindikatoren wie das US-Verbrauchervertrauen, wenn diese ein paar Zähler besser oder schlechter als erwartet ausfallen, muten schon reichlich abstrus an. Ist es wirklich so überraschend, dass die US-Verbraucher angabegemäß so wenig neue Autos und Häuser kaufen wollen wie kaum je zuvor?
Und wenn ja: Wieso ist die Aktie von Ford dann bereits von gut 14 auf knapp 10 $ gefallen? Wieso sind die Aktien der US-Hausbauer innerhalb kurzer Zeit um ein Drittel abgesackt? Und wieso ist die Rendite auf zweijährige US-Staatsanleihen auf 0,6 Prozent gepurzelt, wenn die Wirtschaft doch so stark ist?
Keine Antwort. Nur eine weitere Frage. Wieso sind die Anleger über den CB-Frühindikator für China so schockiert, wenn jener der OECD längst eine spürbare Konjunkturabkühlung anzeigt?
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